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Graffiti von Mr Spock, Leonard Nimoy, vom Raumschiff Enterprise © Chraecker @ pixabay.com (Lizenz), bearb. MiG

Eine Fluchtgeschichte

Mr. Spock-Darsteller Leonard Nimoy wäre 90 geworden

„Mr. Spock“ vom Raumschiff Enterprise ist Popkultur. Der Mensch hinter dieser Rolle, Leonard Nimoys, und seine Fluchtgeschichte ist vergleichsweise weniger bekannt.

Von Freitag, 26.03.2021, 5:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 25.03.2021, 14:47 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Der Mann hat Kulturen überbrückt – im Leben und als Schauspieler in der Science Fiction-Serie „Star Trek“. Leonard Nimoy (1931-2015) war der Darsteller des „Halb-Vulkaniers“ Mr. Spock, mit spitzen Ohren und absolutem Vertrauen auf Logik und Fakten. Vor 90 Jahren, am 26. März 1931, wurde er als Sohn jüdisch-ukrainischer Einwanderer in Boston geworden, er starb 2015. Spock war Nimoy und Nimoy war Spock, letzterer geboren im Jahr 2230 auf dem Planeten Vulkan. Von dort kommt sein Vater, seine Mutter ist vom Planeten Erde.

Die Erfolgsgeschichte der Kultsendung „Star Trek“ beginnt Mitte der 60er Jahre. US-Astronauten bereiten sich auf die Mondlandung vor und auf den TV-Bildschirmen reist Raumschiff Enterprise mit superschnellem „Warp-Antrieb“ durchs Weltall, unterwegs zu fremden Sternen und Planeten. Mit an Bord: Kommandant James Kirk und Wissenschaftsingenieur Mr. Spock. Er ist klug und rational, wenn ihn etwas wirklich beeindruckt, sagt er „faszinierend“ und hebt die Augenbraue.

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„Star Trek“ war eine galaktische Abenteuergeschichte, in Deutschland ab 1972 als „Raumschiff Enterprise“ zu sehen. Kaum eine Fernsehserie – und die folgenden Kinofilme – haben die US-Popkultur derart geprägt. Als der frühere Präsident Donald Trump im Mai 2020 eine Initiative bekanntmachte, möglicherweise bereits vor Jahresende einen Impfstoff gegen das Coronavirus zu entwickeln, nannte er das Vorhaben „Operation Warp Speed“. „Star Trek“-Kundige wussten genau, was der Präsident versichern wollte. Es werde superschnell gehen.

Obama zeigt Spocks Handgruß

Trumps Vorgänger Barack Obama ist „Star Trek“-Fan. Im Weißen Haus traf er 2012 die Schauspielerin Nichelle Nichols – als Lieutenant Uhura war sie die erste schwarze Frau in der Crew der „Enterprise“. Als ein Foto gemacht wurde, zeigt Obama Spocks vulkanischen Handgruß: Die Finger werden zwischen Mittel- und Ringfinger zu einem „V“ gespreizt.

Nach Nimoys Tod 2015 erklärte der Präsident: „Ich habe Spock geliebt“. Er sei cool gewesen, logisch und besonnen. Damit sei er das Zentrum der bei „Star Trek“ zum Ausdruck kommenden „optimistischen, inklusiven Version der Zukunft der Menschheit“. „Live long and prosper“ lautet der Gruß der Bewohner des Planeten Vulkan. Übersetzt wird das häufig mit „Lebe lang und in Frieden“.

„Was es bedeutet, ein Außenseiter zu sein“

Es war Kalter Krieg auch im All, als „Star Trek“ 1966 anlief. Präsident John F. Kennedy hatte 1961 verkündet, er wolle vor Ende des Jahrzehnts „einen Menschen auf den Mond schicken und wieder sicher zur Erde zurückbringen“. Die USA müssten eine „klare Führungsrolle“ im Weltraum übernehmen. Der Besatzung der Enterprise und weiteren Raumschiffen der „Vereinigten Föderation der Planeten“ dagegen ging es eher um galaktischen Frieden: Eine Ko-Existenz der Lebensarten im All.

„Wer von uns versteht nicht, was es bedeutet, ein Außenseiter zu sein“, schrieb Nimoy in seiner Biografie „I am Spock“ (1995). Er sei als „ein jüdischer Junge“ im mehrheitlich italienisch-amerikanischen Viertel West End in Boston in Massachusetts aufgewachsen. „Viele meiner guten Freunde waren Italiener, aber ich habe früh gelernt, dass ich irgendwie ‚anders‘ war.“ Die Freundschaft habe „an der Kirchentür halt gemacht“.

Eine Fluchtgeschichte

Leonards Eltern Dora und Max seien vor Pogromen aus der Ukraine geflohen, seine Mutter habe die Grenze in einem Heuwagen versteckt überquert. Sie seien dankbar gewesen für die USA als Land, in dem sie „nicht auf der Straße umgebracht werden konnten“. Der Bruder seines Vaters sei bei einem Kosakenüberfall getötet worden, sagte Nimoy 2013 in einem Interview für das „Yiddish Book Center“ in Amherst in Massachusetts.

Nimoy fing mit dem Theater an, auch jiddischem Theater, dann folgten Nebenrollen in Spielfilmen. Um mit 17 Jahren seine Reise nach Kalifornien und das Schauspielstudium zu finanzieren, habe er Staubsauger verkauft, erzählt er einmal. „Star Trek“ definierte ihn dann als Mr. Spock. Doch er hatte auch Rollen in anderen Filmen, nahm Musikalben auf und führte Regie, etwa in der Komödie „Noch drei Männer, noch ein Baby“ (1987).

Kindheitserlebnis in einer Synagoge

Die Entstehungsgeschichte des Vulkaniergrußes hat er häufig erzählt: Für eine Filmszene habe er eine besondere Grußform entwickeln wollen – und sich an ein Kindheitserlebnis in einer Synagoge erinnert, bei dem Betende mit gespreizten Fingern den Aaronitischen Segen erteilten.

Der daraus entwickelte vulkanische Gruß hat sich erhalten: als Erkennungsmerkmal für „Trekkies“, Star-Trek-Fans, und für Menschen, die Nimoy und Spocks logische Vernunft schätzen und das Prinzip Erforschung ohne Eroberung. Er freue sich darüber, hat Nimoy gesagt. Manche der Grüßenden wüssten vielleicht gar nicht, dass sie einander mit einem im Jüdischen verankerten Gruß segneten. (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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