Euro © Alf Melin @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG
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"Menschenfeindliches Kalkül"

Dobrindt fordert Hartz-IV-Kürzungen für abgelehnte Asylbewerber

CSU-Politiker Alexander Dobrindt will abgelehnten Asylbewerbern die Sozialleistungen kürzen. Zustimmung erntet er aus der CDU, Kritik von FDP und Linken. Jelpke wirft Dobrindt "menschenfeindliches Kalkül" vor.

Dienstag, 17.04.2018, 6:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 18.04.2018, 16:56 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, fordert eine Änderung der Hartz-IV-Gesetze. Demnach sollen abgelehnte Asylbewerber nicht mehr den vollen Satz in bar bekommen wie bisher. „Wir müssen das Asylbewerberleistungsgesetz ändern und klar unterscheiden zwischen denjenigen, die berechtigt in Deutschland Schutz finden und denjenigen, die kein Bleiberecht haben oder sogar ihre Ausreise selbst verhindern“, sagte Dobrindt der „Welt am Sonntag“.

Deutschland zahle heute mit die höchsten Sozialleistungen für Asylbewerber in Europa. Das setze falsche Anreize. „Außerdem müssen deutlich länger als heute nur gekürzte Leistungen bezahlt werden“, forderte Dobrindt. Bei abgelehnten Asylbewerbern sollte seiner Meinung nach zudem stärker auf Sachleistungen umgestellt werden.

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CDU untersützt Dobrindts Vorstoß

Dobrindt erntete für seine Forderung Zustimmung aus der CDU. „Durch eine konsequente Umstellung auf Sachleistungen würden die Anreize für eine Antragstellung in Deutschland deutlich reduziert“, sagte der CDU-Innenpolitiker Stephan Harbarth der „Welt“. Darüber hinaus sollte auch der Zeitraum von 15 Monaten, bis zu dem Asylbewerber und abgelehnte Asylbewerber abgesenkte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, deutlich verlängert werden, sagte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende. Ein entsprechender Vorschlag sei bislang am Widerstand der SPD gescheitert und deshalb in den Koalitionsverhandlungen nicht durchsetzbar gewesen.

Angesichts der vielen Asylanträge von Migranten, die zuvor schon in anderen EU-Staaten registriert wurden, sagte Harbarth: „Von zentraler Bedeutung ist vor allem, dass wir deutliche Leistungssenkungen möglich machen, sobald ein Hinweis darauf vorliegt, dass ein anderes EU-Land für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.“ Nötig sei ein „wehrhaftes Dublin-System“, das klarmache: „Eine Weiterreise lohnt sich nicht.“

Lindner fordert Abschiebung

Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner kritisierte die Vorschläge Dobrindts. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) solle sich stattdessen darum kümmern, dass abgelehnte Asylbewerber abgeschoben werden können, sagte Lindner der „Welt“. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hält Dobrindts Forderungen für inhuman: „Die Würde des Menschen ist unantastbar, steht im Grundgesetz und das gilt auch in Bayern“, sagte Bartsch der Zeitung. „Mit rechtswidrigen Vorschlägen Sieger beim Wettbewerb der Rechtspopulisten werden zu wollen, ist unwürdig.“

Scharfe Kritik erntet Dobrindts Vorstoß auch von Linke-Politikerin Jelpke: „Je miserabler man die Menschen behandelt, desto weniger Schutzsuchende kommen hierher – das ist offensichtlich das menschenfeindliche Kalkül des Landesgruppenchefs der Union.“ Menschen flöhen vor Krieg, Hunger und Tod. Das scheine die Union aber nicht zu interessieren. Lieber setze sie im bayrischen Wahlkampf auf „diskriminierende Stigmatisierung Schutzsuchender und nährt damit den braunen Sumpf“.

Migrationspolitische Kürzungen verfassungswidrig

Bei vielen Ausreisepflichtigen handelt es sich um Menschen, die aus gesundheitlichen, familiären oder humanitären Gründen nicht abgeschoben werden dürfen. „In diesem Status sind Menschen häufig über Jahre gefangen. Diesen Menschen jetzt die Leistungen noch weiter einzuschränken, ist üble Diskriminierung, die mit dem Grundgesetz unvereinbar ist“, kritisiert Jelpke und verweist auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgericht aus dem Jahr 2012. Danach sind Kürzungen aus migrationspolitischen Erwägungen verfassungswidrig.

Dobrindts CSU-Landesgruppe hatte schon auf ihrer Klausur in Seeon im Januar beschlossen, dass abgelehnte Asylbewerber erst später einheimischen Sozialhilfeempfängern gleichgestellt werden sollen. In dem Papier heißt es, die CSU wolle „den Zeitraum, bis zu dem Asylbewerber abgesenkte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, deutlich verlängern – von heute 15 auf 36 Monate“. (epd/mig) Aktuell Politik

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