Rudern, Sport, Wasser, Ruder, Kanu, Rennen, Wettkampf, Zurückrudern
Rudern (Symbolfoto) © de.depositphotos.com

Keine Zusammenarbeit mit AfD

CDU-Chef Merz rudert nach scharfer Kritik zurück

Interview-Äußerungen von CDU-Chef Friedrich Merz wurden von vielen so verstanden, als öffne er die Tür für eine Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene. Nach großer Empörung auch in den eigenen Reihen versucht er nun, die Debatte einzufangen.

Montag, 24.07.2023, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 25.07.2023, 10:28 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Nach der innerparteilichen Kritik an seinen Äußerungen zum Umgang mit der AfD in den Kommunen hat der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz eine Kooperation mit den Rechtspopulisten in Städten und Gemeinden abgelehnt. Er schrieb am Montag auf Twitter: „Um es noch einmal klarzustellen, und ich habe es nie anders gesagt: Die Beschlusslage der CDU gilt. Es wird auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben.“

Dagegen hatte Merz am Sonntagabend getwittert: „Das Thema Zusammenarbeit mit der AfD betrifft die gesetzgebenden Körperschaften, also im Europaparlament, im Bundestag und in den Landtagen.“ Dies entsprach der Linie, die er zuvor im ZDF-Sommerinterview vertreten hatte.

___STEADY_PAYWALL___

Dort sagte Merz, Kommunalpolitik sei etwas anderes als Landes- und Bundespolitik. Wenn jetzt in Thüringen ein Landrat und in Sachsen-Anhalt ein Bürgermeister von der AfD gewählt worden sei, dann seien das demokratische Wahlen. „Das haben wir doch zu akzeptieren. Und natürlich muss in den Kommunalparlamenten dann auch nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet.“ Was er damit genau meint, blieb in dem Interview offen.

Kühnert: „Tabubruch“

Die Äußerungen waren innerhalb der CDU scharf kritisiert worden. Auch CSU-Chef Markus Söder ging auf Distanz. „Die CSU lehnt jede Zusammenarbeit mit der AfD ab – egal auf welcher politischen Ebene“, schrieb der bayerische Ministerpräsident am Montag auf Twitter. „Denn die AfD ist demokratiefeindlich, rechtsextrem und spaltet unsere Gesellschaft. Das ist mit unseren Werten nicht vereinbar.“

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wertete Merz‘ Interview-Äußerung als „Tabubruch“. Er sprach im ZDF-“Morgenmagazin“ von einem Kurswechsel, den Merz offensichtlich für seine CDU anstrebe. Es sei jetzt Zeit für einen „Richtungsstreit in der CDU“.

Empörte CDU-Politiker

Die Vizepräsidentin des Bundestages, Yvonne Magwas, die auch dem CDU-Präsidium angehört, schrieb auf Twitter: „Ob Ortschaftsrat oder Bundestag, rechtsradikal bleibt rechtsradikal. Für Christdemokraten sind Rechtsradikale IMMER Feind!“ Die Bundesvorsitzende der Frauen Union, Annette Widmann-Mauz (CDU), meinte mit Blick auf die AfD: „Die Partei u. ihre menschenverachtenden & demokratiefeindlichen Inhalte bleiben die gleichen, egal auf welcher Ebene.“ Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen betonte, seine Partei habe ein Kooperationsverbot mit der AfD beschlossen. „Jeder, der das ändern will, muss dafür auf einem Bundesparteitag der CDU eine Mehrheit finden.“

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) schrieb auf Twitter: „Die AfD kennt nur Dagegen und Spaltung. Wo soll es da ZUSAMMENarbeit geben? Die CDU kann, will und wird nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Geschäftsmodell Hass, Spaltung und Ausgrenzung ist.“

Parteitagsbeschluss eindeutig

Der CDU-Politiker und ehemalige saarländische Ministerpräsident Tobias Hans schrieb auf Twitter zu den Aussagen von Merz: „Der Parteitagsbeschluss besagt, dass jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen ist. Das hier ist die schleichende Verwässerung von Parteitagsbeschlüssen nach Wahlerfolgen der extremen Rechten.“ Ähnlich empört reagierte CDU-Bundesvorstandsmitglied Serap Güler: „Keine Zusammenarbeit mit der AfD heißt: keine Zusammenarbeit mit der AfD. Auf keiner Ebene. Ganz einfach.“

In einem Beschluss des Parteivorstands von 2019 heißt es: „Jeder, der in der CDU für eine Annäherung oder gar Zusammenarbeit mit der AfD plädiert, muss wissen, dass er sich einer Partei annähert, die rechtsextremes Gedankengut, Antisemitismus und Rassismus in ihren Reihen bewusst duldet. (…). Die CDU lehnt jegliche Koalitionen oder ähnliche Formen der Zusammenarbeit mit der AfD ab.“

AfD-Vorsitzender sieht Brandmauer fallen

Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla schrieb zu der Debatte auf Twitter: „Nun fallen erste Steine aus der schwarz-grünen Brandmauer. In Ländern und Bund werden wir die Mauer gemeinsam niederreißen. Gewinner werden die Bürger sein, die Wohlstand, Freiheit und Sicherheit durch interessengeleitete Politik wiedergewinnen.“

Kritik an Merz übte auch die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang in der ARD: „Erst reduziert er diese Partei auf eine bessere Alternative für Deutschland und jetzt baut er die Brandmauer – die ja selbst von der Union immer wieder beschworen wurde – ein kleines Stück ab.“ Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann schrieb: „Die Kommunalpolitik ist die Wiege unserer Demokratie. Gerade hier darf Brandmauer zur antidemokratischen AfD nicht fallen. Denn sonst fällt sie in den „gesetzgebenden Ebenen“ erst recht.“

Linnemann verteidigt Merz

Der neue CDU-Generalsekretärs Carsten Linnemann verteidigte Merz dagegen: Für die CDU sei klar, dass es „keine Zusammenarbeit mit der AfD“ gebe, „egal auf welcher Ebene“, sagte Linnemann der „Bild“. „Das sieht auch Friedrich Merz so, wenngleich er zu Recht auf die schwierige Umsetzung vor Ort hinweist. Denn wenn es im Kommunalparlament etwa um eine neue Kita geht, können wir nicht nur deshalb dagegen stimmen, weil die AfD mitstimmt. Wir machen uns von Rechtsradikalen nicht abhängig.“

Merz hatte in der vergangenen Woche bei der Klausur der CSU-Landesgruppe die Union als „Alternative für Deutschland mit Substanz“ bezeichnet. Dafür erntete er ebenfalls Kritik. Zu Beginn seiner Amtszeit als Parteivorsitzender hatte er „eine Brandmauer zur AfD“ versprochen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD im März 2021 als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Ein Verbot der Partei lehnte Merz in dem ZDF-Interview ab: „Parteiverbote haben noch nie dazu geführt, dass man ein politisches Problem löst.“

AfD bei 22 Prozent

Die AfD liegt in einer Insa-Umfrage bundesweit bei 22 Prozent und damit nur noch vier Prozentpunkte hinter der Union. Damit legte die AfD in der wöchentlichen Umfrage im Auftrag der „Bild am Sonntag“ um zwei Punkte zu. In den Erhebungen anderer Meinungsforschungsinstitute hatte die AfD zuletzt ebenfalls bei 20 Prozent gelegen. CDU/CSU kommen bei Insa auf 26 Prozent (minus 1 Punkt).

Zuletzt wurde im Landkreis Sonneberg (Thüringen) der AfD-Politiker Robert Sesselmann zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt. In Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt wurde ein AfD-Politiker zum hauptamtlichen Bürgermeister bestimmt. (dpa/mig) Leitartikel Politik

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)