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Geflüchtetenunterkünfte in Containern © de.depositphotos.com

7m² sind zu viel

Sachsen-Anhalt setzt Mindeststandard für Flüchtlingsunterbringung aus

In Sachsen-Anhalt sind mindestens sieben Quadratmeter pro Person bei der Unterbringung von Geflüchteten vorgeschrieben – zur Wahrung der Menschenwürde. Das gilt nicht mehr. Die Linke bezeichnet die Aussetzung des Standards als Skandal.

Dienstag, 28.02.2023, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 28.02.2023, 14:32 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Sachsen-Anhalt hat seit einiger Zeit die Mindestvorgaben für die Unterbringung von Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften außer Kraft gesetzt. Laut Innenministerium geht es darum, den Anspruch auf sieben Quadratmeter Wohnraum auszusetzen. „Die Landkreise und kreisfreien Städte berichteten Ende 2022 zum Teil, dass ihre Aufnahmekapazitäten erschöpft oder nahezu ausgelastet seien und baten um Lockerung der Unterbringungsleitlinien, um mehr Personen vorübergehend unterbringen zu können“, erklärte eine Sprecherin des Innenministeriums am Dienstag auf Anfrage. Die Lockerung dieser Regel solle aber weiterhin eine menschenwürdige Unterbringung ermöglichen. Zuvor berichtete die „Mitteldeutsche Zeitung“.

Die Rahmenbedingungen seien bereits seit Anfang Januar ausgesetzt, erklärte die Sprecherin. Die Lockerung sei bis Ende Juni befristet. Seit etwa einem Jahr kommen wieder mehr Geflüchtete insbesondere aus der Ukraine nach Sachsen-Anhalt. Einige Landkreise und Kommunen beklagten zuletzt, an der Auslastungsgrenze zu sein. Bei regelmäßigen Prüfungen der Unterkünfte seien keine gravierenden Missstände festgestellt worden, hieß es.

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Immigrationsbeauftragte gelassen

Die Immigrationsbeauftragte des Landes, Susi Möbbeck (SPD), schien die Situation vor kurzem deutlich gelassener zu betrachten. „Wenn es jetzt nicht erneut zu einem großen Ansteigen der Fluchtmigration aus der Ukraine kommt, können wir das beherrschen und gestalten“, sagte sie vor wenigen Tagen in einem Interview.

Laut den Leitlinien, die seit 2013 gelten, sind Zimmer mit maximal vier Leuten zu belegen, wobei für jede Person mindestens sieben, im Ausnahmefall sechs Quadratmeter Fläche zur Verfügung stehen sollen. Schon vom 1. September 2015 bis zum 31. Dezember 2016 waren diese Vorgaben außer Kraft.

Linke: Aussetzung der Standards ist ein Skandal

Der Flüchtlingsrat merkte an, dass der Verzicht auf die Standards nicht der Situation angemessen sei, in der sich viele Geflüchtete befänden. „Alle Betroffenen, mit denen wir bisher zu diesem Thema gesprochen haben, berichten von einem sehr hohen Bedürfnis nach einem Schutz- und Rückzugsraum, vor allem in der ersten Phase nach dem Ankommen“, teilte der Verband mit. Die Menschen hätten meist einen langen und gefährlichen Fluchtweg hinter sich und zum Teil Gewalterfahrungen und Traumatisierungen zu verarbeiten. „Die Aussetzung der Mindeststandards bei der Unterbringung von geflüchteten Menschen in Sachsen-Anhalt bewerten wir als äußerst besorgniserregend.“

Die Fraktion der Linken bezeichnete die Entscheidung zur Aussetzung des Standards als Skandal. „Die von der Richtlinie vorgesehenen Quadratmeter sind zu wenig für ein Leben in Würde und sind maximal für einen ganz kurzen Zeitraum zumutbar“, so die Kritik. Bis zu vier Erwachsene in einem Zimmer erlaubten keinerlei Privatsphäre, keine Ruhe, kein Ankommen. (dpa/mig) Aktuell Politik

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