
Gericht
Keine Befreiung vom Schwimmunterricht aus religiösen Gründen
Können Eltern aus religiösen Gründen ihre Kinder vom Schwimmunterricht befreien lassen? Ein Gericht hat nun zu einem Freiburger Fall entschieden. Er erinnert an Fälle aus muslimischen Familien – nur ohne Debatte.
Mittwoch, 16.04.2025, 12:06 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 16.04.2025, 12:10 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Angehörige einer kleinen christlichen Glaubensgemeinschaft sind vor einem Freiburger Gericht mit ihrem Vorstoß gescheitert, ihre Kinder vom schulischen Schwimmunterricht zu befreien. Die Klage habe keinen Erfolg gehabt, sagte eine Sprecherin des örtlichen Verwaltungsgerichts auf Anfrage.
Die Kläger hatten bei der Verhandlung am Dienstag religiöse Gründe geltend gemacht. „Ich würde schon beim Betreten des Schwimmbades eine Todsünde begehen“, sagte die 36 Jahre alte Mutter. Sie wies auf strikte Kleidungsregeln der Palmarianischen Kirche hin, die im südspanischen Palmar de Troya ihren Mittelpunkt hat.
Gründe für die Entscheidung wird das Gericht erst mitteilen, wenn das Urteil schriftlich vorliegt. „Das wird mindestens noch zwei Wochen dauern“, sagte die Sprecherin. Die Kläger – ein Ehepaar – haben dann eine Frist von einem Monat, um mögliche Rechtsmittel einzulegen. Falls sie den Weg gehen, würde der Fall zum Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim gehen.
Splittergruppe hat eigenen „Papst“
Die Palmarianische Kirche wird in einigen Medien als Sekte bezeichnet. Einem Bericht des Portals „katholisch.de“ zufolge handelt es sich um eine traditionalistische Splittergruppe, die einen eigenen „Papst“ und „Vatikan“ hat. Die Gruppe behaupte sich schon seit mehreren Jahrzehnten. In Palmar de Troya bei Sevilla entstand demnach eine große Kathedrale als sogenannter Papstsitz. Nach ergänzenden Angaben gibt es zwischen dieser Gruppe und der römisch-katholischen Kirche weder einen Dialog noch Kontakte.
In dem Fall ging es ursprünglich um drei Kinder des Ehepaars. Der Streit mit einer Grund- und Werkrealschule im Kreis Tuttlingen um den Schwimmunterricht begann bereits 2021, zuletzt klagten die Eltern gegen das Land Baden-Württemberg. In der Verhandlung stellte sich heraus, dass zwei Kinder gar nicht mehr auf der Schule sind, diese Fälle hätten sich also de facto erledigt, wie das Gericht feststellte.
Fälle mit muslimischen Familien sorgten für breite Debatte
Die Mutter und ihr Mann (33) schilderten vor Gericht, dass ihre Kinder am übrigen Schulunterricht teilnehmen, auch beim Sport. Außerhalb der Schule dürften die Kinder jedoch nur mit Gleichaltrigen umgehen, die den Vorschriften der Glaubensgemeinschaft entsprechen. Das bedeutet etwa ein Rock für Mädchen sowie langärmelige und hochgeschlossene Kleidung. Die Vorsitzende Richterin Gabriele Kraft-Lange machte deutlich, dass es um einen schwierigen Fall geht: „Hier treffen Grundrechte aufeinander“, sagte sie.
In der Vergangenheit hatten ähnliche Fälle mit muslimischen Familien bundesweit für intensive Diskussionen gesorgt. Dabei wurden Fragen der Integration, der Gleichstellung und der Loyalität zum Grundgesetz in Talkshows, Leitartikeln und politischen Debatten thematisiert. Muslimische Eltern, die sich auf religiöse Normen beriefen und ihre Töchter vom Schwimmunterricht befreien wollten, sahen sich mit dem Vorwurf mangelnder Integrationsbereitschaft konfrontiert. Der Fall der christlichen Familie hat vergleichseise kaum mediale Aufmerksamkeit erhalten. (dpa/mig) Aktuell Recht
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