Nebenan
Der Sauhund
Vielleicht habe ich Markus Söder ja Unrecht getan. Jahrelang dachte ich mir: Wenn es redet wie ein Sauhund, geht wie ein Sauhund und aussieht wie ein Sauhund – kann es da wirklich ein stolzer Löwe sein?
Von Sven Bensmann Dienstag, 26.02.2019, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 27.02.2019, 23:24 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Doch seit sie den alten Senilen aus Ingolstadt abgesetzt haben, hat die CSU einige erstaunliche Schritte in Richtung gesundem Menschenverstand gemacht. Inwieweit das konkret auf Söder zurückzuführen ist, kann hier natürlich nicht geklärt werden, sicher ist aber, dass sich die CSU stark am Führerprinzip von (katholischer) Kirche und (vogelbeschissenem) Vaterland orientiert, und dass unter Seehofer diese Entwicklungen nicht stattfanden.
Die beiden bisher wichtigsten sind die Neuausrichtung der Partei als Regierungs-, weg von der Oppositionspartei und die Neuausrichtung der Partei weg vom völkischen Rassisten Orban, hin zu den westlichen Demokratien.
Die CSU war zwar seit der letzten Wahl weiterhin in Regierungsverantwortung, unter Seehofer scheint ihr dies aber nicht klar gewesen zu sein. Stattdessen war sie praktisch im Alleingang dafür verantwortlich, dass die Regierung in der Gesellschaft als zerstritten und handlungsunfähig galt und gilt – auch wenn Christian Lindner natürlich mittelbar einen Anteil daran hatte, indem er diese Regierung erst möglich machte.
Unter Söder hat sich dies aber merklich gebessert. In den letzten Wochen wurde keine größere Eselei dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt, keine Regierungskrise ausgelöst, die Bande zur Schwesterpartei sind sogar neu geknüpft worden, so dass die Abspaltung von CDU und CSU, die noch vor wenigen Monaten ernsthaft diskutiert wurde, heute wie ein wirrer Traum anmutet.
Gleichzeitig treibt Söders CSU auch auf Europaebene keinen Keil mehr in die EVP, in der sich respektable Steuerbescheisserle immer neuen Angriffen des – ebenso in der EVP organisierten und von der CSU lange hofierten Europahassers und Judenfeinds – Viktor Orban ausgesetzt sehen. Der „natürliche Verbündete“ des Dritten Reichs hatte auch den Kalten Krieg hindurch Kontakte in die CSU unterhalten, die ihm diese mit bislang unverbrüchlicher Treue zurückzahlte. Bis nun in erster Linie jener Manfred Streber, der für die CSU „irgendwas mit Brüssel“ macht, öffentlichkeitswirksam die Schnauze voll hatte und den Ausschluss Orbans und dessen Lumpenpacks aus der EVP forderte. Dass dies nicht mit München abgesprochen war, ist kaum möglich.
Und auch wenn dies zaghafte Schritte sein mögen: Söder scheint die CSU von der rechtspopulistischen völkischen Partei wieder auf den Grund unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung zurückführen zu wollen, um sie wieder zu einer rechten Volkspartei zu formen. Damit scheint Söder der Gegenentwurf zu dem zu sein, was die westlichen Demokratien so verpestet: Er ist kein rechter Demagoge, für den Fakten keine Rolle spielen und in seinem selbstgeschaffenen Bullshituniversum nur noch zu denen spricht, die seine Realität teilen. Söder scheint vielmehr jener bayrische Sauhund, mit dem man hart in der Sache, aber doch immerhin auf der Grundlage gemeinsamer Fakten produktiv diskutieren kann.
Das kann man beinahe schon als Kompliment verstehen. Und es wäre ein signifikanter zivilisatorischer Fortschritt, für die CSU und für ganz Bayern. Aktuell Meinung
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