Horst Seehofer, Angela Merkel, Sigmar Gabriel, Pressekonferenz, Flüchtlingspolitik
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) (v.l.n.r.)

Transitzonen heißen Registrierzentren

Koalition vereinbart schnelle Abschiebung und verschärfte Residenzpflicht

Die Koalition hat sich im Streit um die Flüchtlingspolitik geeinigt. Union und SPD wollen Zentren für Asyl-Schnellverfahren schaffen. Das ist ein Kompromiss zwischen den Transitzonen der Union und den Einreisezentren der SPD.

Von Corinna Buschow Freitag, 06.11.2015, 8:27 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 11.11.2015, 15:25 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Weder Transitzone, noch Einreisezentrum: Die große Koalition hat ihren Streit in der Flüchtlingspolitik beigelegt und will spezielle Aufnahmeeinrichtungen schaffen, in denen Menschen ohne Bleibeperspektive ein besonderes schnelles Asylverfahren durchlaufen. Angelehnt werde das Schnellverfahren an das sogenannte Flughafenverfahren, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am frühen Donnerstagabend nach Gesprächen mit den Parteivorsitzenden von CSU und SPD, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel, in Berlin.

CDU-Chefin Merkel zufolge sollen vor allem Flüchtlinge aus sogenannten sicheren Herkunftsländern, die in der Regel kein Asyl bekommen, in diese speziellen Zentren gebracht werden. Die Verwaltungsverfahren sollen dort innerhalb von einer, ein mögliches Gerichtsverfahren in maximal zwei weiteren Wochen abgeschlossen sein. Drei bis fünf solcher Zentren sollen in Deutschland entstehen. Bayerns Ministerpräsident Seehofer sagte zu, die bereits bestehenden Einrichtungen in Bamberg und Manching dafür zu nutzen. Wo sonst noch Einrichtungen entstehen könnten, blieb offen.

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Verschärfte Residenzpflicht

Für Flüchtlinge in diesen Zentren gilt Merkel zufolge eine verschärfte Residenzpflicht, die den Bewegungsradius auf den Bereich der unteren Ausländerbehörde beschränkt. Verstoßen Bewohner dagegen, sollen sie dem Koalitionsbeschluss zufolge keine Sozialleistungen mehr erhalten. Außerdem ruht dann der Asylantrag. Auf Antrag könne er wieder aufgenommen werden – aber nur ein weiteres Mal, betonte Merkel.

Die drei Parteichefs unterstreichen in ihrem Einigungspapier, dass die Registrierung für Flüchtlinge Voraussetzung dafür sei, einen Asylantrag zu stellen und Sozialleistungen zu beziehen. Union und SPD wollen dafür einen einheitlichen Ausweis und eine Datenbank für Asylbewerber schaffen, die eine „jederzeitige, sichere und rasche Identifizierung der Flüchtlinge“ gewährleistet. Ein entsprechendes Gesetz soll noch in diesem Jahr in den Bundestag eingebracht werden.

Kein Familiennachzug

Die Union setzte sich in den Verhandlungen mit ihrer Forderung nach einer Aussetzung des Familiennachzugs durch. Sie soll für zwei Jahre für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz gelten. Davon ist nur eine Minderheit der Flüchtlinge betroffen. Die syrischen Bürgerkriegsflüchtlinge fallen beispielsweise nicht darunter, weil ihnen in der Regel Asyl nach der Genfer Flüchtlingskonvention zuerkannt wird. Union und SPD vereinbarten zudem, dass Flüchtlinge, die Sozialleistungen beziehen, auch einen Eigenanteil an den Kosten für Sprach- und Integrationskurse tragen müssen.

Alle Seiten äußerten sich mit dem Kompromiss zufrieden. Man sei einen „guten, wichtigen Schritt vorangekommen“, sagte Merkel. Gabriel sagte, bei den Vereinbarunge gehen es vor allem darum, zu helfen, zu ordnen und zu steuern. Seehofer betonte, der CSU sei es vor allem um eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen gegangen.

Die Koalitionspartner hatten sich vorher heftig über die nächsten Schritte in der Flüchtlingspolitik gestritten. Die Union wollte Transitzonen an der Grenze für schnelle Asylverfahren einrichten. Die SPD lehnte dies ab, weil sie haftähnliche Bedingungen für Flüchtlinge fürchtete. Die nun vereinbarten Aufnahmezentren erscheinen als Kompromiss zwischen den Transitzonen und den von der SPD vorgeschlagenen Einreisezentren. Parteichef Gabriel sah nach den Verhandlungen den Erfolg aber vor allem auf seiner Seite. Die SPD habe sich durchgesetzt, schrieb er im Anschluss auf Facebook: „Wir haben immer gesagt, dass es mit uns keine Transitzonen geben wird.“ (epd/mig) Leitartikel Politik

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  1. Ein fauler Kompromiss …
    Im Schnellverfahren prüfen, Einspruch? … es geht nur noch um Abschiebung und Abschreckung auf Teufel komm raus …
    hier darf die Frage erlaubt sein: was wollen die Drei Politiker uns verkaufen?
    Auf der „Pressekonferenz“ wurden keine Fragen zugelassen, warum?
    Sie hätten um Antworten ringen müssen … so meine Wahrnehmung.

  2. Cengiz K sagt:

    …Auf der „Pressekonferenz“ wurden keine Fragen zugelassen, warum?…

    Ja, ein neuer Trend, scheinbar.. Wie beim deutschen Sisi-Besuch..