Arm durch Arbeit
SPD und die Integrationskurse – vor und nach der Wahl
Die SPD hatte vor der Wahl einige gute Gedanken zu den Integrationskursen geäußert. Was ist daraus nach der Wahl geworden? Nicht viel, schreibt Georg Niedermüller, Lehrkraft an Integrationskursen:
Von Georg Niedermüller Freitag, 19.09.2014, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 11.05.2015, 16:20 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Im Februar 2012 hat die SPD-Bundestagsfraktion in Berlin ein Fachgespräch wegen der „miserablen sozialen Situation der Honorarlehrkräfte in Integrationskursen” geführt, zu dem auch Lehrkräfte eingeladen worden waren. Es wurde auch von einem „ersten Antragsentwurf” gesprochen.
Jung und naiv ist man damals auf eigene Kosten nach Berlin gefahren, weil man glaubte, dass die sozialdemokratische Partei tatsächlich etwas gegen die Einkommensarmut der Lehrkräfte tun will, schließlich hat die SPD die Integrationskurse selbst eingeführt. Man glaubte, dass es sich um einen großen Irrtum handelte, den man beheben könnte, wenn man nur mit seinen Volksvertretern spricht.
Das Ergebnis war, dass die SPD nach dem Fachgespräch komplett dichtgemacht hat und sämtliche kritischen Meinungsäußerungen zu den Integrationskursen eingestellt hat. Der „erste Antragsentwurf” ist wahrscheinlich nie in den Bundestag eingebracht worden, und er wurde von den Lehrkräften durchaus kritisch gesehen. Das größte Problem war, dass die SPD sich nicht klar dazu bekennen wollte, dass Arbeitgeber sich auch an den Sozialversicherungsbeiträgen beteiligen müssen. Es wurde herumphilosophiert, dass die Volkshochschulen ja eigentlich keine richtigen Arbeitgeber seien, woraus dann logisch folgt, dass die Abgeordneten der SPD im Bundestag auch keine Gelder bereitstellen müssten, mit denen die Volkshochschulen sich an den Sozialabgaben beteiligen könnten. Das ist bis heute Stand der Dinge. Von dem, was die Abgeordneten des Innenausschusses für die Integrationskurse bereitstellen, kann keine Lehrkraft angemessen bezahlt werden. Hier liegt die Wurzel des Übels.
Wenn man sich jahrelang mit prekärer Arbeit im Bildungsbereich beschäftigt, und dieser Zustand auch von PolitikerInnen als „miserabel” angesehen wird, dann fragt man sich, ob unsere Abgeordneten es nicht besser können oder ob sie es nicht besser machen wollen. Die Antwort dürfte klar sein: Die Armut von Lehrkräften, die in diesem Land eine sinnvolle Tätigkeit ausüben, ist von diesen Abgeordneten durchaus gewollt. Es handelt sich nicht um ein Versehen, sondern es geht tatsächlich darum, Menschen um den verdienten Lohn ihrer Arbeit zu bringen. Das klingt perfide, aber anders lässt sich die Haltung der Politik nicht erklären.
Solange die Lehrkräfte keinen Generalstreik vom Zaun brechen und der Wirtschaft keinen Schaden zufügen interessiert es innerhalb der Regierungskoalition keinen, ob die Menschen von ihrem Geld leben können oder nicht. Solange die Abgeordneten nach außen so tun können, als ob sie Integration für eine wichtige Sache halten, brauchen sie sich um die Qualität der Sprachkurse nicht zu kümmern. Die SPD braucht auch nichts dazu sagen, dass die Kinderbetreuungsmöglichkeiten in den Kursen weggefallen sind und dass nun viele Mütter nicht mehr die Möglichkeit haben, an den Sprachkursen teilzunehmen.
Viele Lehrkräfte berichten mittlerweile, dass sie die Arbeit in den Integrationskursen hingeschmissen haben, weil es sich nicht lohnt und weil politische Veränderungen nicht in Sicht sind. Eine Lehrkraft beschrieb vor einigen Tagen, was ihm ein SPD-Bundestagsabgeordneter sagte: Er könne als Akademiker auch mit über 40 Jahren jederzeit eine besser bezahlte Tätigkeit finden und solle aus dem DaF Bereich aussteigen. Dieser Abgeordnete hat recht. Und er hat als einer der Wenigen in der SPD den Mumm, die Wahrheit über die vermeintliche „Erfolgsgeschichte” der Integrationskurse zu sagen. Aktuell Meinung
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