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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) © MiG

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Familiennachzug von Flüchtlingen geringer als erwartet

Die Aussetzung des Familiennachzugs für syrische Flüchtlinge wurde von Union und SPD mit dem Argument eingeführt, die Regelung würde ohnehin nur wenige Familien treffen. Jetzt meldet das BAMF einen deutlichen Rückgang. Pro Asyl wirft dem Amt bewusstes Verhindern vor.

Donnerstag, 09.06.2016, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 14.06.2016, 18:41 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Deutschland muss sich wegen des Familiennachzugs in den kommenden Jahren auf Hunderttausende weitere Flüchtlinge aus Syrien einstellen. Das geht aus einer Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom Jahresende 2015 vor. Der Leiter des Nürnberger Bundesamtes, Frank-Jürgen Weise, mahnte unterdessen politische Lösungen im Umgang mit Flüchtlingen an.

Nach Zahlen des Bundesamtes seien 2015 etwa 428.000 Syrer nach Deutschland gekommen. Seit Anfang des Jahres seien 72.000 syrische Flüchtlinge eingereist. Entsprechend sei mit etwa 500.000 weiteren Flüchtlingen zu rechnen. Für jeden anerkannten syrischen Flüchtling sei ein Angehöriger – Ehegatte, Kind oder Eltern – zu rechnen.

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Jelpke: Zahlen sind Folge restriktiver Flüchtlingspolitik

Mit der vorliegenden Prognose widersprächen die Experten des Bundesamtes Vorhersagen der vergangenen Monate, die eine Verdreifachung oder Vervierfachung der Flüchtlingszahlen durch den Familiennachzug prognostiziert hätten, heißt es in dem Bericht.

Kritik kommt von der Linkspartei. Bei den Prognosen lasse das BAMF einen ganz entscheidenden Faktor außen vor: Im April 2016 etwa erhielten 4.116 Schutzsuchende nur diesen abgesenkten Schutzstatus statt einer Anerkennung nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Das sind mehr als doppelt so viele Fälle wie im gesamten Jahr 2015. Diese Entscheidungspraxis hat zur Folge, dass die Menschen mit subsidiärem Schutzstatus zumindest bis 2018 gar keine Möglichkeit haben, ihre Familien nachzuholen. Für sie wurde der Familiennachzug ab März 2016 für zwei Jahre ausgesetzt.

Pro Asyl: Familiennachzug wird bewusst verhindert

Ulla Jelpke (Die Linke) kritisiert, die Ankündigung der Bundesregierung, nur wenige Schutzsuchende seien von der Aussetzung des Familiennachzuges betroffen, sei damit „obsolet“. Schlimmer noch: „Wegen der viel zu lange dauernden Asylverfahren und der Probleme beim Familiennachzug sehen sich viele Schutzsuchende gezwungen, in ihre Herkunftsländer zurückzukehren, um dort ihren Familien beizustehen. Eigentlich wollten sie diese zu sich in Sicherheit nachholen, doch nun sehen sie keinen anderen Ausweg, als in die Länder zurückzukehren, wo ihnen Verfolgung und Tod drohen. Das sind die absehbaren Folgen der unmenschlichen Abschottungspolitik der Bundesregierung“, so die Linkspolitikerin.

Pro Asyl wirft BAMF und Innenministerium vor, die Entscheidungspraxis zu syrischen Flüchtlingen bewusst geändert zu haben, um den Familiennachzug zu verhindern. Dabei funktioniere der Familiennachzug auch für Berechtigte in der Praxis überhaupt nicht. Im Zeitraum Anfang 2014 bis Oktober 2015 seien nur 18.400 Visa für syrische Staatsangehörige zum Familiennachzug zu Schutzberechtigten erteilt worden – bei 127.000 Anerkennungen.

Weise: Flüchtlingszahlen politisch kontrollierbar

Der Leiter des Bundesamtes, Weise, sagte am Dienstagabend im Nürnberger Presseclub, die Zahl der ankommenden Flüchtlinge sei derzeit durch politische Vereinbarungen „unter Kontrolle zu halten“. Politik und Gesellschaft müssten sich aber jetzt überlegen, wie man sich verhalten wolle, wenn sich Menschen wegen Armut auf den Weg nach Europa machen.

Weise, der das Bundesamt seit September 2015 führt, will bis Ende dieses Jahres den Berg von mehr als 450.000 nicht bearbeiteten Asylanträge abgetragen haben: „Wir sind das den Leuten schuldig, sie nicht acht Monate nach der Flucht warten zu lassen.“ Zugleich betonte Weise, dass der Rückstand der nicht erledigten Fälle nicht in das Wahljahr 2017 getragen werden solle.

Einen Rückgang der Entscheidungszahlen in den vergangenen zwei Monaten begründete Weise mit der Einarbeitung der neu eingestellten Beschäftigten durch erfahrene Mitarbeiter. Aktuell seien 7.100 Mitarbeiter beschäftigt, 7.300 sollen es werden. (epd/mig) Leitartikel Politik

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