Kaba, Kaaba, Mekka, Hadsch, Hac, Pilger, Religion, Islam, Muslime
Die Kaaba in Mekka © de.depositphotos.com

Die Pilgerreise

Hadsch in der Hitze: „Wir hoffen, Gott macht es uns leicht“

Wer zum Hadsch nach Mekka pilgert, erfüllt sich oft einen Lebenstraum – und muss dabei extreme Temperaturen aushalten. Nach einer Tragödie im vergangenen Jahr gibt es Sorge vor neuen Hitze-Notfällen.

Von und Donnerstag, 05.06.2025, 12:46 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 05.06.2025, 12:55 Uhr Lesedauer: 6 Minuten  |  

Als Tifa Asrianti vor 20 Jahren erstmals Saudi-Arabien besuchte, konnte sie die Hitze kaum fassen. „Als ich aus dem Hotel ging, war es wie ein Schlag ins Gesicht. Meine Nase blutete und meine Lippen waren vertrocknet.“ Hohe Temperaturen war die Muslimin aus Indonesien gewohnt, aber die trockene Luft am Golf war ein „Schock“, sagt sie.

Nun ist Asrianti wieder zur Wallfahrt Hadsch nach Mekka gereist, die am Mittwoch mit rund 1,5 Millionen Pilgern aus aller Welt begann und die noch bis kommenden Montag läuft. Asrianti hofft, diesmal besser vorbereitet zu sein.

___STEADY_PAYWALL___

Dieses Jahr zeigt das Thermometer in Mekka täglich wieder über 40 Grad Celsius, auch 50 Grad sind nicht ungewöhnlich. Trotz extremer Hitze wandern wieder Hunderttausende zu den heiligen Stätten.

Tragische Erinnerung an Hitzetote vom vergangenen Jahr

Wie gefährlich die Wallfahrt werden kann, zeigte der vergangene Sommer: Mehr als 1.300 Pilger starben bei Hitze von zeitweise mehr als 50 Grad, 2.700 weitere erlitten einen Hitzekollaps. Die meisten der Todesopfer waren saudischen Behörden zufolge nicht offiziell zur Wallfahrt zugelassen, konnten also vielfach keine Busse, klimatisierte Zelte oder Sammelpunkte mit Trinkwasser nutzen. Schon ein Fußweg von 30 Minuten durch die Mittagshitze kann den Körper hier zur völligen Erschöpfung bringen.

Wer die offizielle Anmeldung umgeht, will damit oft hohe Kosten sparen. Denn während Saudi-Araber schon für umgerechnet einige Hundert Euro am Hadsch teilnehmen können, berechnen Reiseanbieter für Pilger aus anderen Ländern selten unter 5.000 Euro und teilweise mehr als doppelt so viel – in Deutschland muss man für eine Pilgerreise etwa 10.000 Euro zahlen. Andere wollen die lange Wartezeit umgehen, denn die Zahl der zugelassenen Pilger pro Land wird durch ein Quotensystem festgelegt.

Selbst Gläubige, die offiziell zugelassen und damit besser vorbereitet sind, sorgen sich. Asrianti überlegte, ihre Wallfahrt auf 2026 zu verlegen, wenn der Hadsch voraussichtlich elf Tage früher beginnt, also im Mai und bei dann hoffentlich etwas niedrigeren Temperaturen. Aus Indonesien sowie Pakistan und Indien, wo sehr viele Muslime leben, kommen jedes Jahr die meisten ausländischen Pilger.

Hunderttausende kommen trotz der hohen Temperaturen

Aber auf die Erfüllung eines Lebenstraums und einer der fünf Grundpflichten im Islam, nämlich einmal im Leben nach Mekka zu pilgern, wollen viele Gläubige nicht warten. „Ich weiß, dass die Temperaturen hoch sind“, sagt Mansur Schihata aus Dakahlia in Ägypten. „Wenn ich dort sterben sollte, wäre es ein Segen, ein gutes Ende zu haben am heiligsten Ort der Welt.“ Der 61-Jährige weiß, dass er viel Wasser trinken, die Sonne meiden und einen Sonnenschirm tragen soll – und will diese Ratschläge unbedingt befolgen.

Saudi-Arabien ist bemüht, das Problem der illegalen Pilger in den Griff zu bekommen. 270.000 Menschen wurden festgenommen, weil sie ohne Zulassung am Hadsch teilnehmen wollten. Geldstrafen von umgerechnet bis zu 23.000 Euro und Einreiseverbote für zehn Jahre drohen neuerdings denjenigen, die solche Pläne ermöglichen, etwa illegal arbeitende Reiseanbieter. 5.000 Fahrzeuge wurden in vergangenen Tagen beschlagnahmt.

Gegen die sengende Hitze soll mehr Schatten helfen durch neue Sonnendächer und 10.000 neu gepflanzte Bäume. Pilger wurden aufgefordert, die heißesten Stunden des Tages zwischen 10 und 16 Uhr in ihren klimatisierten Zelten zu bleiben, wo die meisten auch übernachten.

Saudi-Arabien benötigt die Milliarden-Einnahmen aus der Wallfahrt

Für die saudische Führung bleibt die Wallfahrt die wichtigste staatliche Einnahmequelle nach dem Geschäft mit Öl und Gas. Die niedrigen Ölpreise und ein laufender, teurer Wirtschaftsumbau setzen die Regierung unter Druck, einen reibungslosen Ablauf beim Hadsch zu sichern und damit hohe Teilnehmerzahlen und Einnahmen in Milliardenhöhe.

Über die Jahrzehnte kam es in Mekka schon zu Katastrophen mit insgesamt Tausenden Toten, darunter eine Massenpanik, ein Brand in einer Zeltstadt und der Kollaps eines Fußgänger-Tunnels. Dieses Jahr sind auch Drohnen im Einsatz, die Videos von den Menschenströmen in Echtzeit liefern.

„Die Temperaturen hier sind wirklich eine Herausforderung“, findet auch die Ägypterin Iman Chater. „Wir hoffen, dass Gott es uns leicht machen wird, damit umzugehen.“ Bereiche mit Wassernebel, Trinkwasser und Klimaanlagen in Gebetshäusern und Unterkünften machten die Tage aber etwas erträglicher, sagt sie.

Trockene Haut und Nasenbluten

Dedeh Kurniasih kam schon vor einigen Monaten in die saudische Hauptstadt Riad und sagt, ihr Körper habe sich noch immer nicht angepasst. „Meine Haut ist sehr, sehr trocken“, sagt sie. Die Hitze würde auf der Haut brennen. Auch sie klagt über Nasenbluten und vermisst die hohe Luftfeuchtigkeit aus ihrer Heimat Indonesien.

Einige Strecken zu Fuß gehen will sie während der Wallfahrt trotzdem. „Wenn ich gehe, bin ich glücklich“, erzählt sie. Sie setzt bei der Hitze auf einen Sonnenschirm mit UV-Schutz, drei Liter Wasser am Tag und sehr viel Sonnencreme. Menschenmengen wird sie soweit möglich meiden. „Ich möchte mich nicht in Gefahr bringen. Wo großes Gedränge ist, werde ich zurückbleiben.“ (dpa/epd/mig)

Info: Die große muslimische Pilgerreise Hadsch gehört neben dem öffentlichen Glaubensbekenntnis, dem täglichen Gebet, dem Fasten im Monat Ramadan und der Unterstützung von Bedürftigen zu den fünf Säulen des Islam. Für jede Muslimin und jeden Muslim gehört es zur religiösen Pflicht, einmal im Leben nach Mekka zu pilgern – sofern sie es sich finanziell und körperlich leisten können. Wer die Voraussetzungen für die mehrtägige, strapaziöse Reise nicht mitbringt, gilt theologisch von der Pilgerreise als befreit. Der Hadsch findet einmal im Jahr im letzten Monat des islamischen Mondkalenders statt. In diesem Jahr fällt er auf die Zeit ab dem 4. Juni. Aufgrund der beständig wachsenden Zahl vor allem ausländischer Pilger hat Saudi-Arabien ihre Zahl je Land begrenzt.

Während der hadsch laufen die Pilger in einem mehrtägigen Ritus verschiedene Orte ab, beten und suchen spirituelle Erfahrungen. Zunächst umrunden sie sieben Mal gegen den Uhrzeigersinn die Kaaba, ein würfelförmiges Gebäude im Innenhof der Heiligen Moschee von Mekka, das als „Haus Gottes“ verehrt wird. Anschließend gehen die Pilger sieben Mal den Weg zwischen den Hügeln Safa und Marwa und trinken vom Brunnen Zamzan. Mit dem Ritual wollen sie der Gotteserfahrung Hagars nahe kommen, der Nebenfrau Abrahams, der sich mit ihrem Sohn Ismael in der Wüste die rettende Quelle Zamzan auftat.

Zu den Stationen gehört auch der Besuch des „Gnadenhügels“ am Berg Arafat rund 25 Kilometer von Mekka entfernt. Hier beten die Pilger nach dem Vorbild des islamischen Propheten Mohammed von Mittag bis Sonnenuntergang, lesen den Koran und tun Buße. Nach der Übernachtung in Muzdalifa findet in Mina die symbolische Steinigung des Teufels statt. Mit Opfergaben erinnern die Muslime an die Bereitschaft Abrahams, seinen Sohn Gott zu opfern. Das Opferfest gilt als offizielles Ende der Pilgerfahrt. Es ist das höchste Fest im Islam.

Aktuell Panorama
Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)