Dahoam Deitsch ren
Plausibel, nachvollziehbar und doch populistisch
Für die einen ist es Integrationspolitik, für andere Assimilation und für die Opposition Populismus. Unterm Strich haben sie alle Recht, nur die CSU nicht, wenn man sie an ihrer eigenen Politik misst. Denn ausgerechnet die CSU tut sehr viel, um den Spracherwerb zu erschweren.
Von Radoslav Ganev Montag, 15.12.2014, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 16.12.2014, 17:43 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Seit Tagen erntet die CSU für den Vorschlag, Migranten sollten doch zu Hause auch Deutsch sprechen, Hohn und Spott. Der politische Gegner wittert da schon die Tendenz zur „Verbotspartei“ mit einem „Vegie-Day-Charakter“ und der Rest der Republik rätselt darüber, inwiefern Oberbayrisch als Deutsch bezeichnet werden könne. Dabei ist die Forderung der Christsozialen relativ nachvollziehbar und plausibel.
Am Ende einer gelungenen Integration sieht die CDU-Schwesterpartei nämlich folgende Dinge: Die deutsche Staatsbürgerschaft (beim gleichzeitigen Verzicht auf die bisherige) und die Identifikation mit der deutschen/bayrischen Lebensweise sowie ein klares Bekenntnis zu den christlich-abendländischen Werten. Dabei ist die perfekte Kenntnis der deutschen Sprache selbstverständlich unabdingbar und wichtiger als die Herkunftssprache. Andere Menschen verstehen darunter Assimilation.
Ganz unabhängig davon, ob man nun dieses Integrationsziel gut findet oder nicht, offenbart sich hier der populistische Beigeschmack des (mittlerweile geänderten) Leitantrages der CSU. Wenn man nämlich eine gelungene Integration und Sprachkenntnisse fördern will, muss man auch Strukturen setzen. Damit Migranten-Familien miteinander Deutsch reden können, müssten flächendeckend bezahlbare Kurse für Erwachsene angeboten werden. Was bringt es, wenn Elternteile mit gebrochenem Deutsch den Fortschritt aus der Schule oder dem Kindergarten zunichtemachen?
Des weiteren müssten diese Familien dazu ermuntert werden, ihre Kinder frühzeitig in Kindertagestätten den Kontakt zu anderen Deutschsprechenden suchen zu lassen. Ferner sollte man sich bemühen Schüler unterschiedlicher Herkunft möglichst lange zusammen lernen zu lassen. Die viel zu frühe Segregation trägt oftmals dazu bei, dass Kinder, die die Sprache ohnehin nicht gut beherrschen unter sich bleiben. Auch die Abhängigkeit des Schulerfolgs vom sozio-ökonomischen Status der Eltern müsste abgekoppelt werden.
Die betriebene Politik, spricht jedoch eine gänzlich andere Sprache. Die Förderung von Kursen für zugewanderte Mütter wurde gestrichen, das Betreuungsgeld setzt den Anreiz, Kinder zu Hause zu behalten und somit von der deutschen Sprache fern. Darüber hinaus bestätigte ein Sprachinstitut, dass Bayern den am wenigsten geeigneten Sprachtest für Kleinkinder hat. All dies lässt die Forderung der CSU doch zweifelhaft wirken. Stand hinter diesem Antrag wirklich der Versuch den Spracherwerb oder Vorurteile zu fördern?
Dass der Integrationsbeauftragte der bayrischen Staatsregierung, Martin Neumeyer, nur unzureichend bei der Formulierung des Leitantrages beteiligt war, ist ein weiteres Zeichen der unseriösen Intention. Anscheinend war das Interesse, die Fachkenntnis vom „Türken-Martin“ (wie er liebevoll von seinen Parteikollegen genannt wird) einfließen zu lassen, nicht besonders groß. Dieser hat nicht nur die Machbarkeit einer solchen Forderung kritisiert, sondern auch die Bedeutung und Bereicherung des zweisprachigen Aufwachsens betont.
Was übrig bleibt, ist eine leere Hülse, eine Forderung, die weder ernst gemeint zu sein scheint, noch umsetzbar ist und deswegen verdientermaßen zur Belustigung in der Republik führt. Selbst wenn man die Assimilation anstrebt und will, dass Menschen mit Migrationshintergrund „dahoam gfälligst deitsch ren“, müsste die CSU wesentlich mehr dafür tun. Aktuell Meinung
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