Flüchtlingsdrama
Forderungen nach legalen Wegen nach Europa werden lauter
Der Tod von Flüchtlingen in einem Schlepper-Lkw hat die Debatte über die europäische Asylpolitik erneut entfacht. UN und Flüchtlingsorganisationen fordern sichere Einwanderungswege. Die Bundesregierung hingegen will stärker gegen Schlepper vorgehen.
Montag, 31.08.2015, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 31.08.2015, 22:17 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Fund von toten Flüchtlingen in einem Lkw in Österreich hat die Debatte über die europäische Asylpolitik neu entfacht. Flüchtlingsorganisationen und Opposition sehen sich in ihrer Forderung nach legalen Einreisemöglichkeiten für Asylsuchende bestätigt. Die mehr als 70 toten Flüchtlinge seien ein weiterer erschütternder Beleg für das Versagen des europäischen Asylsystems, sagte die Grünen-Vorsitzende Simone Peter am Freitag in Berlin.
Auch das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) rief die europäischen Staaten dazu auf, sichere Alternativen zu Schlepperbanden zu schaffen. Dazu gehörten humanitäre Aufnahme- und Umsiedlungsprogramme, eine flexible Visumspolitik und Programme zur Familienzusammenführung, sagte eine Sprecherin. Der Flüchtlingskrise müsse in einem Geist von Solidarität und Kooperation begegnet werden.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Pro Asyl argumentierte, durch offene Grenzen würde Schleppern die Geschäftsgrundlage entzogen. „Das Geschäft der Schleuser floriert immer besser, je höher die Zäune sind“, sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt im WDR-Radio. Weil die EU-Staaten ihre Grenzen dicht machen wollten, hätten Menschen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak keine andere Chance, als sich in die Hände von Schleppern zu begeben.
Am Donnerstag waren im österreichischen Burgendlandkreis in einem Lkw an der Autobahn vier Leichen in einem Lastwagen entdeckt worden. Am Freitag teilte die Polizei mit, dass insgesamt 71 Tote in dem Lastwagen waren, darunter vier Kinder. Es wird davon ausgegangen, dass die Opfer Flüchtlinge waren, die sich Schleppern anvertraut haben. In Ungarn wurden inzwischen drei Verdächtige festgenommen.
Die Bundesregierung betonte am Freitag, hart gegen Schlepper vorgehen zu wollen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, das Unglück werfe „noch einmal ein Schlaglicht auf die Natur des Schlepperwesens“. Die Schlepper dürften nicht als Helfer romantisiert werden. Es seien gewissenlose Geschäftemacher. Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), drängte auf eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik. Solange man sich darauf nicht verständige, „werden wir weitere Tote beklagen müssen“, sagte sie.
Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (CDU) forderte, stärker gegen Schlepper vorzugehen. Im SWR sprach er sich für drakonische Strafen aus, um den Schleppern bewusst zu machen, welches Risiko sie eingehen.
In Deutschland steigt indes die Zahl der Schlepper, die von der Bundespolizei aufgegriffen werden. Nach Angaben eines Sprechers wurden von Januar bis Juli 1.800 Schleuser festgestellt. Im ganzen Jahr 2015 lag die Zahl bei 2.149. 2013 waren es 1.535.
Grünen-Chefin Peter warnte dennoch, wer nur die Schlepper in den Fokus nehme, werde noch viele weitere Opfer zu Wasser und zu Lande zu verantworten haben. Die Linken-Innenpolitikerin Ulla Jelpke sagte, die europäische Flüchtlingspolitik bilde die eigentliche Voraussetzung für die organisierte Fluchthilfe durch Schlepper.
Auch die evangelisch-lutherische Kirche in Österreich erklärte, legale Zugänge nach Europa seien der einzige Weg, dem Schlepperwesen den Boden wegzuziehen. Bischof Michael Bünker sagte, durch eine Abschottung der „Festung Europa“ und eine schärfere Verfolgung der Schlepperei werde kein Mensch, der in Europa Schutz vor Krieg suche, abgehalten. (epd/mig) Aktuell Politik
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