„Grausame Behandlung“
Rettungsschiff muss Geflüchtete zu drei Häfen in Italien bringen
Dass Italien Schiffen von Seenotrettern weit entfernte Häfen zuweist, ist bekannt und zieht Kritik auf sich. Jetzt hat das Land die schikanöse Behandlung ausgeweitet: Ein Schiff wurde angewiesen, die Geretteten an drei unterschiedliche Häfen an Land zu lassen.
Donnerstag, 20.07.2023, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 20.07.2023, 15:29 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Besatzung der „Geo Barents“ hat 462 im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge zu drei verschiedenen Häfen in Italien gebracht. Zuletzt erreichte das Schiff von „Ärzte ohne Grenzen“ am Donnerstag mit der letzten Gruppe Geretteter den norditalienischen Hafen von Livorno, wie ein Sprecher der Organisation dem „Evangelischen Pressedienst“ sagte. Es gebe keinen ersichtlichen Grund für die Zuweisung verschiedener Häfen, das sei eine grausame Behandlung von verletzlichen Menschen. Nach zwölf Einsätzen am Wochenende erhielt die Crew zunächst die Anweisung, 116 Geflüchtete auf die Insel Lampedusa zu bringen. Am Mittwoch verließen weitere Menschen das Schiff in Marina Di Carrara.
Es ist das erste Mal, dass die italienischen Behörden einem zivilen Rettungsschiff mehrere Häfen zur Anlandung der Menschen an Bord zuweisen. „Statt eine sichere und effiziente Verlegung zu gewährleisten, wurden wir zu einer Fahrt von sechs Stunden gezwungen, um die Anlandung an einem Ort zu beenden, zu dem man mit dem Auto 50 Minuten braucht“, kritisierte „Ärzte ohne Grenzen“.
🚨 Update: Horrific treatment of vulnerable cases.
Yesterday, #GeoBarents arrived at #MarinaDiCarrara, one of the two places of safety assigned by #Italian authorities. pic.twitter.com/jqPQrWF2FN
— MSF Sea (@MSF_Sea) July 20, 2023
Derzeit versuchen besonders viele Menschen, Europa über das Mittelmeer zu erreichen. Allein am vergangenen Wochenende unterstützten private Seenotrettungsorganisationen etwa 40 Flüchtlingsboote in Seenot. Viele von ihnen waren in Tunesien gestartet, wo die Behörden immer massiver gegen Menschen aus Ländern südlich der Sahara vorgehen. Das Mittelmeer gilt als eine der gefährlichsten Fluchtrouten weltweit, eine seit Jahren geforderte staatliche Seenotrettung gibt es nicht. Laut Internationaler Organisation für Migration (IOM) sind in diesem Jahr bislang mehr als 1.900 Menschen bei der Überquerung gestorben oder werden vermisst. Die Dunkelziffer ist vermutlich weitaus höher.
15 Personen ohne Schwimmweste im Wasser
Das Schiff „Mare Go“ der Initiative Zusammenland eilte am Mittwoch nach eigenen Angaben neun Booten in Seenot mit insgesamt etwa 400 Menschen vor der tunesischen Küste zu Hilfe. Am Wochenende hatte die Besatzung sechs Boote mit insgesamt 200 Insassen stabilisiert und 38 Menschen an Bord genommen und nach Trapani gebracht. Wie am Wochenende übernahm die italienische Küstenwache die Geretteten der meisten Boote. Mit 50 Menschen an Bord war die „Mare Go“ am Donnerstag erneut auf dem Weg zur sizilianischen Stadt Trapani.
Die italienische Küstenwache habe mehr als fünf Stunden gebraucht, um zum Einsatzort zu kommen, kritisierte die Initiative: „Diese Verspätung hat die Überlebenden und unsere Besatzung in die Gefahr gebracht, im Dunkeln zu operieren.“ Bei einem der Einsätze hätten 15 Personen ohne Schwimmweste im Dunkeln aus dem Wasser gerettet werden müssen. (epd/mig) Aktuell Ausland
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