Rezension zum Wochenende
Meral Kureyshis „Elefanten im Garten“
"Elefanten im Garten" ist die Geschichte eines zehnjährigen Mädchens, das 1992 mit ihrer Familie vor dem Bürgerkrieg aus dem damaligen Jugoslawien in die Schweiz flüchtet. Meral Kureyshi hat ihr Debüt in einer zarten Sprache mit vielen Bildern geschrieben. Es sind ihre Erinnerungen, die sie in verschiedenen Zeitebenen dem Leser präsentiert. Es ist ein Roman über Tod und Verlust, aber auch über Neubeginn und Heimat.
Von Rukiye Cankıran Freitag, 27.11.2015, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 30.11.2015, 9:31 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
„Was hätte ich erzählen sollen nach den Ferien… ich hatte nichts zu erzählen…“ sagt Meral Kureyshi in ihrem Roman und erfindet „Elefanten, Giraffen und sogar Löwen im Garten ihrer Familie, damit sie in der Schule etwas aus dem Urlaub zu berichten hat.
Als zehnjährige flüchtete die Autorin mit ihrer Familie vor dem Krieg in die Schweiz. Ihr Buch beinhaltet viele biographische Elemente. Die Autorin hat aber auch jede Menge Phantasie. Ihre Erinnerungen schmückt sie mit Interpretationen und anderen Geschichten. Zum Beispiel mit denen, die ihr Vater ihr erzählte, als er noch lebte.
Meral Kureyshi erzählt von einem Leben, das von Armut und Sprachlosigkeit geprägt war. Mit der Flucht wurde sie aus ihrer Kindheit gerissen und verlor ihre Muttersprache. „Ich mag die deutsche Sprache nicht; sie ist meine Muttersprache. Meine Mutter spricht sie nicht. Mit dem Verlassen meiner Kindersprache habe ich mich selbst verlassen.“
Ihre Familie gehört zu der türkischen Minderheit im Kosovo. Sie sprachen dort türkisch. Ihre Kultur war von islamischer Tradition geprägt: Orientalische Süßspeisen, türkische Musik, Gebete und Rituale. In der Fremde muss die Familie ein neues Leben beginnen. Mit der Flucht aus der Heimat hat sie ihrer Identität verloren, muss eine neue Identität aufbauen. Das kleine Mädchen Meral muss neue Freunde finden. Das gestaltet sich schwierig, weil der Lebensstil ganz anders ist, als Meral es aus ihrer Heimat kennt. Die Sprache und die Kultur sind ihr fremd. Der Kampf der Familie ums Überleben, Schutz, Sicherheit und ein erfolgreiches Leben bringt viel Frust mit sich. Die Sprachprobleme und alltäglichen Sorgen, die die Autorin und ihre Familie haben, kennen die einheimischen Schweizer nicht.
Sehr bildlich schildert die Literatin dem Leser ihre Erinnerungen. Geboren 1983 in Prizren, studierte Meral Kureyshi am Literaturinstitut Biel und gründete ein Lyrik- und Literaturatelier in Bern. Ihr Erstling „Elefanten im Garten“ war für den Schweizer Buchpreis 2015 nominiert. Wenn auch ein anderer diesen Preis erhalten hat, Meral Kureyshi hat bewiesen, dass sie wunderbar erzählen kann. Sie weckt das Interesse des Lesers, lässt ihn mitfühlen und nimmt ihn mit auf eine Reise von verschiedenen Zeitebenen. Gerade mit der aktuellen Flüchtlingssituation wird deutlich, wie viele Menschen Reisen antreten müssen, die sie gar nicht machen wollen. Meral Kureyshis Buch ist klein, zart und irgendwie einfach nur schön! Aktuell Rezension
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