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Unbeugsam und ausdauernd

Michelle Bachelet, die neue UN-Menschenrechtskommissarin

Sie hat Flucht und Folter am eigenen Leib erfahren. Als Präsidentin setzte sie umfangreiche Sozialprogramme um und ebnete den Weg für die Aufarbeitung der Verbrechen der Pinochet-Diktatur. Nun sind Menschenrechte offiziell ihr wichtigstes Anliegen. Von Susann Kreutzmann

Dienstag, 11.09.2018, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 12.09.2018, 15:47 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Michelle Bachelet hat Folter am eigenen Leib erfahren und weiß, wie es sich anfühlt, in einer Unrechtsherrschaft zu leben. Seit ihrer Erfahrung während der Militärdiktatur in ihrer Heimat Chile (1973-1990) in jungen Jahren setzt sich die frühere Präsidentin ihres Landes für Menschenrechte ein. Seit September 2018 ist die 66-jährige Sozialistin UN-Menschenrechtskommissarin und damit oberste Kämpferin gegen Unterdrückung und Willkür bei den Vereinten Nationen. Sie löst damit den jordanischen Prinzen Seid Ra’ad Al-Hussein ab, der nach vier Jahren aus dem Amt scheidet.

Bachelets Vater wurde von den Schergen des Regimes von Augusto Pinochet zu Tode gefoltert. Sie und ihre Mutter mussten in die ehemalige DDR fliehen. Unbeugsam und beharrlich hat sie in den vergangenen Jahren die Aufarbeitung der Diktaturverbrechen in Chile vorangetrieben und sich damit weltweit Respekt erarbeitet.

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Ungewöhnliche Karriere

Michelle Bachelet steht für eine der ungewöhnlichsten Karrieren in Lateinamerika. Fünf Jahre lebte sie in der ehemaligen DDR im Exil und brachte dort ihr erstes von drei Kindern zur Welt. An der Berliner Humboldt-Universität studierte sie Medizin, ehe sie 1979 noch vor Ende der Diktatur nach Chile zurückkehrte, um als Kinderärztin zu arbeiten.

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2002 wurde sie Gesundheitsministerin. Zwei Jahre später übernahm sie als erste Frau das Verteidigungsressort – eine Sensation in dem zutiefst von der Militärdiktatur geprägten Land. 2006 wurde Bachelet, die stets freundlich aber bestimmt auftritt, die erste gewählte Präsidentin in Lateinamerika. „Politik ist wie Medizin, aber in einem größeren Maßstab“, sagt sie rückblickend. Sie habe sich immer vom Wunsch leiten lassen, etwas für die Allgemeinheit zu tun.

Zu früh für Versöhnung

Die Erfahrungen als junge Frau durch die Diktatur haben diesen Wunsch mitgeprägt. Bachelet und ihre Mutter wurden nach der Festnahme des Vaters, einem bekannten Luftwaffengeneral der eine Mitwirkung am Putsch verweigert hatte, von der Geheimpolizei verschleppt. Im Folterzentrum Villa Grimaldi wurden sie misshandelt und konnten nur mit internationaler Hilfe fliehen. Mehr als 3.000 Menschen wurden während der Diktatur ermordet oder gelten bis heute als vermisst. 40.000 Menschen wurden aus politischen Gründen inhaftiert.

Als Verteidigungsministerin zeigte Bachelet ruhiges Selbstbewusstsein und zwingt dem Militär demokratische Reformen auf. Den Begriff der Versöhnung benutzt sie allerdings bis heute nicht. Das sei zu früh für viele Opferfamilien, sagt sie. Bachelet bevorzugt das spanische Wort „reencuentro“ – Wiederbegegnung, der Versuch eines vorsichtigen Aufeinanderzugehens.

Wendepunkt in Chile

Die erste Präsidentschaft Bachelets (2006-2010) gilt als Wendepunkt in der chilenischen Geschichte. Sie setzte Verbesserungen im staatlichen Gesundheitswesen um, brachte Sozialprogramme für arme Familien auf den Weg und begann eine Kampagne gegen Analphabetismus. Auch die Wirtschaft florierte und wuchs teilweise im zweistelligen Bereich. Bachelet, die volksnah und reformfreudig auftritt, war eine populäre Staatschefin.

2009 weihte Bachelet das Menschenrechtsmuseum in der Hauptstadt Santiago ein, das die Verbrechen der Pinochet-Diktatur dokumentiert und eine Erinnerungsstätte für die Opfer ist. Es war ihr ganz persönliches Projekt. Bachelet schied mit hohen Sympathiewerten aus dem Präsidentenamt – eine zweite darauffolgende Amtszeit erlaubt die chilenische Verfassung nicht.

Die Entschuldigung

2014 gelang ihr allerdings ein weiterer Wahlsieg. Doch ihre zweite Amtszeit (2014-2018) gestaltete sich schwieriger. Ein Korruptionsskandal in ihrer eigenen Familie kostete sie Sympathien und warf einen Schatten auf ihre Erfolge wie eine Gesundheitsreform und eine weitgehende Abschaffung von Studiengebühren. Kurz vor Ende ihrer Amtszeit brachte Bachelet in dem erzkatholischen Chile noch ein Gesetz zur Einführung der Homo-Ehe auf den Weg, das auch Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paar umfasst. Es war eines ihrer Wahlversprechen.

Wenige Wochen vor dem Ende ihrer Präsidentschaft ging sie noch einen weiteren wichtigen Schritt. Sie entschuldigte sich im Namen des chilenischen Staates für das Unrecht, das dem Volk der Mapuche zugefügt wurde. Zugleich stellte sie ein Programm vor, das die Rechte der Ureinwohner schützen soll. Damit ging Bachelet auf ihre Kritiker zu. Denn die Kritik, sie tue zu wenig zum Schutz der Mapuche, begleitete sie während ihrer gesamten Amtszeit. (epd/mig) Aktuell Panorama

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