Flüchtlingspolitik
Nach Bootsunglück mit über 62 Toten: Faeser will Außengrenzen schützen
Nach dem Bootsunglück vor Italien werden weitere Leichen gefunden. Mehr als 60 Menschen sind tot. Ein mutmaßlicher Schleuser wird festgenommen. Als Konsequenz will Bundesinnenministerin Faeser besseren Grenzschutz. Menschenrechtler fordern staatliche Seenotrettung im Mittelmeer.
Montag, 27.02.2023, 21:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 28.02.2023, 6:02 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Nach dem Schiffsunglück in Süditalien ist die Zahl der toten Migranten auf 62 gestiegen. Am Montagmorgen wurden nach Angaben der Feuerwehr drei weitere Leichen entdeckt. Die leblosen Körper wurden mehrere Kilometer vom Unglücksort Steccato di Cutro entfernt im Wasser und am Strand gefunden, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. In Italien und auch anderen Ländern überwogen Bestürzung und Empörung. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einer „erneuten schrecklichen Tragödie“.
Unter den Opfern sind nach Angaben der Zeitung „La Repubblica“ gut ein Dutzend Kinder und mehr als 30 Frauen. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen berichtete, dass ganze Familien bei dem Unglück vor der Küste der Region Kalabrien starben. Am Strand von Steccato di Cutro lagen am Montag zwischen Holzbrettern Kleidungsstücke, Spielsachen und der Kopf einer Kinderpuppe.
Rund 80 Menschen wurden gerettet oder konnten aus eigener Kraft die Küste erreichen, nachdem das Boot gekentert war. Wie viele Menschen auf dem Holzkutter waren, war auch am Montag noch nicht klar. Dutzende wurden noch vermisst. Trotz schwieriger Witterungsbedingungen wollten die Einsatzkräfte wie Feuerwehr und Küstenwache weiter nach Opfern und Überlebenden suchen.
UN-Generalsekretär fordert legale Fluchtrouten
Die Migranten waren nach bisherigen Erkenntnissen am Donnerstag in Izmir in der Türkei gestartet, hatten den Süden Griechenlands umfahren und Kurs auf Süditalien genommen. Wie die Polizei bestätigte, wurde ein mutmaßlicher Schlepper festgenommen. Italiens rechte Regierung forderte nach dem Unglück erneut, Migranten zu stoppen, noch bevor sie in See stechen.
UN-Generalsekretär António Guterres forderte indes: „Wir brauchen sichere, geregelte und legale Routen für Migranten und Flüchtlinge. Solange kriminelle Banden die Migrantenrouten kontrollieren, werden Menschen weiterhin verschwinden.“
Faeser will besseren Grenzschutz durch Frontex
Die Bundesregierung bemüht sich nach Angaben von Innenministerin Faeser um legale Migrationswege. „Zugleich begrenzen wir irreguläre Migration durch Migrationsabkommen mit Herkunftsstaaten und durch den Schutz der EU-Außengrenzen“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Wir stumpfen nicht ab angesichts dieser Not, sondern handeln trotz erheblicher Widerstände weiter, damit Menschenrechte geschützt werden und die Migration sehr viel stärker gesteuert wird als es bislang der Fall war.“
Die Bundesregierung habe eine „Kehrtwende in der Migrationspolitik“ eingeleitet, betonte Faeser. „Wir ermöglichen legale Migrationswege, und zugleich begrenzen wir irreguläre Migration durch Migrationsabkommen mit Herkunftsstaaten und durch den Schutz der EU-Außengrenzen.“ Dafür seien rechtsstaatliche Verfahren unter Führung einer reformierten EU-Grenzschutzbehörde Frontex erforderlich. Denn wenn Menschen nach klaren Kriterien einwandern könnten, zerstöre dies auch das Geschäftsmodell von Schleusern, die Migranten auf lebensgefährlichen Wegen in die Europäische Union bringen.
Keine staatliche Seenotrettung
Grünen-Chefin Ricarda Lang forderte indes eine staatliche Seenotrettung. Auch Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass Fehlen einer staatlichen Seenotrettungsmission im Mittelmeer. Das übernehmen private Organisationen, die mit Spendengeldern finanziert werden. Bei der gefährlichen Flucht über das Mittelmeer kamen laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) allein im vergangenen Jahr mindestens 2.406 Flüchtlinge und Migranten ums Leben oder wurden vermisst. In diesem Jahr waren es schon mehr als 200.
IOM-Generaldirektor António Vitorino zeigte sich am Montag tief erschüttert von den erneuten Verlusten menschlichen Lebens. Dies zeige, dass das Retten von Leben immer Vorrang in der Migrationspolitik haben müsse, mahnte er auf Twitter. (dpa/epd/mig) Aktuell Politik
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