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Rechtsterrorist Anders Behring Breivik vor Gericht © Beate Oma Dahle/NTB/AFP

Erneut vor Gericht

Massenmörder Breivik will freikommen

Niemand hat in der norwegischen Nachkriegsgeschichte so schwere Verbrechen begangen wie der rassistische Utøya-Attentäter Anders Behring Breivik. Nun will der 45-Jährige vorzeitig auf freien Fuß kommen.

Von Dienstag, 19.11.2024, 12:02 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 19.11.2024, 12:10 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Mit einer Bombe im Osloer Regierungsviertel und einem Massaker unter jungen Menschen auf der Insel Utøya riss der Islamhasser und Rechtsterrorist Anders Behring Breivik ein tiefes Loch in die norwegische Seele. Mehr als 13 Jahre später ringen Überlebende und Angehörige der 77 Todesopfer noch immer mit den Folgen der Anschläge, während der Täter nordwestlich von Oslo im Gefängnis sitzt. Dort lässt Breivik heute und in den kommenden beiden Tagen erneut prüfen, ob er vorzeitig unter Auflagen auf freien Fuß kommen kann. Worum geht es – und wie stehen Breiviks Chancen, wirklich freizukommen?

Wofür wurde Breivik verurteilt?

Für die schwersten Gewalttaten, die Norwegen in seiner bisherigen Nachkriegsgeschichte erlebt hat. Am 22. Juli 2011 zündete der damals 32-Jährige zunächst eine Autobombe im Regierungsviertel von Oslo und tötete dabei acht Menschen. Danach fuhr er auf die nahegelegene Insel Utøya, wo er ein Massaker unter den Teilnehmern des jährlichen Sommerlagers der Jugendorganisation der sozialdemokratischen Arbeiterpartei anrichtete. 69 überwiegend jüngere Menschen wurden auf Utøya getötet.

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Breivik, der heute 45 Jahre alt ist und sich Fjotolf Hansen nennt, begründete seine Taten mit rechtsextremen und islamfeindlichen Motiven. Im Sommer 2012 wurde er zu der höchsten Strafe verurteilt, die die norwegische Rechtsprechung damals kannte: 21 Jahre Sicherheitsverwahrung mit einer Mindestdauer von zehn Jahren.

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Breivik wieder mit politischer Botschaft vor Gericht?

Beim Betreten einer zum provisorischen Verhandlungssaal umfunktionierten Turnhalle des Hochsicherheitsgefängnisses Ringerike zeigte Breivik mit der rechten Hand eine rechtsextreme Geste und dabei wieder ein Plakat mit einer politischen Botschaft. „Ich bin keine Person. Ich bin seit 13 Jahren keine Person gewesen“, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur NTB bei seiner Ankunft vor Journalisten. Er sei ein „Kollektivist“ und ein „politischer Soldat“, der weiterhin seinen „Fraktionen“ diene, sagte der 45-Jährige. Über dem rechten Ohr war ein rasiertes Z auf seinem ansonsten kahlen Kopf erkennbar, das auf seine Unterstützung für Russland hindeutete.

Auf die Frage, was er im Falle einer Freilassung tun werde, sagte Breivik demnach, dass er Norwegen so schnell wie möglich verlassen wolle, wenn ihm das erlaubt werde. Zu Beginn der Verhandlung begann dann Staatsanwältin Hulda Olsen Karlsdottir mit ihren Ausführungen. Breivik sollte sich in den Mittagsstunden vor Gericht erklären.

Nur 21 Jahre Gefängnis für die Tötung von 77 Menschen?

Die 21 Jahre Verwahrung mögen zwar den Eindruck erwecken, dass Breivik spätestens nach ebendiesen 21 Jahren aus dem Gefängnis kommen wird. Doch gemäß der norwegischen Gesetzgebung bedeutet Verwahrung im Gegensatz zu einer normalen Haftstrafe, dass seine Zeit hinter Gittern immer wieder um fünf Jahre verlängert werden kann, sofern Gerichte Sorge tragen, dass von dem Verurteilten weiterhin eine erhebliche Gefahr ausgeht.

Theoretisch könnte Breivik also bis zu seinem Tod hinter Schloss und Riegel bleiben. Nach Ablauf der Mindestdauer hat er aber auch die Möglichkeit erhalten, seine vorzeitige Haftentlassung auf Bewährung zu beantragen – wird sein Antrag abgewiesen, darf er es theoretisch ein Jahr nach dieser Ablehnung direkt wieder versuchen.

Worüber wird nun verhandelt?

Breivik hat bereits Anfang 2022 – nach Ablauf der besagten Mindestdauer – gerichtlich prüfen lassen, ob er vorzeitig freikommen kann. Die Richter des damals zuständigen Amtsgerichts Telemark wiesen das einstimmig ab und begründeten dies damit, dass sie Breivik weiterhin für gefährlich halten. Er habe Verbrechen begangen, die in der norwegischen Rechtsgeschichte beispiellos seien, und vertrete weiterhin dieselben ideologischen Standpunkte wie 2011, urteilten sie. Das Gericht sah keine Zweifel daran, dass er immer noch in der Lage ist, neue schwere Verbrechen zu begehen.

Nun versucht es Breivik erneut. Dabei steht vor Richtern des Amtsgerichts von Ringerike, Asker und Bærum genau dieselbe Frage im Zentrum wie 2022: Stellt der verurteilte Massenmörder nach wie vor eine Gefahr für die Gesellschaft dar und besteht das Risiko, dass er auf freiem Fuß erneut schwere Straftaten begeht?

Wie stehen Breiviks Erfolgsaussichten?

Nach wie vor schlecht. Staatsanwältin Hulda Olsen Karlsdottir hält Breivik für genauso gefährlich wie vor und während der Terroranschläge vom 22. Juli 2011. Die Leitung des Gefängnisses Ringerike, in das er 2022 verlegt wurde, vertritt denselben Standpunkt wie sie.

Alles beim Alten also? Nicht unbedingt: Erstmals seit seinem Prozess 2012 wurde Breivik von neuen rechtspsychiatrischen Sachkundigen untersucht, die vor Gericht am Mittwoch ihren mehr als 100 Seiten langen Bericht vorlegen werden. Breiviks Verteidiger Øystein Storrvik setzt seine Hoffnungen darauf, dass dieser Bericht diesmal nicht von internen Psychiatern und Psychologen des Vollzugswesens stammt, sondern von externen Sachkundigen.

Wie wird sich Breivik inszenieren?

Bei früheren Gerichtsauftritten war es Breivik um Aufmerksamkeit und Beachtung gegangen. Immer wieder hatte er vor Gericht den Hitlergruß und andere rechtsextreme Gesten und Botschaften gezeigt und von sich gegeben. Anfang 2024 hatte er in einem anderen Fall, in dem er den norwegischen Staat wegen Verstoßes gegen seine Menschenrechte verklagt hat, dann im Zeugenstand plötzlich geweint. Und diesmal? Bleibt abzuwarten. Sein Verteidiger Storrvik sagte der Nachrichtenagentur NTB, dass er weder wisse noch voraussagen könne, wie Breivik am Dienstag vor Gericht erscheinen werde.

Wann fällt ein Urteil?

Das ist noch unklar. Nach dem ersten Breivik-Antrag auf vorzeitige Haftentlassung hatte es fast zwei Wochen gedauert, bis das zuständige Gericht sein Urteil verkündet hatte. (dpa/mig) Aktuell Panorama

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