Haft von Minderjährigen inklusive
Brüssel fordert schnellere Abschiebungen von Migranten
Die Zukunft der EU ist offen, doch in der Flüchtlingskrise lässt sich Brüssel keine Müdigkeit anmerken: Die Kommission wartet mit immer neuen Rat- und Vorschlägen auf. Am Donnerstag standen unter anderem Abschiebungen auf der Agenda.
Freitag, 03.03.2017, 4:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.03.2017, 21:52 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die EU-Kommission will Migranten ohne Bleiberecht schneller abschieben lassen und hat dazu Empfehlungen an die europäischen Hauptstädte und die Grenz- und Küstenwache Frontex gerichtet. „Wir müssen die Menschen in Not schützen, aber wir müssen auch dafür sorgen, dass diejenigen, die kein Recht auf Aufenthalt in der EU haben, zurückkehren“, erklärte Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos am Donnerstag in Brüssel. Amnesty International warf der EU-Kommission „Grausamkeit und Heuchelei“ vor.
Die Kommission empfiehlt den EU-Mitgliedsländern, „systematisch Rückkehrentscheidungen ohne Ablauffrist“ zu erlassen und Entscheidungen über das Ende des legalen Aufenthalts mit Rückführungsentscheidungen zu kombinieren. So sollen doppelte Arbeit und Zeit gespart werden. Wenn ein Verdacht auf Missbrauch des Asylsystems besteht, empfiehlt die Behörde beschleunigte Asylverfahren.
Inhaftierung bei Fluchtgefahr
Bei Fluchtgefahr sollen abzuschiebende Menschen inhaftiert werden. Haft kommt auch für Kinder oder Jugendliche in Frage. Die EU-Kommission schreibt, dass die „Mitgliedstaaten in ihrer nationalen Gesetzgebung die Möglichkeit, Minderjährige in Haft zu nehmen, nicht ausschließen sollten“ – sofern dies unumgänglich sei und unter Wahrung der Grundrechte.
Außerdem könnten sich nach dem Willen der EU-Kommission stärker als bisher Sicherheitskräfte aus denjenigen Ländern an Rückführungen beteiligen, aus denen die Migranten stammen. Solche Operationen mit fremden Sicherheitskräften könnten „Europas Rückführungs-Kapazitäten in kostengünstiger Weise steigern“, so die Behörde. Die Grenzschützer von Frontex sollten zu dem Zweck in das Training des Personals jener Länder investieren. Auch Rahmenverträge mit Fluggesellschaften werden empfohlen. Sie würden etwa ermöglichen, kurzfristig Plätze für Abschiebungen zu reservieren.
Amnesty kritisiert Komission scharf
Auch zu Programmen für die freiwillige Rückkehr von Migranten, bei denen diese eine Belohnung als Anreiz erhalten, gab die Kommission Ratschläge. Einerseits heißt sie dieses Mittel durchaus gut, um abgelehnte Asylbewerber und andere Migranten ohne Zwang wegzubringen. Sie ermahnt aber die Mitgliedstaaten, ihre Belohnungen anzugleichen. Sonst könnten sich Migranten gezielt die EU-Länder mit den besten Leistungen aussuchen.
Amnesty International kritisierte die Empfehlungen scharf, die „die Grausamkeit und Heuchelei“ der EU-Kommission in der Migrationspolitik offenlegten. „Die Inhaftierung von irregulären Migranten, die zu den verwundbarsten Menschen in Europa gehören, sollte ein letztes Mittel sein“, erklärte das EU-Büro der Menschenrechtsorganisation in Brüssel. Die EU-Kommission verfolge aber einen anderen, viel weiter gefassten Ansatz bei der Inhaftierung. Dass auch Kinder darunter fielen, sei „wirklich schockierend“, urteilte die Chefin des EU-Büros von Amnesty, Iverna McGowan.
Ein Jahr EU-Türkei-Abkommen
Zugleich mit den Empfehlungen legte die EU-Kommission Berichte zu weiteren Aspekten der Migrationskrise vor, darunter zum Flüchtlingspakt mit der Türkei. Der Pakt wurde vor knapp einem Jahr am 18. März 2016 geschlossen. Er erlaubt der EU, Flüchtlinge und andere Migranten von den griechischen Inseln zurück in die Türkei zu bringen, wenn sie in der EU kein Asyl erhalten.
Seither hat sich die Zahl der Neuankömmlinge in Griechenland drastisch verringert, in den vergangenen zwölf Wochen waren es im Schnitt am Tag noch 43, wie die Kommission errechnete. Trotzdem überwiegen die Neuankömmlinge bei weitem die Zahl der in die Türkei zurückgeführten Menschen. Die Zahl der Neuankömmlinge summierte sich der Behörde zufolge seit Anfang Dezember auf 3.449, während im selben Zeitraum nur 151 Menschen abgeschoben wurden.
Die EU-Kommission forderte deshalb Griechenland und die übrigen EU-Mitgliedstaaten auf, „die Dynamik bei der Umsetzung des Gemeinsamen Aktionsplanes für die Verbesserung der Lage“ auf den griechischen Inseln „beizubehalten“. Während Griechenland direkt für die Bearbeitung der Asylanträge und damit die Entscheidung über Rückführungen in die Türkei verantwortlich ist, haben sich die übrigen EU-Staaten zur Hilfe unter anderem durch das Entsenden von Asylexperten verpflichtet. (epd/mig) Leitartikel Politik
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