Bayern
Staatsanwaltschaft prüft Volksverhetzung nach Salafismus-Video des Ministeriums
Mit einem Kurzvideo wollte Bayerns Innenministerium seine Kampagne zu Gefahren durch salafistische Prediger bewerben. Doch die Kritik an dem Clip war groß. Jetzt nimmt das Ministerium Stellung.
Sonntag, 13.10.2024, 13:45 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 13.10.2024, 13:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Ein im September scharf kritisiertes Anti-Salafisten-Video ist nach Angaben des bayerischen Innenministeriums versehentlich zu früh veröffentlicht worden. Das geht aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Landtags-Grünen hervor, über die zunächst die „Süddeutsche Zeitung“ und der „Münchner Merkur“ berichtet hatten. „Die Werbeschaltung zur Kampagne wurde am Montag, den 2. September 2024, ab 12 Uhr von der beauftragten Agentur versehentlich verfrüht ausgespielt“, heißt es in der Antwort. Das Ministerium habe die Agentur dann angewiesen, das Video zu stoppen.
Das Kurzvideo war als Werbung für eine Kampagne gegen Gefahren durch islamistische Prediger gedacht, hatte aber in sozialen Medien Rassismus-Vorwürfe ausgelöst. In dem etwa 30 Sekunden langen Video war unter anderem zu sehen, wie eine junge Frau einen Smartphone-Clip eines Predigers mit Gebetskappe anschaut. Eingeblendet wurde die Frage: „Dürfen sich Musliminnen schminken?“ Zu hören waren düstere Klänge, ein boshaftes Lachen. Das Gesicht des Predigers wurde zur Fratze, die Frau verschwand in seinem Rachen.
Staatsanwaltschaft prüft Anzeigen wegen Volksverhetzung
„Wir nehmen die Kritik an dem Video sehr ernst und haben die Kampagne erst mal gestoppt“, sagte ein Sprecher des Ministeriums damals. „Wir bedauern außerordentlich, wenn das Video zu Irritationen und Missverständnissen geführt hat.“
Inzwischen beschäftigt sich auch die Staatsanwaltschaft München I mit dem Video, wie eine Sprecherin bestätigte. Die Behörde prüft derzeit zehn Anzeigen wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung. „Die Prüfungen sind bisher nicht abgeschlossen.“
140.000 Euro für Kampagne
Bei der Kampagnenerstellung waren nach Ministeriumsangaben neben dem eigenen Haus das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz und das bayerische Landeskriminalamt als Berater dabei – islamische Verbände wurden in der Antwort nicht genannt. Eine Kommunikationsagentur habe „die gestalterische und technische Umsetzung übernommen“. 140.000 Euro habe die Kampagne insgesamt gekostet.
Die Grünen haben eine Anhörung im Landtag beantragt, die voraussichtlich am 5. Dezember stattfinden soll. „Es war ein schwerer strategischer Fehler des CSU-Innenministers, eine Kampagne gegen Salafismus ohne Einbeziehung der liberalen muslimischen Community aufzusetzen. Der Schaden, salafistische Opfererzählungen zu bedienen, statt zu bekämpfen, hätte vermieden werden können“, sagte der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Florian Siekmann. Er forderte: „Bei der Überarbeitung muss die liberale muslimische Community mit am Tisch sitzen. Sie ist eine Verbündete im Kampf gegen Extremismus.“
SPD: „Die ganze Organisation war hier fehlerhaft“
Auch aus der SPD-Fraktion kam erneut scharfe Kritik. „Ob verfrüht veröffentlicht oder nicht, das Video war nicht nur wirkungslos, sondern auch kontraproduktiv und hat der salafistischen Szene geholfen“, sagte die innenpolitische Sprecherin Christiane Feichtmeier. „Die ganze Organisation war hier fehlerhaft. Die Entschuldigung des Ministers war deshalb mehr als angebracht, sie erfolgte allerdings nur im kleinen Rahmen und wurde nicht mal in der zugehörigen Pressemitteilung des Hauses erwähnt. Innenminister Herrmann muss hier sein Haus in Ordnung bringen.“
Das Video zog kurz nach seiner Veröffentlichung in sozialen Medien große Kreise. Ausgerechnet salafistische Accounts hatten das Video gepostet, das ihnen offensichtlich in die Hände spielte. Sie stellten sich als Opfer staatlicher Hetze dar und zogen Parallelen zur Zeit des Nationalsozialismus. Für Empörung hatte insbesondere die Bildsprache des Videos gesorgt. Der Journalist Hasnain Kazim etwa kritisierte auf X das Video, „das so auch der ‚Stürmer‘ hätte machen können.“ Andere Nutzer verwiesen auf Hetz-Bilder aus der NS-Zeit, die Szenen aus dem Video frappierend ähnlich sind. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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