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Das Rettungsschiff Sea-Watch rettet Flüchtlinge im Mittelmeer (Archivfoto) © sea-watch.org

23 Tote vor Griechenland

„Sea-Watch 3“ rettet 119 Flüchtlinge im Mittelmeer

Auch im Winter versuchen Flüchtlinge von Libyen aus, Europa in Schlauchbooten zu erreichen. Seenotretter leisteten in 24 Stunden drei Rettungseinsätze und retteten 119 Flüchtlinge. Für mindestens 23 Menschen kam jede Hilfe zu spät. Den Behörden Maltas wirft die Crew Untätigkeit vor.

Montag, 13.01.2020, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 12.01.2020, 14:07 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Das deutsche Rettungsschiff „Sea Watch 3“ hat bei drei Rettungsaktionen im Mittelmeer am Donnerstag und Freitag insgesamt 119 Menschen an Bord genommen. Die Crew warte nun auf einen „sicheren Hafen“ und halte sich für weitere Boote, die in Seenot geraten, bereit, teilte die Hilfsorganisation Sea-Watch in Berlin mit. Neue Seenotfälle seien bereits gemeldet worden. Zugleich berichtete das spanische Rettungsschiff „Open Arms“ die Aufnahme von 44 Männern aus einem kleinen Boot, die nach zwei Tagen auf See an schwerer Unterkühlung litten.

Die „Sea-Watch 3“-Crew wurde nach eigenen Angaben Zeuge, wie die libysche Küstenwache mehr als 150 Bootsflüchtlinge nach Libyen zurückbrachte. Die Rückführung sei illegal, protestierte die Organisation. Die libysche Küstenwache wird von der EU unterstützt und besteht zum Teil aus Milizen.

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Sea-Watch wirft Malta Untätigkeit vor

Die Internationale Organisation für Migration sprach von insgesamt 222 Migranten, darunter 38 Frauen und Kinder, die von der Küstenwache nach Libyen zurückgebracht worden seien. Nach Einschätzung der UN-Organisation stellt Libyen keinen „sicherer Hafen“ dar, weil Flüchtlinge und Migranten in Internierungslager gesperrt werden, Zwangsarbeit leisten müssen und gefoltert werden. Zudem eskaliert der libysche Bürgerkrieg zwischen der international gestützten Regierung unter Fajis al-Sarradsch und Kämpfern des abtrünnigen Generals Chalifa Haftar.

Sea-Watch warf den maltesischen Behörden Untätigkeit vor. In der Nacht zum Freitag habe ihr Schiff 42 Menschen gerettet, deren Boot zu diesem Zeitpunkt bereits die maltesische Such- und Rettungszone erreicht habe. Obwohl der Seenotfall seit Stunden bekannt gewesen sei, seien die maltesischen Behörden nicht aktiv geworden.

Über 24 Stunden auf dem Schlauchboot

„Die Menschen waren seit über 24 Stunden auf diesem Schlauchboot und litten an Unterkühlung und Seekrankheit, sie hatten kein Essen und Wasser mehr, doch die maltesischen Behörden reagierten nicht“, berichtete Patricia Neugebauer, Ärztin an Bord der „Sea-Watch 3“.

Einsatzleiter Johannes Bayer fügte hinzu: „Dass wir die Menschen noch rechtzeitig retten konnten, ist eine große Erleichterung. Diese Menschen sind am Leben, weil zivile Rettungsschiffe der Untätigkeit der EU und dem gewalttätigen Verhalten ihrer libyschen Partner etwas entgegensetzen.“ Das Suchflugzeug „Moonbird“, das von der Evangelischen Kirche in Deutschland unterstützt wird, sei weiter im Einsatz.

Mindestens 23 Flüchtlinge vor Griechenland ertrunken

Dennoch kommt es immer wieder zu Bootsunglücken vor der griechischen Küste. Am Wochenende sind mindestens 23 Flüchtlinge ertrunken. Mindestens elf, darunter acht Kinder, starben nach Berichten des italienischen Rundfunks beim Untergang ihres Boots in der Ägais. Acht Menschen seien nach dem Unglück vor der türkischen Hafenstadt Çeşme gerettet worden. Wenige Stunden zuvor war nahe der Insel Paxos an der griechischen Westküste ein weiteres Flüchtlingsboot auf dem Weg nach Italien gekentert.

Die griechische Küstenwache barg an der Unglücksstelle zwölf Leichen. Einige der zwanzig geretteten Überlebenden berichteten, auf dem Boot hätten sich insgesamt fünfzig Flüchtlinge befunden.

Mehr Menschen wagen Überfahrt

Flüchtlinge und Migranten versuchen laut Sea-Watch auch im Winter, mit Booten nach Europa zu gelangen. Das Wetter habe sich gebessert, so dass zurzeit mehr Menschen die Überfahrt wagten. Zudem nehmen die Kämpfe im libyschen Bürgerkrieg zu.

Die „Sea-Watch 3“ ist erst seit 30. Dezember wieder im Mittelmeer im Einsatz. Das Schiff war Ende Juni von italienischen Behörden festgesetzt worden, nachdem Kapitänin Carola Rackete nach langem Warten mit Dutzenden Flüchtlingen ohne Erlaubnis den Hafen von Lampedusa angesteuert hatte. Kurz vor Weihnachten hob ein Gericht die Beschlagnahme auf. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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