Kein Rabbiner-Import mehr

Zentralratspräsident Schuster ruft zu selbstbewusstem Judentum auf

Ein guter Tag für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland: So hat der Präsident des Zentralrates der Juden die zehnte Ordinationsfeier des Abraham-Geiger-Kollegs gewürdigt. Mehr als 40 Rabbiner und Kantoren wurden dort inzwischen ausgebildet.

Freitag, 11.09.2020, 5:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 10.09.2020, 17:34 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Das Potsdamer Rabbinerseminar Abraham-Geiger-Kolleg hat zum zehnten Mal Absolventen für die Arbeit in jüdischen Gemeinden im In- und Ausland ordiniert. Bei dem Gottesdienst in der Berliner Synagoge Rykestraße wurden vier neue Rabbinerinnen und Rabbiner sowie ein Kantor in ihre geistlichen Ämter eingeführt. Der fünfte Rabbinerabsolvent habe nicht an der Feier teilnehmen können, weil er in Quarantäne sei, sagte der Rektor des Kollegs, Walter Homolka, bei der Feier am Donnerstag in Berlin. Die Ordination soll später nachgeholt werden. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) waren zu Grußworten eingeladen. Schuster rief zu einem selbstbewussten Judentum auf. Woidke betonte, jüdisches Leben sei „ein Geschenk für Deutschland“.

Die neuen jüdischen Geistlichen seien auch wichtige Botschafter in die Gesellschaft, betonte Woidke laut Redemanuskript. Von der Ordination gehe das Signal aus, dass der Zivilisationsbruch der Schoah mit Millionen ermordeter Juden nicht das Ende jüdischen Lebens in Deutschland gewesen ist.

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Schuster: Niemand wird uns abhalten

Umso unerträglicher sei es, dass Juden hierzulande wieder um ihr Leben fürchten müssten, angegangen und beleidigt würden, betonte der Ministerpräsident: „Antisemitismus ist ein schleichendes Gift gegen eine offene Gesellschaft. Deshalb kämpfen wir gegen jede Form von Antisemitismus. Wir stehen gemeinsam für das Miteinander in der Demokratie, unabhängig von Glauben und Herkunft.“

„Niemand wird uns auch in Zukunft davon abhalten, unsere Religion so zu praktizieren, wie wir es für richtig befinden“, betonte Schuster: „Und erst recht wird uns niemand daran hindern, unsere Tradition an die nächste Generation weiterzugeben.“ Auch angesichts von Antisemitismus und Rechtspopulismus sollte das Judentum selbstbewusst gelebt werden. Der Zentralrat der Juden feiert am Dienstag seine Gründung vor 70 Jahren.

Kein Rabbiner-Import mehr

Auch die Ordination am Donnerstag sei ein Grund zum Feiern, erklärte Schuster: „Heute ist ein guter Tag für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland.“ Die Zeiten, in denen man Rabbiner aus dem Ausland habe „importieren“ müssen, seien vorbei. Heute könnten wieder Rabbiner und Kantoren „made in Germany“ in den jüdischen Gemeinden eingestellt werden. Dazu leiste das Abraham-Geiger-Kolleg einen wichtigen Beitrag, betonte Schuster. Die Absolventen seien mit einer guten Ausbildung auf ihre Arbeit vorbereitet worden.

Das Abraham-Geiger-Kolleg an der Universität Potsdam wurde 1999 als erstes akademisches Rabbinerseminar in Deutschland nach dem Holocaust gegründet. Es ist nach eigenen Angaben in den Werten des liberalen Judentums verwurzelt und verbindet jüdische Traditionen mit modernen wissenschaftlichen Fragestellungen.

Ausbildung seit 2006

Die ersten drei vom Abraham-Geiger-Kolleg ausgebildeten Rabbiner wurden 2006 in Dresden ordiniert. Inzwischen wurden an dem Rabbinerseminar nach eigenen Angaben 41 Absolventen für die Arbeit in der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland und Europa, Israel und weiteren Ländern ausgebildet.

Die neuen Absolventen stammen nach Angaben des Kollegs aus Norwegen, Deutschland, den USA, Ungarn, Tschechien und Israel. Sie wollen künftig in jüdischen Gemeinden in Schleswig-Holstein, in Göttingen und Hannover in Niedersachsen, in Budapest, Stockholm sowie in Tschechien arbeiten. Einer der Absolventen sei bislang im Auswärtigen Amt tätig gewesen, hieß es. (epd/mig) Aktuell Panorama

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