Keine Instrumentalisierung
KZ-Gedenkstätten-Besuch Aiwangers in Bayern nicht erwünscht
Als „Zeichen der Solidarität“ solle Hubert Aiwanger nach der Flugblatt-Affäre die KZ-Gedenkstätte Dachau besuchen: Dieser Vorschlag des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, findet in Bayern keine Zustimmung.
Dienstag, 05.09.2023, 21:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 05.09.2023, 17:30 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Ablasshandel und Effekthascherei: Der Vorschlag, Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger solle wegen der Flugblatt-Affäre die KZ-Gedenkstätte Dachau besuchen, stößt auf breite Ablehnung. „Öffentlichkeitswirksame politische Besuche im Vorfeld der bayerischen Landtagswahl sind in der KZ-Gedenkstätte Dachau nicht erwünscht“, sagte Gedenkstätten-Leiterin Gabriele Hammermann dem „Evangelischen Pressedienst“. Es liege derzeit auch keine Anfrage der Freien Wähler für einen Besuch vor. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hatte zuvor angeregt, Aiwanger möge der KZ-Gedenkstätte Dachau als „Zeichen der Solidarität“ einen Besuch abstatten.
Auch der bayerische Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle (CSU) hält den Vorschlag nicht für zielführend. „Dies könnte einerseits leicht als Effekthascherei vor der Landtagswahl ausgelegt werden, andererseits aber die Gedenkstätten in eine politisch aufgeladene Diskussion hineinnehmen“, sagte Spaenle auf Anfrage. Nach den Landtagswahlen sei ein solcher Besuch sicher sinnvoll. Gedenkstätten-Leiterin Hammermann erklärte, man würde eine eventuelle Anfrage Aiwangers „unter Berücksichtigung der aktuellen Situation bearbeiten“.
Der Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, Jörg Skriebeleit, sagte im epd-Gespräch, dass Gedenkstätten keine Besserungsanstalten seien und keine Läuterungshoffnungen erfüllen könnten. Solche Ideen hätten „etwas von einem Ablasshandel“. Zudem seien Gedenkstätten „aus der Tagespolitik rauszuhalten“.
Flugblatt-Skandal
Björn Mensing, Pfarrer an der Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau, bezeichnete einen Besuch als nicht sinnvoll, solange Aiwanger sich nicht konkret zu Verfehlungen in der Jugendzeit bekenne und sie „ohne Einschränkung“ bereue. Stattdessen wäre ein Besuch dann „eine erneute Irritation für viele NS-Verfolgte und ihre Familien“, erklärte der Kirchenrat.
Der stellvertretende bayerische Ministerpräsident und bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) steht seit Tagen in der Kritik, weil er als Jugendlicher ein antisemitisches Flugblatt in der Schultasche hatte und öffentlich den Hitlergruß gezeigt haben soll. Aiwanger hatte daraufhin wegen möglicher Vergehen in der Jugend um Verzeihung gebeten.
Söder hält an Aiwanger fest
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, indes hält die Entschuldigung für nicht überzeugend, wie er am Montagabend in den ARD-“Tagesthemen“ erklärte. Nach einem Bericht der „Jüdischen Allgemeinen“ lehnte es Aiwanger am Dienstag auf Nachfrage von Journalisten ab, zu Schusters Kritik öffentlich Stellung zu nehmen.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am Sonntag verkündet, Aiwanger nicht aus dem Amt zu entlassen, weil das angesichts der Beweislage nicht verhältnismäßig sei. (epd/mig) Aktuell Panorama
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