„Zeichen der Solidarität“
Angehörige der Hanau-Opfer bekommen Aachener Friedenspreis
Sie kämpfen gegen Rassismus und engagieren sich für ein friedliches Zusammenleben von Christen und Muslimen: Der Aachener Friedenspreis geht an Initiativen der Hinterbliebenen von Hanau und einen interreligiösen Frauenrat aus Nigeria.
Mittwoch, 22.09.2021, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 21.09.2021, 12:25 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Mit dem Aachener Friedenspreis werden in diesem Jahr unter anderem die Initiative 19. Februar Hanau und die Bildungsinitiative Ferhat Unvar ausgezeichnet. Auch die interreligiöse Fraueninitiative „Women s Interfaith Council (WIC)“ aus Nigeria wird bei der Preisverleihung am 13. November geehrt, wie der Verein des Aachener Friedenspreises am Dienstag in der Aachener Citykirche St. Nikolaus mitteilte.
Die Angehörigen der Opfer der rassistischen Morde Anfang 2020 in Hanau sorgten mit der Initiative 19. Februar Hanau und der Bildungsinitiative Ferhat Unvar gemeinsam dafür, „dass rassistische Morde im Bewusstsein aller bleiben, damit sich das gesellschaftliche Klima verändert und rassistische Ressentiments nie wieder Menschenleben kosten“, erklärte der Verein des Friedenspreises. Trotz eigener Betroffenheit und Traumata setzten sie sich für Frieden, Sensibilisierung und Aufklärung ein. Die beiden Initiativen teilen sich das Preisgeld von 2.000 Euro.
Auszeichnung soll Zeichen der Solidarität setzen
Die Initiative 19. Februar Hanau wurde 2020 von den Angehörigen der Ermordeten – neun Hanauer mit Migrationshintergrund – gegründet, um ihrer Solidarität und den Forderungen nach Aufklärung und politischen Konsequenzen einen dauerhaften Ort zu geben. Mit der Bildungsinitiative Ferhat Unvar leistet ein Team um Serpil Temiz Unvar, Mutter eines der Mordopfer, Empowerment- und Aufklärungsarbeit gegen Rassismus.
Die Auszeichnung solle die mutigen Schritte der Angehörigen stärken und ein öffentliches Zeichen der Solidarität und Unterstützung setzen, heißt es in der Begründung des Friedenspreises. „Wir müssen uns jeden Tag selbst reflektieren, wo auch wir rassistische Muster in uns tragen. Wir dürfen aber auch die Verharmlosung von rechten Umtrieben nicht länger tolerieren“, erklärt Benedikt Kaleß vom Vorstand des friedenspolitischen Vereins. Dabei denke er etwa an die die offen auftretenden Neonazis bei Demonstrationen von Corona-Leugnern und die bevorstehende Bundestagswahl, bei der auch Rassisten auf den Wahlzetteln stünden.
„Den Teufelskreis durchbrechen“
Die Initiative Women’s Interfaith Council (WIC) setzt sich laut Friedenspreis seit 2010 in der nigerianischen Krisenregion Kaduna für ein gewaltfreies Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen ein. Viele der Frauen seien Witwen und hätten mit ansehen müssen, wie ihre Männer und Kinder in gewaltsamen ethnisch-religiöse Konflikten ermordet wurden. „Gemeinsam wollen sie den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen“, erklärte der Verein des Friedenspreises. „Gezielt wenden sie sich gegen den Missbrauch ihrer Religion für politische Zwecke und fordern Mitsprache bei Entscheidungsprozessen in ihren männerdominierten Gemeinschaften.“ Die Fraueninitiative erhält ebenfalls 2.000 Euro.
Christliche und muslimische Frauen des WIC suchen nach Anschlägen Betroffene auf und kümmern sich um die Opfer. Zudem organisiert die Initiative jedes Jahr ein umfangreiches Workshop-Programm für Frauen, Jugendliche und Religionsführer, um präventiv Gewalt zu verhindern. Der WIC entstand den Angaben zufolge auf Initiative der irischen Ordensfrau Kathleen McGarvey. Heute besteht die von Laiinnen getragene Organisation aus 23 christlichen und muslimischen Frauenverbänden mit insgesamt rund 12.650 Frauen.
Seit 1988 zeichnet der Verein Aachener Friedenspreis jedes Jahr Menschen und Gruppen aus, die an der Basis und oft aus benachteiligten Positionen heraus für Frieden und Verständigung arbeiten. Geehrt werden vor allem noch unbekannte Projekte oder Menschen. Über die Preisträger entscheidet die Mitgliederversammlung. (epd/mig) Aktuell Panorama
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