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Per Erlass zum Pass

Seehofer erleichtert Einbürgerung für Nachfahren NS-Verfolgter

NS-Verfolgte haben das Recht auf den deutschen Pass. Das gilt auch für deren Nachfahren. Viele im Ausland lebende Antragsteller wurden aber abgelehnt. Das Innenministerium will die Regeln nun per Erlass ändern. Andere wollen lieber ein Gesetz.

Montag, 02.09.2019, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 04.09.2019, 17:08 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erleichtert die Einbürgerung für Nachfahren NS-Verfolgter in Deutschland. Wie das Bundesinnenministerium am Donnerstag in Berlin mitteilte, werden am Freitag zwei Erlasse inkraft gesetzt, die die bislang geltende komplizierte Rechtslage vereinfachen sollen. Kinder oder Enkel von NS-Verfolgten, die deswegen bislang nicht die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten haben, sollen damit berücksichtigt werden.

„Deutschland muss seiner historischen Verantwortung gegenüber denjenigen gerecht werden, die als Nachfahren deutscher NS-Verfolgter staatsangehörigkeitsrechtliche Nachteile erlitten haben“, erklärte Seehofer. Das Grundgesetz spricht den Nachfahren verfolgter Juden grundsätzlich die deutsche Staatsbürgerschaft zu. Im Artikel 116 des Grundgesetzes heißt es: „Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern.“

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Das Problem

Probleme bei der Erlangung des deutschen Passes haben aber Nachfahren jener Menschen, die wegen der Nazis in ein anderes Land emigriert sind, die dortige Staatsbürgerschaft angenommen und damit die deutsche verloren – aber nicht entzogen bekommen – haben. Diese Menschen sollen, weil sie genauso unter dem Verfolgungsdruck des Hitler-Regimes standen, gleichberechtigt berücksichtigt werden.

Ebenso sollen es Nachfahren verfolgter Mütter bei der Erlangung des Passes genauso einfach haben wie die Kinder der Väter. Bis 1975 konnte die Staatsbürgerschaft nur über den Vater vererbt werden, was etwa Kinder jüdischer Mütter ausschloss. Das gilt zwar schon lange nicht mehr. Dennoch gab es bis heute bei bestimmten Fallkonstellationen eine unterschiedliche Behandlung nach Geschlecht.

Mehr Anträge nach Brexit-Referendum

Die Staatsbürgerschaft für Nachfahren NS-Verfolgter ist durch den drohenden Austritt Großbritanniens aus der EU in den Fokus gerückt. Nach dem Brexit-Referendum stieg die Zahl der Anträge: Laut Bundesinnenministerium waren es 2015 noch 43, 2018 insgesamt 1.506 Anträge von Briten. Wie viele nach der Neuregelung darüber hinaus einen Anspruch haben, weiß das Ministerium nicht.

Die Anträge für die deutsche Staatsbürgerschaft können bei den deutschen Konsulaten im Ausland gestellt werden. Die Hürden beim Nachweis von Unterhalt und Sprachkenntnissen sind sehr niedrig. Die Einbürgerung soll gebührenfrei sein und Mehrstaatigkeit der Betroffenen hingenommen werden.

Grüne fordern gesetzliche Regelung

Die Grünen hatten eine gesetzliche Regelung gefordert und bleiben dabei: „Die Nachkommen von Zwangsausgebürgerten im Nationalsozialismus haben ein starkes und klares Zeichen aus der Mitte des Deutschen Bundestags verdient“, erklärte die Grünen-Innenpolitikerin Filiz Polat. Ein Gesetz verschaffe Rechtssicherheit, argumentierte sie. Die Fraktion will nach ihren Angaben im September einen Entwurf einbringen. Auch die Linken-Innenpolitikerin Ulla Jelpke forderte eine gesetzliche Regelung. Mit der Erlassregelung würden „Opfer von Naziverbrechen zu Bittstellern im Land der Täter degradiert“, sagte sie.

Das Innenministerium argumentierte, man wolle eine pragmatische und schnelle Lösung. Gesetzgebungsverfahren dauern in der Regel mindestens mehrere Monate. Der Zentralrat der Juden in Deutschland zeigte sich mit der Erlassregelung zufrieden. Damit werde endlich eine Gerechtigkeitslücke geschlossen, erklärte Präsident Josef Schuster. „Sollte sich in einigen Monaten erweisen, dass dennoch Verfolgte oder deren Nachkommen von der Einbürgerung ausgeschlossen bleiben, müsste eine gesetzliche Neuregelung geprüft werden“, ergänzte er. (epd/mig) Aktuell Politik

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