Ländervergleich

„Freiwillige Rückkehr“ erfolgreicher als Abschiebungen

Im Streit um die Flüchtlinge mehren sich Stimmen, die ein härteres Vorgehen gegen abgelehnte Asylbewerber fordern. Ein Vergleich der Bundesländer zeigt nun, dass es die meisten Rückkehrer gerade nicht dort gab, wo Abschiebungen forciert werden.

Montag, 07.12.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 10.12.2015, 16:34 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Beim Umgang mit Flüchtlingen ohne Bleiberecht verfolgen die Bundesländer nach wie vor völlig unterschiedliche Ansätze. Dies geht aus einer von der hessischen Landesregierung angestoßenen Datenabfrage hervor, deren Ergebnisse dem Evangelischen Pressedienst vorliegen. Obwohl Bundes- und EU-Recht übereinstimmend regeln, dass sogenannte freiwillige Ausreisen gegenüber Abschiebungen zu bevorzugen sind, setzten Länder wie Sachsen oder das Saarland nach wie vor ganz überwiegend auf Zwangsmaßnahmen.

So meldete etwa Sachsen aus dem Zeitraum von Januar bis Ende Oktober 2015 nur 628 freiwillige Ausreisen, aber 1.253 und damit mehr als doppelt so viele Abschiebungen. Im Saarland lag das Verhältnis sogar bei mehr als eins zu drei. Umgekehrt konnten Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz eine große Anzahl von Flüchtlingen ohne legale Bleibechance dazu bewegen, durch eine eigenständige Rückkehr in ihre Heimatländer die Abschiebung zu vermeiden.

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Rückkehrhilfen in Rheinland-Pfalz wirken

Wegen der offenbar effektiven Rückkehrhilfen in Rheinland-Pfalz verließen sogar – gemessen an der Aufnahmequote – die meisten Asylbewerber das Bundesland, obwohl im Bundesvergleich nur sehr wenige Flüchtlinge von dort abgeschoben wurden. Mehr als 4.200 freiwilligen Ausreisen standen dort lediglich 439 Abschiebungen gegenüber. Gemessen an der Aufnahmequote in den jeweiligen Ländern gab es in Rheinland-Pfalz fünfzehnmal mehr freiwillige Rückkehrer als im Saarland und über hundertmal mehr als in Brandenburg, wo gerade einmal acht freiwillige Ausreisen aktenkundig wurden.

Dem vorliegenden Zahlenmaterial zufolge konnten auch Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein verhältnismäßig hohe Rückkehrerzahlen verbuchen. Die anteilsmäßig geringste Zahl an Rückführungen ausreisepflichtiger Flüchtlinge gab es demnach in Brandenburg, Bremen und dem Saarland. Aus Baden-Württemberg lagen nur Zahlen zu den Abschiebungen, aber nicht zu den freiwilligen Ausreisen vor.

Restriktivste Abschiebepolitik in Mecklenburg-Vorpommern

Die zahlenmäßig meisten Abschiebungen vermeldeten in dem abgefragten Zeitraum Bayern (3.259), Nordrhein-Westfalen (2.502) und Hessen (2.135). Im Verhältnis zur Zahl der aufgenommen Flüchtlinge standen allerdings mit Mecklenburg-Vorpommern (insgesamt 800 abgeschobene Ausländer) und Schleswig-Holstein (1.274) zwei kleinere Bundesländer für die mit Abstand restriktivste Abschiebepolitik.

Den ersten Ländervergleich dieser Art und das Abschneiden von Rheinland-Pfalz hatte vor einigen Tagen das Mainzer Integrationsministerium öffentlich gemacht, eine Veröffentlichung der für den internen Gebrauch bestimmten Zahlen der anderen Bundesländer jedoch abgelehnt. Die hessische Landesregierung hatte danach sogar die Existenz der Vergleichsdaten bestritten

„Freiwillig“ umstritten

Im rheinland-pfälzischen Landtagswahlkampf sieht sich die rot-grüne Regierung regelmäßig dem CDU-Vorwurf ausgesetzt, sie sorge nicht rigoros genug für die Rückkehr abgelehnter Flüchtlinge. Die Durchsetzung einer freiwilligen Ausreise gilt als deutlich humanere Alternative zu einer Abschiebung. Auch die Kosten für die öffentlichen Haushalte sind selbst bei Übernahme der Fahrtkosten noch deutlich geringer als bei einer Abschiebung.

Allerdings ist auch das Konzept der freiwilligen Rückkehr umstritten, da nach Überzeugung von Flüchtlingsorganisationen in den allermeisten Fällen kaum von einer wirklich freiwilligen Entscheidung der betroffenen Ausländer auszugehen ist. Im Jahr 2006 hatte eine Jury „freiwillige Ausreise“ noch zum Unwort des Jahres gekürt. (epd/mig) Leitartikel Politik

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