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Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU)

"Ohne Haltung, Strategie und Überblick"

De Maizière wünscht muslimische Distanzierung von Terrorismus

Thomas de Maizière fordert von Muslimen eine deutlichere Distanzierung vom Terror. Außerdem wünscht sich der Bundesinnenminister von Muslimen mehr Unterstützung im Kampf gegen Terror. Dafür erntet er scharfe Kritik von den Grünen.

Montag, 28.08.2017, 4:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 31.08.2017, 16:01 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wünscht sich eine klare Distanzierung islamischer Religionsführer vom Terror im Namen Allahs. In Deutschland gebe es etwa 700 Gefährder, zudem etwa 10.000 Salafisten. Diese seien zwar nicht alle Terroristen, aber „die meisten Gefährder und Terroristen, die wir kennen, stammen aus dem salafistischen Lager – und die Radikalisierung geschieht oft über Geistliche oder geistliche Gespräche“, sagte de Maizière in einem SWR-Interview laut am Freitag vorab verbreiteter Mitteilung.

Der Innenminister wünscht sich deswegen auch mehr Unterstützung im Kampf gegen den Terror von muslimischer Seite. Im Gegensatz zu Barcelona gebe es in Deutschland keine Massendemonstrationen von Muslimen gegen den Terror. Gerade islamische Theologen und Religionsführer sollten aber sagen: „Schluss mit der Berufung auf Allah von Terroristen. Das wäre eine sehr gute Botschaft in die muslimische Gesellschaft hinein“, sagte de Maizière.

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Grüne kritisieren de Maizière

Scharfe Kritik erntet der Bundesinnenminister für seine Forderung vom religionspolitischen Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck: „So wird das nichts: Diese Anweisungen des Ministers von oben herab werden nichts fruchten. Das hätte man mal auf Augenhöhe in der Islamkonferenz besprechen können. Der Innenminister als Oberlehrer der Muslime wird kein integratives Rolemodell.“

Angesichts solcher Forderungen könne Beck die Muslime und ihre Verbände sogar verstehen. Eine Distanzierungsaufforderung rücke „einen eben immer in die Nähe des Gegenstandes, von dem man sich distanzieren soll“. Das sei ein Dilemna, verlange Fingerspitzengefühl, Respekt und klare Haltung statt „rhetorisches Tsching­de­ras­sa­bum“, erklärte Beck.

Beck: Regierung ohne Haltung, Strategie und Überblick

In der Islampolitik fehle es der Bundesregierung und den Koalitionsparteien an klarer Haltung, Strategie und Überblick. Es sei Zeit für einen Neuanfang, der die islamischen Organisationen auch bei ihrer gesellschaftlichen Verantwortung in die Pflicht nehme, aber auch der Mehrheitsgesellschaft Respekt für andere Glaubensüberzeugungen und -Praxen abverlange.

In Barcelona waren offenbar gut integrierte junge Männer von einem Imam zu den Attentaten aufgestachelt worden. De Maizière will deshalb auch in Deutschland verschärft gegen radikale Imame vorgehen: „Wir müssen bei den offiziellen Moscheen und den Hinterhof-Moscheen und bei sonstigen Radikalisierungen mehr aufklären, welche gefährlichen Strukturen dort entstehen“, unterstrich der Innenminister. (epd/mig) Leitartikel Politik

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  1. karakal sagt:

    Nachdem das Vorstandsmitglied des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Irmgard Pinn bereits dargelegt hat, warum solche Demonstrationen nicht nur unnütz, sondern für die Muslime sogar schädlich sind (http://www.migazin.de/2017/06/16/nichtmituns-hamsterrad-eine-absage-aufruf/), fordert dieser Bundesinnenminister in arroganter und ignoranter Weise von den Muslimen gerade das, was sie aus den von Irmgard Pinn erläuterten Gründen ablehnen, nämlich sich in ein Hamsterrad setzen zu lassen.

  2. Müllerin sagt:

    Auch wenn die Forderung von öffentlicher Distanzierung im Rahmen von Demonstrationen sicherlich das falsche Mittel ist, so denke ich doch, dass eine Distanzierung vom Terror notwendig ist. Wünschenswert wäre es auch meiner Sicht, wenn sich die islamischen Gemeinden stärker darum bemühen, die islamische Lehre von Interpretationen zu bereinigen, die Gewalt und Terrorismus als „islamische Pflicht“ lehren. Es sollte mehr darauf geachtet werden, wer was in der Moschee lehrt. Es fehlt der Mut, radikale Muslime zu enttarnen und stärker dazu überzugehen, den Einzelnen in seine Pflicht gegenüber Gott/Allah zu nehmen. Solange NUR den Gelehrten, denen die meisten Muslime unkritisch gegenüberstehen, den Islam definieren können, wird es immer wieder radikale Einflüsse geben, die gerade diejenigen erreichen, die über wenig islamisches Wissen verfügen und blind jedem in der Religion folgen, der vorgibt für den Glauben an Allah zu stehen.