„Zahnlosen Tiger“

Beauftragter soll gegen Extremismus bei Bundespolizei vorgehen

Ist Rechtsextremismus ein strukturelles Problem bei in den Polizeibehörden des Bundes? Mit einem neuen Posten wollen SPD, FDP und Grüne mögliches Fehlverhalten erkennen und verhindern. Nicht nur Polizisten sollen sich dorthin wenden können. Compact spricht von einem „zahnlosen Tiger“.

Montag, 29.05.2023, 16:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 29.05.2023, 13:13 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Um gegen mögliches Fehlverhalten und strukturelle Missstände in den Polizeibehörden des Bundes vorzugehen, will die Koalition einen unabhängigen Bundespolizeibeauftragten einsetzen. „Wir haben Fälle von Rechtsextremismus in der Polizei, das ist völlig unumstritten“, sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, am Donnerstag in Berlin. Dort stellten Berichterstatter der Ampel-Fraktionen SPD, FDP und Grüne Eckpunkte für einen entsprechenden Gesetzentwurf vor.

Die Polizei werde mit dem Amt eine neue Fehler- und Arbeitskultur entwickeln, betonte Mihalic. So solle der Bundespolizeibeauftragte untersuchen, „ob hinter einem Einzelfall eine strukturelle Ursache steckt“. Den Eckpunkten zufolge werden mit dem Amt Mängel und Fehlerentwicklungen erkannt und vorgebeugt. Der Beauftragte agiert demnach unabhängig und weisungsfrei.

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Der Beauftragte solle eine „direkte Ansprechperson“ werden, an die jeder Hinweise und Beschwerden weitergeben könne, sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Manuel Höferlin. Dies solle mündlich, schriftlich und elektronisch möglich sein. Hinweise müssten sich auf einen konkreten Einzelfall oder persönliche Betroffenheit beziehen, und auf strukturelle Mängel hindeuten, sagte Höferlin. Wo es nötig sei, werde Vertraulichkeit zugesichert.

Beauftragter soll Bericht vorlegen

Somit soll der Beauftragte auch ein Adressat für Polizeibeamte werden. „Ich glaube, es gibt einen Bedarf für Polizistinnen und Polizisten, weil diese in der Breite eben nicht einverstanden sind mit Fehlentwicklungen in ihrem eigenen Haus“, betonte der FDP-Politiker.

Der Bundespolizeibeauftragte soll unter anderem Akteneinsichtsrechte und Zutrittsrechte zu Dienststellen erhalten. Zudem soll er seine Untersuchungen parallel zu strafrechtlichen Ermittlungen führen können. Zu den Aufgaben gehört den Eckpunkten zufolge auch ein jährlicher Bericht. Die Ampel-Koalition hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, das Amt einzuführen.

Bundesbeauftragte soll „Vorbild“ sein

In den Zuständigkeitsbereich sollen die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und die Polizei beim Deutschen Bundestag gehören. Die Bundespolizei untersteht dem Bundesinnenministerium. Kernaufgabe der 2005 aus dem Bundesgrenzschutz (BGS) hervorgegangenen Behörde ist die Sicherheit im Bahnverkehr, an den Land- und Seegrenzen sowie auf mehr als einem Dutzend Flughäfen.

Auf Landesebene gibt es den unabhängigen Posten bereits teilweise: In Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Brandenburg sind Landespolizeibeauftragte schon tätig. Mit der erstmaligen Einrichtung der Stelle auf Bundesebene soll ein „neuer Maßstab“ gesetzt und „eine Art Vorbildcharakter“ für die Länder entwickelt werden, sagte die Grünen-Politikerin Mihalic.

Lob und Kritik

Kritik kommt aus der Gewerkschaft der Polizei. „Unter den Kollegen gibt es Bedenken, denn sie fürchten eine Überwachung“, sagte der stellvertretende Vorsitzende Andreas Roßkopf dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Donnerstag. Es gebe bereits genug Stellen, an denen Bürger ihren Unmut kundtun könnten.

Die Kampagnenorganisation Campact begrüßt das Vorhaben als einen „wichtigen und überfälligen Schritt“. Es müsse jedoch genauer geklärt werden, wie weit die Ermittlungskompetenzen des neuen Amts reichen. Ohne Befähigungen, wie etwa das Befragen von Zeugen, verkomme das Amt „schon vor seinem Startschuss zum zahnlosen Tiger.“ (dpa/mig) Aktuell Panorama

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