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Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Nürnberg © claudiodivizia/123rf.com

Schutzquoten deutlich höher

Regierung argumentiert mit verzerrten Asyl-Zahlen

Wenn es um die Schließung der Balkanroute geht, verweist die Bundesregierung auf vermeintlich hohe Ablehnungsquoten von Asylanträgen. Wie Zahlen aus dem Ministerium zeigen, arbeitet die Regierung aber nicht mit bereinigten Schutzquoten. Die sind deutlich höher – und näher an der Realität.

Sonntag, 23.10.2022, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 23.10.2022, 12:35 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die Linken im Bundestag haben die von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) angekündigten Maßnahmen zur Begrenzung der Einwanderung über die Balkanroute kritisiert. Es sei „Unsinn“ zu sagen, die auf dieser Route nach Europa kommenden Menschen seien nicht schutzbedürftig, erklärte die fluchtpolitische Sprecherin der Fraktion, Clara Bünger, in Berlin. „Auch die Asylsuchenden, die ohne das passende Visum nach Deutschland kommen, werden in großer Mehrheit als schutzbedürftig anerkannt“, sagte Bünger mit Verweis auf Daten der Bundesregierung.

Wie aus deren Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linken hervorgeht, lag die sogenannte bereinigte Schutzquote von Januar bis Ende August in Deutschland bei 71,6 Prozent. Damit wurde in der Mehrheit der Asylverfahren in Deutschland, über die inhaltlich entschieden wurde, ein Schutzstatus erteilt.

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Bei der bereinigten Schutzquote werden nur inhaltliche Entscheidungen berücksichtigt, während das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bei der von ihm ausgegebenen Schutzquote auch Ablehnungen aus formellen Gründen mit hineinrechnet, etwa wenn ein anderer EU-Staat für das Verfahren zuständig ist. Die Schutzquote des Bundesamts lag Ende September bei 55,7 Prozent.

Syrer & Afghanen: Bereinigte Schutzquote bei fast 100%

Laut Bünger kamen „noch mehr als 10.000 Anerkennungen durch die Gerichte und in weiteren 11.000 Fällen korrigierte das Bamf zunächst ablehnende Bescheide und erteilte einen Schutzstatus. Zuletzt wurden 40 Prozent der von den Gerichten überprüften Asylbescheide als rechtswidrig aufgehoben“. Das stelle dem Bamf ein „äußerst schlechtes Zeugnis“ aus, kritisiert die Linke-Politikerin.

Die Statistik der Bundesregierung zeigt, dass die bereinigte Schutzquote für Menschen aus Syrien und Afghanistan bei nahezu 100 Prozent liegt. Beides sind nach wie vor die Hauptherkunftsländer von Asylsuchenden in Deutschland. Die Flüchtlinge aus der Ukraine tauchen in diesen Statistiken nicht auf, weil für sie ein vereinfachtes Aufnahmeverfahren gilt.

Bünger: Abschottung „völlig falsch“

Faeser hatte am Donnerstag gemeinsam mit Amtskolleginnen und -kollegen aus anderen EU- sowie den Balkanstaaten unter anderem über eine Begrenzung der Migration über die Balkanroute beraten. Geplant ist demnach unter anderem ein verstärkter Einsatz der EU-Grenzschutzagentur Frontex, eine Bekämpfung von Schleusern sowie verstärkte Bemühungen zur Rückführung abgelehnter Asylbewerber. Zudem dringen Deutschland und EU auf eine andere Visa-Politik vor allem in Serbien, um die Zuwanderung zu begrenzen.

Bünger erklärte, es sei „völlig falsch“, jetzt über die weitere Abschottung der Grenzen zu sprechen. Stattdessen müsse es Investitionen in die soziale Infrastruktur geben. „Und es braucht legale Fluchtwege, damit Flüchtende nicht mehr gezwungen sind, ihr Leben aufs Spiel zu setzen“, sagte die Linken-Abgeordnete. (epd/mig) Leitartikel Politik

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  1. Gerrit sagt:

    Hat die Regierung jemals mit reellen Zahlen gearbeitet? Es wird alles so „gedreht“ wie man es braucht. Streng nach dem Motto: Was nicht sein darf, ist auch nicht so.
    Selbst die Grünen haben heute eine andere Sichtweise. Denkt man an Frau Baerbock im vergangenen Jahr in der Opposition und ihre Aussagen zu den Toten im Mittelmeer und ihr Engagement (jetzt wo sie es könnte) heute.

    https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/fluechtlingsdrama-mittelmeer-wortbruch-bundesregierung-100.html (sehr interessanter Beitrag)

    Plötzlich ist für Frau Baerbock die SAR-Zone wichtig, die man Libyen zugestanden hat (ist ja einfach, wenn andere die Drecksarbeit machen).

    Demnächst „überwacht“ die libysche Küstenwachte noch die Küste vor Norderney.

    Es ist einfach nur noch traurig, was da alles passiert und von den Verantwortlichen auch noch mit voller Überzeugung argumentiert wird.