Rassismus zu lange heruntergespielt
Bundesregierung räumt Probleme bei Menschenrechten ein
Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung räumt bei den Vereinten Nationen Probleme mit Antisemitismus und Rassismus ein. Rassismus sei zu lange heruntergespielt worden. Arabische Länder kritisieren Demo-Verbote für Palästina.
Donnerstag, 09.11.2023, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 09.11.2023, 17:04 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Bundesregierung hat bei den Vereinten Nationen Probleme beim Schutz der Menschenrechte in Deutschland eingeräumt. Deutschland müsse weiter gegen Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und andere Formen von Ausgrenzung und Diskriminierung kämpfen, sagte die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne), bei einer Überprüfungs-Sitzung des UN-Menschenrechtsrates zu Deutschland am Donnerstag in Genf. Am 85. Jahrestag der sogenannten Reichspogromnacht, bei der die Nationalsozialisten massive gewalttätige Übergriffe auf die jüdische Bevölkerung in Deutschland verübten, sagte Amtsberg zu, das Bekenntnis „Nie wieder“ sei für Deutschland nicht verhandelbar.
In der Sitzung betonte Amtsberg, dass Rassismus zu lange heruntergespielt worden sei. Sie verurteilte judenfeindliche Angriffe in der Bundesrepublik scharf. „Jüdinnen und Juden haben Angst um ihre Sicherheit, antisemitische Taten haben in kürzester Zeit ein erschreckendes Ausmaß angenommen“, sagte die Grünen-Politikerin. Sie machte aber auch deutlich: „Gerade heute hier für die Bundesregierung am 85. Jahrestag der Reichspogromnacht am 9. November über Menschenrechte in Deutschland zu sprechen, erfüllt mich mit besonderer Ehrfurcht.“
„Selbstkritisch“
Deutschland werde sich auch weiter für Geschlechtergerechtigkeit einsetzen und gegen Armut vorgehen. Es gelte insbesondere, Kinderarmut zu beseitigen. Die Menschenrechtsbeauftragte erwähnte das Bürgergeld als Instrument, um armen Menschen zu helfen.
„Wir haben die deutsche Delegation im UN-Menschenrechtsrat als durchaus selbstkritisch erlebt. Das ist positiv“, sagte Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Das Institut ist nach eigener Darstellung die unabhängige nationale Menschenrechtsinstitution und setzt sich dafür ein, dass Deutschland die Menschenrechte im In- und Ausland einhält sowie fördert. Das Überprüfungsverfahren bei den UN zielt nach den Worten von Institutsdirektorin Rudolf darauf ab, menschenrechtliche Probleme im eigenen Land anzugehen.
Arabische Länder kritisieren Demo-Verbote
Dutzende Staaten gaben Empfehlungen, wie Deutschland seine Menschenrechtslage verbessern könne. Iran, Irak, Syrien und andere islamische und arabische Länder kritisierten die deutsche Unterstützung für Israel im Krieg mit der Terrororganisation Hamas. Deutschland müsse pro-palästinensische Demonstrationen ungehindert stattfinden lassen.
Die Menschenrechtsbeauftragte verteidigte die deutsche Haltung im Nahost-Krieg. Die Attacken der radikalislamischen Hamas auf Israel seien barbarisch gewesen. Israel habe ein Recht zur Selbstverteidigung, sagte Amtsberg. Rudolf hatte vor der Sitzung von einem „stark politisierten Verfahren“ bei der turnusmäßigen Anhörung Deutschlands gewarnt.
Experten-Delegation aus Deutschland
Amtsberg wurde von einer Experten-Delegation aus Bundesministerien begleitet. Der UN-Menschenrechtsrat umfasst 47 Mitgliedsländer. Jedoch durften alle 193 UN-Staaten bei der Anhörung Fragen stellen und Empfehlungen abgeben. Eine sogenannte Troika, die aus Luxemburg, Katar und Senegal besteht, soll einen Bericht über die Sitzung erstellen, der die Anmerkungen und Empfehlungen zusammenfasst.
Deutschland hat einige Monate Zeit, schriftlich zu den Empfehlungen Stellung zu nehmen und kann sie akzeptieren oder ablehnen. Nach den bisherigen drei Anhörungen hat die Bundesregierung jeweils die meisten Empfehlungen akzeptiert. (epd/mig) Aktuell Politik
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