EU untätig
Weitere Schiffe sollen Menschenleben im Mittelmeer retten
Das zentrale Mittelmeer ist zur tödlichsten Fluchtroute der Welt geworden. Hilfsorganisationen wollen nicht untätig bleiben und kündigen den Einsatz weiterer Schiffe an, um Menschenleben zu retten.
Montag, 22.07.2019, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 23.07.2019, 17:59 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Hilfsorganisationen planen den Einsatz weiterer Schiffe, um Menschenleben auf dem Mittelmeer zu retten. Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterranee kündigten am Sonntag an, die Seenotrettung Ende Juli mit einem neuen Schiff wiederzuaufnehmen. Auch der Dresdner Verein Mission Lifeline plant einen neuen Einsatz für Anfang August. Die UNO-Flüchtlingshilfe forderte unterdessen eine Änderung der europäischen Flüchtlingspolitik.
Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterranee wollen Migranten in Seenot mit dem gemeinsam betriebenen Rettungsschiff „Ocean Viking“ zur Hilfe kommen. Das Schiff werde unter norwegischer Flagge fahren und könne bis zu 200 gerettete Menschen an Bord nehmen, hieß es. Ärzte ohne Grenzen warf den europäischen Regierungen mit Blick auf die Situation auf dem Mittelmeer „verantwortungslose Untätigkeit“ vor.
Die Flüchtlingshilfsorganisation Mission Lifeline hatte bereits am Donnerstag einen neuen Einsatz zur Seenotrettung vor der libyschen Küste angekündigt. „Wenn alles gut geht, laufen wir am 1. August aus“, sagte Mission-Lifeline-Sprecher Axel Steier auf epd-Anfrage in Dresden.
426 Tote im laufenden Jahr
Zivile Seenotrettung im Mittelmeer werde weiter benötigt, solange die EU-Staaten ihrer Verantwortung für die Seenotrettung nicht gerecht würden und solange weiter Menschen aus Libyen flüchteten, erklärte Ärzte ohne Grenzen. Das zentrale Mittelmeer sei derzeit „die tödlichste Fluchtroute der Welt“. Allein in diesem Jahr seien mindestens 426 Menschen auf der Flucht über diese Route ums Leben gekommen.
Die „Ocean Viking“ ist laut Ärzte ohne Grenzen ein 1986 gebautes, 69 Meter langes Hochsee-Versorgungsschiff. Die seit 2016 gemeinsam von Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterranee betriebene „Aquarius“ musste den Angaben zufolge nach dem zweimaligen Entzug der Flagge auf massiven politischen und wirtschaftlichen Druck Italiens hin die Hilfe im vergangenen Jahr einstellen.
Kriminalisierung von Seenotrettern
Das erste Schiff des Vereins Lifeline, die „Lifeline“, wurde im Sommer 2018 von den Behörden Maltas beschlagnahmt. Es hatte zuvor 234 Flüchtlinge aufgenommen und durfte nach tagelanger Irrfahrt in Valletta anlegen. „Lifeline“-Kapitän Claus-Peter Reisch wurde von einem Gericht in Valletta wegen des Vorwurfs der falschen Registrierung des Rettungsschiffes zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro verurteilt. Er legte Revision ein.
Zuletzt war die „Sea-Watch 3“ in Italien beschlagnahmt worden, nachdem Kapitänin Carola Rackete Ende Juni trotz eines italienischen Verbots in den Hafen von Lampedusa eingelaufen war. Das Schiff hatte zuvor 53 Bootsflüchtlinge aufgenommen. Italien wirft Rackete unter anderem Beihilfe zur illegalen Einwanderung vor. Sie wurde zweimal vor Gericht vernommen, ist aber inzwischen nach Angaben eines Sea-Watch-Sprechers nach Deutschland ausgereist.
UNO: Rettung hat höchste Priorität
Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), bekräftigte am Sonntag im Deutschlandfunk die Notwendigkeit einer Lösung zur Verteilung geretteter Bootsflüchtlinge. Weil dabei nicht alle EU-Staaten mitmachen wollten, brauche man „eine Lösung von Staaten, die bereit sind, rasch Geflüchtete aufzunehmen“, betonte Roth. Zugleich unterstrich er, dass sichere Häfen für die Schiffe der privaten Seenotretter gebraucht würden.
Der Geschäftsführer der UNO-Flüchtlingshilfe, Peter Ruhenstroth-Bauer, sagte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“, die Rettung von Menschen vor dem Ertrinken müsse höchste Priorität haben. „Durch die eingestellte Seenotrettung über die Mission Sophia ist die Flucht über das Mittelmeer wieder zur tödlichsten Fluchtroute der Erde geworden“, kritisierte er. (epd/mig) Aktuell Panorama
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