Nach Foltervorwurf
Bundespolizist bekommt zehn Monate auf Bewährung
Wegen des Besitzes von Waffen und Kinderpornos verurteilte ein Gericht einen Bundespolizisten zu einer Bewährungsstrafe. Ursprünglich wurde wegen mutmaßlicher Misshandlung von Flüchtlingen ermittelt - diese Vorwürfe bestätigten sich jedoch nicht. Das verwundert.
Mittwoch, 20.07.2016, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 24.07.2016, 20:16 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Wegen des unberechtigten Verbreitens dreier Fotos von einem festgenommenen Flüchtling und anderer Delikte ist ein Bundespolizist zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Das Bild eines am Boden liegenden und gefesselten Marokkaners, das der Angeklagte per Handy an einen Kollegen gesandt hatte, sei „der Polizei unwürdig“, urteilte Richter Koray Freudenberg am Dienstag vor dem Amtsgericht Hannover. Zum Strafmaß trugen zu einem erheblichen Teil auch der unerlaubte Besitz von Waffen sowie der Besitz kinder- und jugendpornografischer Bilder und Videos bei. Diese waren im Laufe der Ermittlungen im Haus des Polizisten gefunden worden (Az: 236 Ds 159/16).
„Wenn jemand in Polizeigewahrsam ist, hat er Schutzrechte“, betonte der Richter in seiner Begründung. Die Strafe wurde für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Der Verurteilte muss zudem 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit leisten. Der 38-Jährige hatte zu Beginn der Verhandlung die Taten gestanden. Dazu gehörten auch beleidigende Kommentare, die er zusammen mit dem Foto an den Kollegen versandt hatte. Beim Strafmaß folgte der Richter weitgehend der Staatsanwaltschaft. Diese hatte eine zehnmonatige Bewährungsstrafe und eine Geldauflage gefordert.
Forwürfe erhärteten sich nicht
Der Fall hatte vor einem Jahr bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Bei dem Opfer handelte es sich um einen damals 19-jährigen Flüchtling aus Marokko, der 2014 in einem Zug ohne Fahrschein und mit geringen Mengen von Marihuana angetroffen wurde. Ursprünglich erhobene Vorwürfe der Misshandlung, Erniedrigung oder gar Folter entpuppten sich im Laufe der Ermittlungen als Fiktion, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft dem epd erläuterte. So schrieb der Polizist in seinem Handy-Kommentar, der Marokkaner – ein Muslim – habe auf der Wache Schweinemett vom Boden essen müssen. Dies habe der Flüchtling bei der Vernehmung jedoch nicht bestätigt.
Auch einen weiteren Vorwurf ließ die Staatsanwaltschaft fallen. So soll der Bundespolizist bereits ein halbes Jahr vorher per Handy mitgeteilt haben, er habe einen jungen afghanischen Flüchtling geschlagen, gewürgt und an den Füßen gefesselt durch die Wache geschleift. Auch diese vermeintliche Misshandlung sei durch den später vernommenen Afghanen nicht erhärtet worden. Dabei hatte im Juni 2015 Staatsanwalt Thomas Klinge mitgeteilt, dass das Opfer in der Vernehmung bestätigt hat, „dass es in den Arrestzellen zu Misshandlungen zu seinem Nachteil gekommen“ ist.
Polizei hat Machtposition missbraucht
Verteidiger Ralf Jordan plädierte auf eine geringe Geldstrafe. Der Marokkaner sei äußerst „renitent“ gewesen, argumentiert er. Die Handy-Fotos hätten dokumentieren sollen, dass der Flüchtling unverletzt sei. Die Bundespolizei sei derzeit außergewöhnlich hoch belastet, betonte der Anwalt. Da sei es nachvollziehbar, wenn auch nicht zu billigen, dass ein Beamter seinem Frust durch unüberlegte Kommentare Luft mache. „Das ist wahrscheinlich ein Normalfall.“
Staatsanwältin Kathrin Söfker argumentierte, der Angeklagte habe in der Situation seine Machtposition ausgenutzt und missbraucht. Anklage und Verteidigung können innerhalb von einer Woche Berufung oder Revision einlegen. Die Bundespolizei hat ein Disziplinarverfahren gegen den inzwischen vorläufig suspendierten Bundespolizisten eingeleitet. (epd/mig) Aktuell Recht
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