Gefährliche Rhetorik
Politologe sieht fremdenfeindliche Muster in etablierten Parteien
Der Politologe Feustel sieht in der Rhetorik etablierter Parteien inzwischen eine Fülle von falschen Pauschalisierungen und fremdenfeindlichen Mustern. Er mahnt zu mehr Vorsicht vor "gefährlichen Deutungen" im politischen Alltag.
Dienstag, 24.01.2017, 4:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 24.01.2017, 21:47 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Leipziger Politologe Robert Feustel, mahnt zur „rhetorischen Vorsicht“ in der gesellschaftlichen Debatte. Viele „gefährliche Deutungen“ seien schon im politischen Alltag angekommen, sagte der Mitherausgeber des „Wörterbuches des besorgten Bürgers“ der in Berlin erscheinenden tageszeitung. So seien inzwischen auch in den etablierten Parteien falsche Pauschalisierungen und fremdenfeindliche Muster zu finden. Er habe die Hoffnung, so Feustel, dass die Erklärungen des Wörterbuches dabei helfen, in Diskussionen die „Nebelbomben, die die ‚Besorgten‘ rhetorisch zünden, zu entlarven“.
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Als Beispiel für agitatorische Sprache nannte Feustel unter anderem den immer wieder in der Debatte auftauchenden Begriff „Flüchtlingsfrage“. Abgesehen davon, „dass eine konkrete Frage nie gestellt wird“, sei die Assoziation mit der „Judenfrage“ der NS-Zeit offensichtlich. „So werden schleichend Konzepte aus dem nationalsozialistischen Gedankengut rehabilitiert“, unterstrich der Politologe. „Flüchtlingsfrage“ sei eine „leeres Wort, eine Art Container für Emotionen“.
Ein weiteres Beispiel für einen Begriff, bei dem nach Ansicht Feustels in erster Linie Aufklärungsarbeit zu leisten ist, sei „Umvolkung“. Der unter anderem von der rechtsextremen Identitären Bewegung genutzte Begriff stand in der NS-Zeit für die Vertreibung von „Nichtariern“.
Als Beispiel für die „Kraft der Entdifferenzierung“ in der Sprache bezeichnete Feustel die durch die Kölner Polizei im Zusammenhang mit Personenkontrollen in der Silvesternacht genutzte Abkürzung „Nafri“ für „nordafrikanische Intensivtäter“. Damit würden Menschen aus sieben Ländern umschrieben, von denen zwei, nämlich Syrien und der Libanon, nicht einmal in Nordafrika liegen. „Zudem assoziiert der Begriff unweigerlich, dass alle Menschen aus dieser Region eine Gemeinsamkeit haben: Sie sind – potenziell – kriminell.“
Sicher habe die Kölner Polizei aktiv werden müssen und vor einem Dilemma gestanden, sagte Feustel: „Aber es so anzugehen und zu kommunizieren ist ein Indiz für gefährliche Zeiten.“ Über „Racial Profiling“ und „Nafri“ als Ausdruck von Sippenhaftung müsse gestritten werden, unterstrich der Leipziger Politologe. (epd/mig) Aktuell Politik
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