Deutsche Doppelstaatler betroffen
Protest gegen Trumps Einreiseverbot in Deutschland
Das von US-Präsident Trump verhängte Einreiseverbot stößt in Deutschland auf Protest. Die genauen Auswirkungen auch auf Deutsche mit zusätzlichem Pass sind noch unklar. Man setze alles daran, deren rechtliche Lage zu klären, sagte Kanzlerin Merkel.
Dienstag, 31.01.2017, 4:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.02.2017, 13:23 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Das Einreiseverbot des neuen US-Präsidenten Donald Trump für Bürger aus islamisch geprägten Ländern stößt auf scharfe Kritik der Bundesregierung. „Der notwendige und auch entschiedene Kampf gegen den Terrorismus rechtfertigt in keiner Weise einen Generalverdacht gegen Menschen bestimmten Glaubens, in diesem Fall Menschen muslimischen Glaubens, oder einer bestimmten Herkunft“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag in Berlin. Am Wochenende war in einer Stellungnahme von ihr zunächst von Bedauern die Rede gewesen. Nach der Empörung in der deutschen Politik wählte auch sie dann deutlichere Worte: Das Vorgehen widerspreche dem Grundgedanken der internationalen Flüchtlingshilfe und internationalen Kooperation, sagte die Kanzlerin.
Trump hatte am Freitagabend das US-Programm zur Aufnahme von Flüchtlingen für vier Monate ausgesetzt, bis auf weiteres einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien verhängt und die Einreisebedingungen für viele Muslime deutlich verschärft. In den kommenden 90 Tagen werden Bürger aus Syrien, dem Irak und Iran, Sudan, Jemen, Libyen und Somalia keine Einreisevisa erhalten. Tausende Menschen in den USA demonstrierten gegen den Erlass. Trump sieht darin eine Schutzmaßnahme gegen Terrorismus.
Neben Empörung verursachte der Erlass von Trump vor allem auch Fragezeichen in der deutschen Regierung. Man bemühe sich zu verstehen, „was da passiert ist“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, am Montag in Berlin. Dazu brauche man aber „Auslegungsunterstützung“ von denjenigen, die das Dekret verabschiedet haben. Welche Konsequenzen der Erlass etwa für Bürger aus den fraglichen Staaten hat, die aus den USA in den Schengenraum reisen wollen oder für deutsches diplomatisches Personal, ist seinen Worten zufolge noch unklar.
Deutsche Doppelstaatler betroffen
Einig war man sich darin, dass wohl auch deutsche Doppelstaatler von dem Dekret betroffen sein werden. Merkel versprach, Bundeskanzleramt und Auswärtiges Amt würden alles daran setzen, deren rechtliche Lage zu klären. EU-Kommissionssprecher Margaritis Schinas erklärte in Brüssel: „Wir werden natürlich sicherstellen, dass unsere Bürger keine Diskriminierung erleiden.“
Von dem Einreiseverbot des neuen US-Präsidenten Donald Trump ist mutmaßlich auch der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir betroffen. Der Grünen-Politiker, der auch stellvertretender Ministerpräsident ist, wies am Montag in Wiesbaden darauf hin, dass er als Sohn eines Jemeniten über eine doppelte Staatsbürgerschaft verfügt. Jemen gehört zu den Ländern, für die das Einreiseverbot Trumps gilt. Er habe zwar auch einen Diplomatenpass, aber keinen Diplomatenstatus, sagte Al-Wazir. Derzeit habe er allerdings keine Reise in die USA geplant.
Unter den Betroffenen in Deutschland ist auch der Grünen-Politiker Omid Nouripour. Er kritisierte den Erlass im Deutschlandfunk als „hart, grausam und sinnlos“. Der Linken-Politiker Niema Movassat, wie Nouripour Deutsch-Iraner, sagte, für ihn heiße „das nun konkret, dass ich als Entwicklungspolitiker weder dienstliche Reisen etwa zu UN-Organisationen oder zur Weltbank noch private in die USA unternehmen kann“.
US-Botschaft verweigert Eintritt
Die US-Botschaft veröffentlichte auf ihrer Facebook-Seite am Montag eine Stellungnahme, in der es heißt, dass Menschen aus den sieben betroffenen Ländern vorerst keine Termine für Visa-Interviews vereinbaren und oder bestehende Termine nicht wahrnehmen sollen. „Sie werden keinen Eintritt in die Botschaft/das Konsulat erhalten“, heißt es darin.
Movassat forderte, nach dem Erlass den höchsten Repräsentant der USA ins Auswärtige Amt einzubestellen, „um ein Zeichen zu setzen“. Am Montag reiste der Koordinator der Bundesregierung für die Transatlantische Zusammenarbeit, Jürgen Hardt (CDU), zu Gesprächen nach Washington. Vor seiner Abreise versicherte er, bei seinen Gesprächen im Senat, im Abgeordnetenhaus und mit Vertretern der neuen Administration auf die deutschen Vorbehalte hinzuweisen. „Dabei werde ich unsere Erwartung zum Ausdruck bringen, dass bei der Einreise alle Deutschen gleich behandelt werden – unabhängig von möglichen Zweitstaatsbürgerschaften“, sagte Hardt.
UN-Kommissar: Dekret böswillig
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Seid Ra’ad Al-Hussein bezeichnete Trumps Dekret als böswillig und erklärte, die Menschenrechte verböten Diskriminierung aufgrund der Nationalität. Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, warnte, auch der internationale Kulturaustausch werde durch diese Maßnahme „massiv behindert“.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums könnten weit mehr als 100.000 Deutsche mit Doppelpass betroffen sein, davon allein 80.000 Deutsch-Iraner. Wie ein Sprecher der Lufthansa dem epd sagte, waren bereits Passagiere der Fluggesellschaft vom Einreiseverbot betroffen. Unter anderem musste eine Hilfsorganisation, die Flüchtlinge in die USA bringen wollte, ihren Flug absagen. Andere Passagiere hätten nach Ankunft in den USA direkt zurückfliegen müssen. (epd/mig) Leitartikel Politik
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