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Sachsen-Anhalt

CDU will Studiengebühren für Ausländer

Auf Antrag der CDU diskutiert Sachsen-Anhalt über die Einführung von Studiengebühren für Ausländer. Das könnte internationale Talente abschrecken, warnen SPD, Grüne und Linke. Das Land ist jetzt schon auf Einwanderung angewiesen. Und die, die kommen, bleiben ohnehin nicht lange.

Montag, 16.06.2025, 11:33 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 16.06.2025, 11:33 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

In der Debatte um ausländische Studierende in Sachsen-Anhalt plädieren mehrere Fraktionen im Landtag gegen Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger. „Was um alles in der Welt sollte uns dazu bewegen, diesen jungen Menschen auch nur den kleinsten Stein in den Weg zu legen?“, sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Pähle. „Wir würden uns doch selbst ins Knie schießen.“

Auf Antrag der CDU-Fraktion debattierte der Landtag über ausländische Studierende in Sachsen-Anhalt. Rund 92 Prozent der internationalen Studierenden kommen nicht aus EU-Ländern, heißt es darin. Sie studierten kostenfrei und ohne eine Verpflichtung, nach dem Studium im Land zu bleiben oder die Kosten der Ausbildung in anderer Form zu kompensieren.

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CDU stellt Gebühren in den Raum

Der CDU-Abgeordnete Marco Tullner argumentierte, dass es nicht darum gehe, Studierende aus dem Ausland abzuschrecken. Das Ziel müsse sein, das Hochschulsystem mit Blick auf die kommenden Jahre finanziell zu stabilisieren sowie „ausländische Studierende hier zu halten und zu unseren Fachkräften von morgen zu machen“, sagte Tullner. Bei den Uni-Rektoren im Land habe er eine große Bereitschaft für diese Debatte wahrgenommen.

Die Hochschulen in Sachsen-Anhalt könnten ihre Kapazitäten durch internationale Studierende erst auslasten, sagte Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD). Er betonte außerdem, dass der Studienort Sachsen-Anhalt in Zeiten des demografischen Wandels attraktiv bleiben müsse. „Wir brauchen keine Gängelei junger Menschen.“

Uni-Rektor betont Differenzierung

Der Rektor der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU), Jens Strackeljan, plädierte zuvor für eine differenziertere Betrachtung. Es gehe darum, für internationale Studierende Anreize zum Bleiben zu setzen, aber auch um die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarkts, betonte er.

In einigen Unternehmen seien Englischkenntnisse ausreichend, insbesondere in der IT-Branche – in anderen Deutsch erforderlich, was die Jobsuche für internationale Absolventen einschränke, erklärte Strackeljan. Die Uni Magdeburg biete deshalb bereits kostenlose Deutsch-Kurse für Studierende an.

Wie viele Absolventen aus Nicht-EU-Ländern nach dem Studium in Sachsen-Anhalt bleiben, dazu könne man derzeit keine konkreten Zahlen nennen und demnach schwierig einen Ansatzpunkt für Handlungsbedarf ausmachen, so Strackeljan. Diese Zahlen wolle man aber ergründen.

Mehr Ausländer und ausländische Beschäftigte

Wie das Statistische Landesamt in Halle mitteilte ist die Zahl ausländischer Personen in Sachsen-Anhalt zuletzt gestiegen, die meisten kommen allerdings nicht primär zum Studieren in das Land. Laut dem Ausländerzentralregister lebten Ende 2024 insgesamt 189.100 Menschen ohne deutschen Pass in Sachsen-Anhalt und damit 4,3 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor. Die größte Gruppe ist mit 19,1 Prozent Ukrainer gewesen, es folgten Menschen aus Syrien (15,7 Prozent) und Polen (7,6 Prozent).

Von mehr als 12.000 Studierenden an der OVGU zum laufenden Sommersemester kommen 4.751 aus dem Ausland. Die größte Gruppe mit mehr als 2.000 Studierenden stammt aus Indien.

Ihr Verbleib ist von großer Bedeutung für den Arbeitsmarkt. Denn die einheimische Bevölkerung kann die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nicht halten. Die Beschäftigtenzahlen sind zwar konstant, aber nur dank des Zuwachses ausländischer Beschäftigter: Während die Zahl der deutschen Beschäftigten zwischen 2016 und 2024 um 45.000 Beschäftigte gesunken ist, stieg die Zahl der ausländischen Beschäftigten um ebenfalls 45.000. Regierungsangaben zufolge hat sich die Zahl nichtdeutscher Beschäftigter von 3,1 Prozent (2017) auf 7,1 Prozent (2023) mehr als verdoppelt. Die Erwerbstätigenquote ist von 47,2 Prozent im Jahr 2017 auf 62,4 Prozent im Jahr 2022 gestiegen.

Viele Menschen verlassen Sachsen-Anhalt wieder

Oft ist Sachsen-Anhalt allerdings mehr ein Transit- als ein Bleibeland. Grund ist der zunehmende Rechtsextremismus. Menschen, die nicht deutsch gelesen werden, fühlen sich in Sachsen-Anhalt nicht sicher oder nicht willkommen. Viele ziehen nach dem Studium oder nach ersten Berufserfahrungen in andere Bundesländer, wo sie sich ein toleranteres gesellschaftliches Klima erhoffen.

Auch deshalb stellten sich neben der SPD und den Grünen auch die Linke konsequent gegen Auslandsstudiengebühren. „Das sind uralte Rezepte, die nicht funktioniert haben und zu Recht in der Geschichte der Hochschulpolitik verschwunden sind“, sagte der hochschulpolitische Sprecher der Linksfraktion, Hendrik Lange.

Studiengebühren auch woanders umstritten

Baden-Württemberg erhebt als einziges Bundesland seit 2017 eine Studiengebühr von 1.500 Euro pro Semester für internationale Studierende aus Nicht-EU-Ländern. Die Regelung ist umstritten. Zuletzt 2024 wurde wiederholt über die Aufhebung diskutiert. Auch in Sachsen war 2023 eine Debatte entbrannt. Kritik kam damals vor allem von Studierendenvertretungen, die negative Auswirkungen auf die Attraktivität des Hochschulstandorts und auf die Internationalisierung der Hochschulen befürchteten.

Auf Bundesebene gibt es in der CDU Stimmen, im Ringen um die ärztliche Versorgung in Deutschland ausländischen Medizinstudenten ihr Studium in Rechnung zu stellen, wenn sie nach ihrem Abschluss gleich wieder in ihre Heimatländer zurückkehren. „Wer hier studiert, soll mindestens fünf Jahre auf dem Land praktizieren. Wer das nicht will, muss die Kosten dieser erstklassigen Ausbildung zurückzahlen“, schlug etwa der stellvertretende Unionsfraktionschef Sepp Müller (CDU) in der „Bild“-Zeitung vor, der den Wahlkreis Dessau-Wittenberg vertritt. (dpa/mig) Aktuell Politik

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