
Eilantrag
Afghanische Familie will Aufnahme einklagen
Eine afghanische Familie harrt seit 16 Monaten in Pakistan aus – mit einer deutschen Aufnahmezusage, die nichts mehr wert ist. Jetzt klagt die Mutter auf Einreise, weil Deutschland sich an sein Versprechen nicht gebunden fühlt. Dass daraus ein Präzedenzfall erwächst, ist unwahrscheinlich.
Dienstag, 13.05.2025, 13:33 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 13.05.2025, 13:33 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Eine afghanische Frau hat vor dem Berliner Verwaltungsgericht einen Eilantrag eingereicht, um das Auswärtige Amt zur Ausstellung von Visa für sie und ihre Familie zu verpflichten. Zusätzlich sei ein Klageverfahren anhängig, bestätigte der stellvertretende Pressesprecher David Faßbender am Montag auf Anfrage. Laut eigenen Angaben harre die Familie seit mehr als 16 Monaten in Pakistan aus und besitze eine Aufnahmezusage Deutschlands. (AZ: VG8L290/25V und VG8K291/25V)
Zuerst hatte das ARD-Hauptstadtstudio über den Fall berichtet. Im Jahre 2022 hatte die Ampel-Regierung ein Bundesaufnahmeprogramm für gefährdete Afghaninnen und Afghanen aufgelegt, über das bis zu 1.000 Menschen im Monat nach Deutschland kommen sollten. Die tatsächlichen Einreisen blieben aber weit darunter: Bis Ende April sind nach Angaben des Auswärtigen Amts insgesamt rund 1.400 Menschen über das Programm eingereist, zuletzt vorwiegend Frauen und Kinder. Die Verfahren werden mangels diplomatischer Vertretung in Pakistan abgewickelt.
Seit dem Frühjahr 2025 werden im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms für gefährdete Afghaninnen und Afghanen keine neuen Aufnahmezusagen mehr erteilt. Das Auswärtige Amt bestätigte im März, dass keine neuen Fälle mehr aufgenommen werden und eine zukünftige Bundesregierung über das weitere Vorgehen entscheiden müsse.
Programm unter neuer Regierung ausgesetzt
Mit dem Amtsantritt von Bundeskanzler Friedrich Merz am 6. Mai 2025 wurde die Situation nicht verbessert; das Programm bleibt faktisch ausgesetzt. Zwar wurde es nicht offiziell beendet, doch die Aussetzung hat dramatische Folgen für die Betroffenen: Familien sitzen trotz der bestehenden Aufnahmezusage Deutschalnds in Pakistan fest – ohne Perspektive und in der Hoffnung, dass Deutschland sein Aufnahmeversprechen einlöst. Viele leben dort ohne rechtlichen Status und Zugang zu medizinischer Versorgung oder Bildung. Die Aussetzung reißt sie oft in eine existenzielle Unsicherheit.
Kritiker werfen der Bundesregierung vor, mit dieser Praxis nicht nur humanitäre Verantwortung zu verweigern, sondern auch internationales Vertrauen zu verspielen. Deutschland tritt weltweit als Verteidiger von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit auf. Das Aussetzen eines laufenden humanitären Programms trotz abgegebener Zusagen stehe im deutlichen Widerspruch zu diesem Selbstbild.
Präzedenzfall unwahrscheinlich
Beobachter warnen zudem vor einem besorgniserregenden Trend: Die faktische Blockade humanitärer Aufnahmen reiht sich ein in eine zunehmend restriktive europäische Migrationspolitik, die zunehmend auf Abschottung setzt. Dass Deutschland sich diesem Kurs anschließt, habe Signalwirkung. Nicht zuletzt stehe auch die Glaubwürdigkeit europäischer Werte auf dem Spiel.
Dass die Klage der afghanischen Mutter nun einen Präzedenzfall schaffen könnte, halten Beobachter für wenig wahrscheinlich. In vergleichbaren Fällen wich das Auswärtige Amt gerichtlichen Entscheidungen bislang meist aus, indem es kurzfristig Visa „im Einzelfall“ erteilte. Auf diese Weise ließ sich ein Urteil verhindern, auf das sich andere Betroffene berufen könnten. Auch im aktuellen Verfahren wäre ein solches Vorgehen denkbar – nicht aus Einsicht, sondern um rechtliche Klärung zu vermeiden. (epd/mig) Aktuell Panorama
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