Allensbach-Studie

In der „Generation Mitte“ wächst die Angst vor der Zukunft

Den Deutschen geht es so gut wie lange nicht - und trotzdem sehen sie die Zukunft düster. Laut einer Umfrage steigt bei den 30- bis 59-Jährigen die Angst vor sozialen Unterschieden, Terror, Fremdenfeindlichkeit und Flüchtlingseinwanderung.

Freitag, 09.09.2016, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:44 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Das Vertrauen in eine gute Zukunft ist vielen Deutschen innerhalb eines Jahres abhandengekommen. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach für den Verband der Deutschen Versicherungswirtschaft sehen nur noch 43 Prozent der 30- bis 59-Jährigen den kommenden zwölf Monaten mit Hoffnungen entgegen, wie Allensbach-Geschäftsführerin Renate Köcher am Donnerstag in Berlin sagte. 2015 waren es noch 57 Prozent. Zugleich blicken 42 Prozent mit Skepsis und Befürchtungen in die Zukunft, ein Anstieg um zwölf Prozent.

Die Analyse basiert auf der Befragung von mehr als 1.000 Männern und Frauen aus der „Generation Mitte“ im ersten Halbjahr 2016. Die Allensbach-Erhebung erfolgt jährlich für die deutschen Versicherer. Zwar beurteilen 75 Prozent ihre Lebensqualität als gut oder sehr gut und zeigten sich außerordentlich zufrieden mit ihrer persönlichen Lebensqualität. Zugleich wächst die Angst vor einer größer werdenden Kluft zwischen Arm und Reich und steigender Fremdenfeindlichkeit (68 Prozent), terroristischen Anschlägen (65 Prozent) und zu großem Flüchtlingszuzug (64 Prozent). Genau die Hälfte befürchtet zudem, dass der islamische Einfluss zu groß wird.

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Trendwende mit der „Flüchtlingskrise“

Köcher sieht darin eine bemerkenswerte Trendwende. In den vergangenen 15 Jahren sei die deutsche Gesellschaft immer offener gegenüber Zuwanderung geworden, sagte die Allensbach-Chefin: „Zuwanderung aus den EU-Staaten wurde nicht als Problem angesehen, weil der Arbeitsmarkt sie verarbeiten konnte.“ Das habe sich mit der „Flüchtlingskrise“ im vergangenen Jahr nun verändert. Auch werde Zuwanderung und Flüchtlingszuzug in der Wahrnehmung nicht voneinander getrennt.

So befürchten 60 Prozent, dass durch Zuwanderung Anhänger terroristischer Gruppen nach Deutschland kommen, und 52 Prozent, dass die Kriminalität steigt (2014: 40 Prozent). Dass Deutschland Zuwanderung braucht, weil hier zu wenig Kinder geboren werden, bejahen gleichzeitig nur noch 26 Prozent, 15 Prozent weniger als zwei Jahre zuvor.

Integration: Skepsis überwiegt

Auch die Integrationschancen für Flüchtlinge und Zuwanderer werden skeptischer betrachtet. Nur noch jeder Fünfte beurteilt diese mit „gut“ oder „sehr gut“, darunter auch viele Befragte, die selbst einen Migrationshintergrund haben, sagte Köcher. Die grundsätzliche Bereitschaft zur Integration ist für 88 Prozent Voraussetzung dafür, dass sie auch gelingen kann. 87 Prozent halten die Akzeptanz gleicher Rechte für Frauen und Männer und gute Deutschkenntnisse für unbedingt notwendig, 81 Prozent die Akzeptanz deutscher Grundprinzipien und Wertvorstellungen. Elf Prozent erwarten dabei auch die völlige Loslösung von kulturellen Sitten und Traditionen des Herkunftslandes.

Bei den persönlichen Zukunftsaussichten haben 60 Prozent Angst vor Verarmung im Alter (2015: 54 Prozent), 44 Prozent befürchten, dass ihr Einkommen nicht ausreichen wird (2015: 39 Prozent). Gravierender sind die Ängste beim Thema Kriminalität. 25 Prozent haben Angst, Opfer eines Gewaltverbrechens zu werden (2015: zehn Prozent), 22 Prozent vor einem terroristischen Anschlag (2015: zehn Prozent). Auch die Angst vor Diebstahl und Einbruch ist um sieben Prozentpunkte auf 35 Prozent angewachsen.

Einen vergleichbaren Stimmungseinbruch habe es in der Bevölkerung seit 1949 bislang nur sieben Mal gegeben, sagte Köcher, darunter nach dem Mauerbau 1961, der Ölkrise 1971, dem 11. September 2001 und der Finanzkrise 2008 und 2009. Nach ihrem Eindruck unterschätzen derzeit alle Parteien den Vertrauensverlust der Bevölkerung in die Politik. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel Studien

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