
Unmenschliche Behandlung
Flüchtlinge fordern Abschaffung von Dublin-Zentrum
Haft hinter Stacheldraht, kein faires Asylverfahren, Depressionen: Flüchtlinge haben dem Nachbarland Polen eine unmenschliche Behandlung vorgeworfen. Sie fordern deshalb, das Dublin-Zentrum für Rückführungen aus Brandenburg zu schließen.
Donnerstag, 05.06.2025, 17:03 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 05.06.2025, 17:03 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Flüchtlinge aus dem Dublin-Zentrum Eisenhüttenstadt haben eine Abschaffung der Einrichtung für Abschiebungen nach Polen gefordert. In einem am Donnerstag vom brandenburgischen Flüchtlingsrat verbreiteten Schreiben betonten die über das Nachbarland eingereisten Flüchtlinge, sie bräuchten „ein faires Asylverfahren“, und kritisierten ihre Behandlung in Polen als unmenschlich.
Auch die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte den Umgang mit Flüchtlingen in Polen. Viele Asylsuchende würden dort willkürlich inhaftiert und bekämen keine angemessenen Informationen über Haftgründe und Haftdauer, sagte eine Sprecherin von Pro Asyl dem Evangelischen Pressedienst.
Das Dublin-Zentrum war im März eröffnet worden. Ziel ist, die Rückführung Asylsuchender ohne Bleiberecht nach Polen zu beschleunigen.
Umzäunt von Elektro- und Stacheldrahtzäunen
In dem Schreiben der Flüchtlinge aus Eisenhüttenstadt heißt es unter anderem, sie hätten zuvor in Polen „in Asylgefängnissen, umzäunt von vier bis fünf Zäunen“ mit Elektro- und Stacheldrahtzäunen leben müssen. Es habe dort zeitliche Beschränkungen gegeben, wann sie „den Raum verlassen durften, um an die frische Luft zu kommen“. Es habe keinen Zugang zu einem fairen Prozess gegeben. All dies führe zu erhöhter Suizidgefahr. Einige der Betroffenen hätten Suizidversuche und Depressionen überlebt.
Die polnische Grenzpolizei habe sie zum Teil ohne Geld und Fahrkarte ins mehrere hundert Kilometer entfernte Warschau geschickt, um dort Asyl zu beantragen, heißt es weiter in dem Schreiben. „Polen ist nicht sicher“, betonten die Flüchtlinge aus Eisenhüttenstadt: „Wir leiden und sind in ständiger Angst und Furcht vor Abschiebung.“
Pro Asyl: Situation der Schutzsuchenden prekär
Die polnische Botschaft in Berlin wollte sich auf Anfrage am Donnerstag nicht zu den Vorwürfen äußern und verwies auf den polnischen Grenzschutz. Polen hatte im März das Asylrecht vorübergehend ausgesetzt. Das Land wirft Russland und Belarus vor, Flüchtlinge als Teil einer hybriden Kriegsführung gegen Europa zu instrumentalisieren, um EU-Länder zu destabilisieren.
Pro Asyl betonte, die Situation für Schutzsuchende in Polen sei prekär. Auch nach einer Dublin-Überstellung aus Deutschland drohe ihnen Haft. Viele Betroffene seien zudem mit großen Hürden beim Zugang zum Asylverfahren konfrontiert und müssten innerhalb einer kurzen Frist meist an einem anderen Ort ihr Asylgesuch stellen oder wieder aufgreifen. Sie würden bis dahin nicht versorgt und könnten die Fristen ohne Reisemittel zum Teil nicht einhalten.
Innenminister kündigt Prüfung an
Die Flüchtlinge aus Eisenhüttenstadt sprachen sich zugleich für bessere Sozialleistungen und mehr Freizügigkeit aus. Sie seien „vor Krieg und extremer Gewalt geflohen“ und „nach Deutschland gekommen, auf der Suche nach Sicherheit und um Teil dieser Gesellschaft zu werden“.
Brandenburgs neuer Innenminister René Wilke (parteilos) hatte kürzlich angekündigt, überprüfen zu wollen, ob die Einrichtung in Eisenhüttenstadt sinnvoll und notwendig ist. Sollten Asylsuchende an der polnischen Grenze direkt zurückgewiesen werden, könnte sich der Betrieb des Dublin-Zentrums erübrigen. Das Berliner Verwaltungsgericht hatte solche Zurückweisungen ohne Prüfung am Montag für rechtswidrig erklärt. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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