Asylprozess

Bundesverwaltungsgericht wirbt für Reformen bei Asylprozessen

Die Rechtssprechung in Asylsachen ist dem Bundesverwaltungsgericht zu uneinheitlich. Präsident Klaus Rennert will dies durch die Gewährung von mehr Rechtsmitteln ändern. Auch bei der Anordnung von Abschiebehaft strebt er Reformen an.

Donnerstag, 04.02.2016, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 04.02.2016, 21:54 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Flüchtlinge sollten nach Ansicht des Bundesverwaltungsgericht mehr Möglichkeiten bekommen, sich auf juristischem Wege gegen richterliche Entscheidungen zu wehren. Präsident Klaus Rennert sprach sich am Mittwoch in Leipzig dafür aus, die Rechtsmittelbeschränkung im Asylprozess zu überdenken. Ziel seines Vorstoßes ist eine Vereinheitlichung der Rechtssprechung und somit ein höheres Maß an Sicherheit für beteiligte Behörden und Gerichte. Langfristig könnte dies auch zu kürzeren Asylprozessen führen, so hofft der Präsident.

Derzeit haben Flüchtlinge nur selten die Möglichkeit, Entscheidungen aus Asylprozessen durch eine höhere Instanz überprüfen zu lassen. In Eilsachen ist nämlich ein Einzelrichter zuständig, gegen dessen Entscheidungen kein Rechtsmittel – wie zum Beispiel eine Beschwerde – eingelegt werden kann. Asylverfahren landen also selten an Oberverwaltungsgerichten oder gar am Bundesverwaltungsgericht.

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Durch die Zuständigkeit eines Einzelrichters, der keinen Kollegen „neben sich und auch keinen über sich“ habe, ergebe sich deutschlandweit eine äußerst uneinheitliche Rechtssprechung, sagte Rennert. Er schlug vor, in Eilsachen die Beschwerde und in Klageverfahren die Berufung zum zuständigen Oberverwaltungsgericht und auch die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zuzulassen. Durch die Sicherheit in der Rechtssprechung sollten Behörden und Gerichte langfristig profitieren.

Für Veränderungen warb Rennert auch bei der Frage, wer juristisch für die Anordnung von Abschiebehaft zuständig ist. Derzeit lägen diese Fälle bei den Amtsgerichten, erklärte der Gerichtspräsident. Dabei seien die Verwaltungsgerichte eigentlich für Asylverfahren zuständig und verfügten dabei auch über eine „besondere Sachkunde“. Der Grund für die verschobene Zuständigkeit sei simpel, erklärte Rennert: Es gebe schlicht viel weniger Verwaltungsgerichte als Amtsgerichte, die sozusagen „ein flächendeckendes Netz von Haftgerichten“ bildeten.

Natürlich sei es wenig sinnvoll, eine „Doppel-Infrastruktur“ aufzubauen, räumte Rennert ein. Als Kompromiss schlug er vor, die Anordnung von Abschiebehaft bei den Amtsgerichten zu belassen, die Nachprüfung auf Beschwerde hin aber zu den Oberverwaltungsgerichten und in einer weiteren Instanz ans Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu geben.

Das Bundesverwaltungsgericht selbst spürt wegen der Beschränkungen in den Rechtsmitteln noch nichts von den steigenden Flüchtlingszahlen in Deutschland. Im vergangenen Jahr gingen 36 neue Asylverfahren bei dem obersten deutschen Verwaltungsgericht ein, 2014 waren es 38. Insgesamt verzeichnete das Gericht im vergangenen Jahr 1.459 neue Eingänge, das war seit rund 15 Jahren erstmals wieder eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr. 2014 wurden 1.372 neue Verfahren gezählt.

Die Verwaltungsgerichte hätten natürlich weit mehr neue Asylverfahren zu bearbeiten, sagte Rennert. Er begrüßte, dass in den vergangenen Monaten in fast allen Bundesländern die Stellen an den Gerichten aufgestockt wurden. Für die Verwaltungsgerichtsbarkeit sei der Zustrom der Flüchtlinge „ein Segen“, sagte Rennert. Durch die Neueinstellungen könne an den Verwaltungsgerichten endlich eine „überfällige Verjüngung der Richterschaft“ eingeleitet werden, die aufgrund eines jahrelangen Personallabbaus immer nötiger geworden sei. (epd/mig) Aktuell Politik

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