„Liebe Giorgia“
Scholz und italienische Rechtspopulistin Meloni vereinbaren engere Zusammenarbeit
Politisch hatte es zwischen Giorgia Melonis Rechtsregierung in Rom und Berlin vor einer Weile noch geknirscht. Nun begrüßt Scholz sie mit „Liebe Giorgia“ und es gibt es einen gemeinsamen „Aktionsplan“ zur verbesserten Zusammenarbeit - darunter: Zurückdrängung von Geflüchteten.
Donnerstag, 23.11.2023, 15:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 23.11.2023, 14:25 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Deutschland und Italien werden künftig nach dem Willen beider Regierungen enger zusammenarbeiten. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni unterzeichneten am Mittwoch im Berliner Kanzleramt einen gemeinsamen „Aktionsplan“. In dem 37-seitigen Papier erklären beide, sich „bereits in frühen Phasen zu zentralen politischen Maßnahmen“ enger abstimmen zu wollen. In zentralen Themen wie dem Kurs gegenüber Russland oder der Klimapolitik gibt es zwischen der Ampel und der rechtsnationalen italienischen Regierung dem Papier zufolge keine Differenzen. Auch die früheren Meinungsverschiedenheiten in der Migrationspolitik spielten bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von Scholz und Rechtspopulistin Meloni keine Rolle mehr.
Die Regierungschefs und mehrere Ministerinnen und Minister beider Seiten kamen in Berlin zu sogenannten Regierungskonsultationen zusammen. In dem „Aktionsplan“ vereinbart wurden zahlreiche Vorhaben. So sind jährliche Treffen von Ministern, Industrie- und Bankenverbänden, Kooperationen und Projekte in verschiedensten Bereichen wie Migration, Sicherheit, Verteidigung, Energie, Wissenschaft, Sozialpolitik oder Klima geplant.
Meloni: Historischer Tag
Scholz sprach von neuen Kooperationsprojekten und neuen Formaten der Zusammenarbeit. Konkret erwähnte er den Bereich Energie und die langfristige Versorgungssicherheit bei Gas und Wasserstoff. Er kündigte den Bau einer neuen Pipeline über die Alpen an. Rechtspopulistin Meloni sprach im Kanzleramt von einem historischen Tag.
Im gemeinsamen Papier heißt es, Deutschland und Italien würden neue Gas- und Wasserstoffpipelines über Österreich und/oder die Schweiz vorantreiben. Die Gaspipeline-Infrastruktur nach Nordafrika solle ausgebaut und die Einfuhr von zehn Millionen Tonnen Wasserstoff bis 2030 verwirklicht werden.
Einigkeit bei Klima und Russland
Anders als die AfD in Deutschland, die sich regelmäßig kritisch zur Klimapolitik äußert, bekannte sich Meloni mit ihrer Unterschrift ausdrücklich dazu: „Den Klimaschutz weltweit zu fördern und den ökologischen Wandel zu unterstützen, ist eine dringende Kernaufgabe unserer Zeit, die durch wissenschaftliche Erkenntnisse unterstrichen und im Rahmen des Übereinkommens von Paris global vereinbart wurde“, heißt es in dem Dokument.
Zum Krieg in der Ukraine erklärten beide Regierungschefs, Deutschland und Italien stünden „angesichts des grundlosen, ungerechtfertigten und illegalen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine zusammen“. Man werde sich weiterhin eng abstimmen, einschließlich der Sanktionspolitik und der Unterstützung der Ukraine.
Engere Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik
Der deutsch-italienische „Aktionsplan“ war bereits im Dezember 2021 mit Melonis Vorgänger Mario Draghi verabredet worden, um die Beziehungen beider Länder zu vertiefen. Die Idee folgte auf einen davor zwischen Italien und Frankreich unterschriebenen Freundschaftsvertrag mit dem Ziel beider Staaten, bei Themen wie zum Beispiel Wirtschaft, Sicherheit oder der Flüchtlingspolitik enger zusammenzuarbeiten.
Es waren die ersten deutsch-italienischen Regierungskonsultationen seit 2016. Solche Treffen der Regierungschefs und mehrerer Ministerinnen und Minister beider Seiten gibt es nur mit engen Partnerländern oder für Deutschland besonders wichtigen Ländern wie China, Indien oder Brasilien.
Scholz: Müssen „irreguläre Migration“ zurückdrängen
Meloni und ihre rechtsnationalistische Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) regieren das Land seit Ende Oktober 2022 zusammen mit der konservativen Partei Forza Italia und der rechtspopulistischen Lega. Mit Berlin hatte es noch vor nicht allzu langer Zeit Streit wegen deutscher Finanzhilfen für Nichtregierungsorganisationen gegeben, die Bootsflüchtlinge aus dem Mittelmeer retten, um sie dann in Italien an Land zu bringen. Meloni hatte sich im September in einem Brief bei Scholz darüber beschwert. Davon war jetzt nichts mehr zu hören. „Wir wissen alle, dass wir einen Weg finden müssen, die irreguläre Migration zurückzudrängen“, sagte Scholz bei der Pressekonferenz. Gemeint sind Menschen, die mangels legaler Fluchtwege ohne gültige Einreisedokumente in Drittländer flüchten.
Kritisch zu dem Treffen in Berlin äußerte sich die Linke. „Die italienische Ministerpräsidentin ist kein Staatsgast, dem man den roten Teppich ausrollen sollte“, sagte Parteichefin Janine Wissler. Sie sprach von einer gefährlichen Normalisierung und einem Hofieren Melonis und ihrer Rechtsregierung durch die Ampel-Regierung. „Auch mit Blick auf die Rechtsentwicklung in Deutschland ist das Verhalten der Ampel unverantwortlich.“ (dpa/mig) Aktuell Politik
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