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Muslima in der Straßenbahn (Symbolfoto) © de.depositphotos.com

„Alarmierendes Bild“

Jahresbericht: 644 antimuslimische Vorfälle erfasst

Muslimische Frauen mit Kopftuch werden auf der Straße von Unbekannten angepöbelt, Kinder werden in der Schule beschimpft. Hunderte Fälle von antimuslimischen Verhalten zählt eine Recherchestelle. Experte warnt: „Berlin hat ein Problem und das heißt antimuslimischer Rassismus.“

Mittwoch, 11.06.2025, 12:52 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 11.06.2025, 12:52 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

644 antimuslimische Diskriminierungen, Beleidigungen und Angriffe hat eine Dokumentationsstelle im vergangenen Jahr in Berlin registriert. Besonders betroffen von den Vorfällen und Übergriffen waren Frauen, wie die Melde- und Informationsstelle Report Berlin vom Netzwerk Claim bei der Vorstellung der Jahresbilanz 2024 mitteilte.

Im Vorjahr 2023 habe die erfasste Zahl der antimuslimischen und rassistischen Vorfälle mit 382 noch deutlich niedriger gelegen. Seit Oktober 2023 und dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel sei es in Berlin zu einem deutlichen Anstieg gekommen, sagte Rima Hanano von der Meldestelle Report Berlin.

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Zugleich gehe man von einer hohen Dunkelziffer nicht angezeigter Taten aus. „Viele Vorfälle werden von den Opfern nicht gemeldet“, sagte Hanano. Die Vorfälle in der Jahresbilanz wurden in sechs Meldestellen, über Online-Nachrichten von Betroffenen und aus den Mitteilungen und Statistiken der Polizei zusammengetragen.

„Alarmierendes Bild“

Hanano sprach von einem „alarmierendem Bild“ und sagte: „Berlin hat ein Problem und das heißt antimuslimischer Rassismus.“ Muslime würden besonders seit Oktober 2023 unter Generalverdacht gestellt und zum Sicherheitsproblem gemacht. „Sogar Kinder und Jugendliche werden angegriffen und beschimpft.“ Es handele sich nicht um ein Randphänomen oder um Einzelfälle, sondern um ein strukturelles Problem.

Gezählt wurden 285 Fälle von Diskriminierung und 248 verbale Beleidigungen oder Beschimpfungen. Dazu kamen 91 Fälle von verletzendem Verhalten, unter denen auch 48 Körperverletzungen und 24 Sachbeschädigungen waren. Frauen waren deutlich häufiger Opfer solcher Übergriffe, besonders, wenn sie ein Kopftuch oder andere religiöse Kleidung trugen. Über die Täter sei nicht viel bekannt, hieß es.

Jeder Dritte Vorfall im Bildungsbereich

Von 415 Vorfällen mit einem bekannten Ort ereigneten sich 35 Prozent im Bildungsbereich, also in Schulen, Kitas und Universitäten etwa durch Mitschüler, Lehrer oder Erzieher. 19 Prozent geschahen im öffentlichen Raum, 12 Prozent in der Arbeitswelt, 7 Prozent im öffentlichen Verkehr. Dazu kamen Fälle aus Behörden, bei der Polizei und im Gesundheitsbereich.

Zahlreiche Beispiele wurden in der Jahresbilanz angeführt: So sei eine Frau mit einem Kopftuch von einer unbekannten Frau als Terroristin und Antisemitin bezeichnet worden. Eine Erzieherin in einer Grundschule sei von einer Kollegin gefragt worden, warum alle Muslime Terroristen seien.

Kopftuch löst Anfeindung aus

An einer Bushaltestelle sei einer Frau von einem Täter das Kopftuch herabgezogen worden, ein Mann habe eine andere Frau mit einem Messer angegriffen. Eine Familie sei von einem Mann mit einer Bierflasche beworfen und eines der Kinder getroffen worden. Eine Oberschule habe eine muslimische Bewerberin als Aushilfslehrerin abgelehnt, weil sie Beschwerden der Eltern wegen des Kopftuchs befürchtet habe.

Bundesweite Zahlen zu entsprechenden Vorfällen im Jahr 2024 will Claim in der nächsten Woche veröffentlichen. Ähnliche Dokumentationen und Jahresberichte gibt es von anderen Initiativen und Recherchestellen auch zu antisemitischen, rassistischen und homophoben Vorfällen. (dpa/mig) Leitartikel Panorama

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