UNHCR und Welthungerhilfe warnen
Flüchtlingspakt soll armen Ländern helfen
Die UNHCR setzt auf den Flüchtlingspakt große Hoffnungen. Das Abkommen soll mehr internationale Unterstützung für Staaten bringen, die besonders viele Flüchtlinge aufnehmen. Die Welthungerhilfe warnt sogar vor einer neuen Migrationsbewegung, wenn arme Aufnahmeländer nicht mehr Geld bekommen.
Von Mey Dudin Montag, 17.12.2018, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 17.12.2018, 17:59 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Der Asien-Direktor des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Indrika Ratwatte, hofft durch den UN-Flüchtlingspakt auf mehr internationale Unterstützung für Staaten, die besonders viele Flüchtlinge aufnehmen. Ein großer Teil der Flüchtlinge lande derzeit in armen Ländern, sagte er dem „Evangelischen Pressedienst“. Daher sei es wichtig, dass diese Regionen die Lasten nicht alleine trügen, sondern die Verantwortung für die Schutz suchenden Menschen international geteilt werde.
Der Flüchtlingspakt soll an diesem Montag von der UN-Vollversammlung verabschiedet werden. Flüchtlinge sollen laut dem völkerrechtlich nicht verbindlichen Abkommen einen besseren Zugang zu Schulen und zum Gesundheitswesen erhalten. Aufnahmeländer sollen durch humanitäre Finanzierung stärker entlastet werden. Der Flüchtlingspakt ist nicht zu verwechseln mit dem UN-Migrationspakt, der sich mit Aus- und Einwanderung aus wirtschaftlichen Gründen befasst.
Ratwatte wies darauf hin, dass die sowjetische Invasion in Afghanistan – die das Land in Krieg und bis heute andauernde Konflikte gestürzt habe – inzwischen fast 40 Jahre zurückliegt. Viele Afghanen flohen damals schon nach Pakistan, wo nach UNHCR-Angaben heute 1,4 Millionen registrierte Flüchtlinge leben. Auch im Iran lebten heute eine Million registrierte Flüchtlinge. Hinzu kämen jene Menschen, die sich undokumentiert in den Ländern aufhielten. Der Flüchtlingspakt müsse nun humanitäre und Entwicklungsakteure dazu bringen, gemeinsam Lösungen zu finden.
Info: UN-Pakt für Flüchtlinge Weltweit befinden sich 68,5 Millionen Menschen auf der Flucht, eine historische Höchstmarke. Der Globale Pakt für Flüchtlinge ist rechtlich nicht bindend und nicht zu verwechseln mit dem UN-Migrationspakt. Der Globale Pakt für Flüchtlinge soll die internationale Kooperation bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise stärken und gibt vier Ziele vor. Er soll erstens den Druck auf die Aufnahmeländer mindern. Mehr als 80 Prozent der Flüchtlinge haben in armen Staaten Schutz gefunden, viele davon in Afrika und im Nahen Osten. Das Abkommen listet Bereiche auf, in denen Hilfe geleistet werden soll: Von der biometrischen Registrierung der Flüchtlinge bis zur Trennung von Schutzbedürftigen und Kämpfern, die auch über die Grenzen gelangen. Zweitens soll die Eigenständigkeit der Flüchtlinge gefördert werden, etwa durch einen Zugang zu den nationalen Bildungssystemen. Sie sollen einfacher Jobs finden. Das alles geschieht auf Basis nationaler Gesetze. Zudem sollen drittens Umsiedlungs- und Aufnahmeprogramme für besonders hilfsbedürftige Flüchtlinge ausgeweitet werden. Das Abkommen zielt viertens darauf, die Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimat einzuleiten. Der Flüchtlingspakt fußt auf der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. Die UN-Vollversammlung hatte 2016 beschlossen, den Flüchtlingspakt auf den Weg zu bringen.
Rückkehr keine Option
Der UNHCR-Repräsentant erläuterte, dass in vielen Aufnahmeregionen Flüchtlinge in Schulen gingen, die auch von einheimischen Kindern besucht würden und wenig Geld hätten. Hier müsse Bildung und auch Gesundheit stärker unterstützt werden und zwar so, dass die Menschen vor Ort merkten, dass die Flüchtlinge für sie keine Belastung seien und nicht auf Kosten ihrer eigenen Kinder zur Schule gingen.
Auch Bangladesch müsse entlastet werden, das fast eine Million Rohingya-Flüchtlinge aus Myanmar aufgenommen habe. Zugleich müsse man aber mit Myanmar zusammenarbeiten, um Voraussetzungen für eine Rückkehr der Menschen in Sicherheit und Würde zu schaffen. Die geflüchteten Menschen kehrten erst dann nach Hause zurück, wenn sie wüssten, dass sie ihre Häuser wieder aufbauen, Essen auf den Tisch bringen und Zugang zu grundlegenden Leistungen haben können.
Welthungerhilfe warnt
Derweil warnt die Präsidentin der Welthungerhilfe, Marlehn Thieme, vor einer neuen Migrationsbewegung. Den Hilfsprogrammen der Vereinten Nationen in den betroffenen Ländern fehle das Geld für die notwendige Arbeit, sagte sie der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Zwar habe sich die Lage in den Lagern in der Türkei, in Jordanien und im Libanon seit 2015 verbessert, dennoch drohe ein Rückfall.
Flüchtlingen fehlt Perspektive
Allein für Syrien fehlten 30 Prozent der benötigten Gelder, sagte Thieme. „Und eine Perspektive für die Flüchtlinge, in ihre Heimat zurückzukehren, fehlt noch immer.“ In dem Bürgerkriegsland seien 13 Millionen Menschen auf Lebensmittelhilfe angewiesen.
Weltweit seien in den vergangenen zwei Jahren 17 Millionen hungernde Menschen hinzugekommen. „Das ist unerträglich“, sagte Thieme. 40 Millionen Menschen seien in ihren Heimatregionen auf der Flucht. „Die extremen Verteilungskonflikte, die dort entstehen, lassen die Debatten über Integration und Migration hierzulande geradezu erbärmlich erscheinen.“
Kritik an Bundesentwicklungsminister
Die Staatengemeinschaft leiste viel zu wenig zur Eindämmung von Konflikten, kritisierte Thieme. Deswegen werde auch der gerade verabschiedete UN-Migrationspakt Not und Elend kaum lindern.
Thieme warf Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) vor, dessen „Pakt mit Afrika“, der auf Privatinvestoren setze, greife viel zu kurz. „Das reicht bei weitem nicht aus. Die Ärmsten der Armen werden von Privatinvestoren nichts haben, weil sie in Regionen leben, in denen sich keine Geschäfte machen lassen.“ Drei von vier Hungernden in Afrika lebten auf dem Land. „Sie müssen durch staatliche Programme und Hilfsprojekte in die Lage versetzt werden, sich selbst zu ernähren.“ (epd/md/mig) Aktuell Panorama
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