Österreichische Befindlichkeiten
Kleiner Staat im großen Drohnengeschäft
Immer mehr Menschen werden Opfer von immer mehr Drohneneinsätzen. Mittlerweile ist die Geheimwaffe nicht mehr geheim und die angeblich zielgenauen Tötungen von vermeintlichen Terroristen haben sich als zielgenaue Lüge für das Publikum in den Herstellerländern dieser Massenmordwaffen entlarvt. Beachtenswert, dass nicht nur Drohnenentwicklung und -produktion, sondern auch ein erster Einsatz in Österreichs Geschichte zu finden sind.
Von Helga Suleiman Dienstag, 26.11.2013, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 29.11.2013, 6:52 Uhr Lesedauer: 6 Minuten |
Präsident Obama ist seines Feigenblatts Friedensnobelpreis verlustig gegangen. Die Schalmeientöne zu Amtsbeginn haben sich als Fanfaren des Schlachtfelds herausgestellt. Auf Obamas Forderung zu einem Stopp der israelischen Siedlungspolitik antwortete Israels Netanjahu mit Drohnenangriffen auf Gaza: 72 Bomben, die 36 Tote und 100 Verletzte forderten, wurden von 14. bis 21.11.2012 auf das Gebiet mit einer Bevölkerungsdichte von 3.881 EinwohnerInnen pro km2 abgeworfen.
Was war die Ankündigung Obamas? Ein Code für den Einsatzbefehl der israelischen Luftwaffe?
Die Angriffe zeigen die Fratze eines Krieges, der seine Spur durch Afghanistan, Pakistan, Jemen, Somalia und Gaza zieht. Es ist keine Neuigkeit, dass die Generäle aller Kriege die Zivilbevölkerung selbstverständlich auch als Angriffsziel in ihre Planungen integrieren. Es geht darum, Rückhalt und Moral der Bevölkerung zu brechen. Die Niederlage des Gegners soll total sein, und das ist nur möglich, wenn der Aggressor so übermächtig wirkt, dass jeder Widerstand zwecklos erscheint.
Drohnen haben diesen Auftrag. In Afghanistan laufen Menschen, die sich zu Hochzeiten und Festen versammeln, Gefahr, durch einen Drohnenangriff die gesamte Familie zu verlieren. Mit dieser Abschreckungsstrategie werden soziale Strukturen zerstört, die Kommunikation der Menschen untereinander verhindert und sie in die Isolation getrieben. Das Kalkül dahinter: Wer alleine ist, ist anfälliger für Überlebensangst. Dass Kinder am meisten unter solchen Lebensbedingungen leiden, muss nicht erst durch Studien belegt werden. Zwischen 168 und 197 Kinder sind nach Schätzungen bislang von Drohnenbomben in Pakistan getötet worden.
Auch die völkerrechtliche Illegalität der Drohneneinsätze steht außer Frage. Außerhalb eines bewaffneten Konflikts sind solche Angriffe absolut illegitim. Die USA befinden sich weder mit Afghanistan, Somalia, Jemen, Sudan oder Pakistan in einem Kriegszustand. Das sind die Länder, in denen die meisten Bomben abgeworfen werden. Zudem sitzen Mitglieder von Geheimdienstorganisationen vor den PC-Tasten, die über Leben und Tod entscheiden. Für sie gilt das menschenrechtliche Tötungsverbot. Stattdessen rechnen solche Henker alle Männer und Jugendlichen die sich im Zielgebiet der Drohne aufhalten zu Kombattanten. Es ist unglaublich. Wer stirbt, war ein Terrorist. Beweis: Dieser Mensch war im Tötungsradius der Bombe.
Informationen dieses Artikels aus: Peter Strutynski (Hg): Tö- ten per Fernbedie- nung. Kampfdrohnen im weltweiten Schattenkrieg. Promedia Verlag, 2013. Darin: Franz Sölkner: „Fähigkeits- lücken“ des Bundesheeres und die österreichische Drohnenwirtschaft.
Dass Drohnenangriffe Instrumente des Massenmords sind, zeigt die unter Obama eingeführte „douple-tap“ Taktik: Dem ersten Bombenangriff folgt nach 30 Minuten ein zweiter, der alle Helfer töten soll. Bei solch einem Angriff auf eine öffentliche Gerichtsversammlung starben am 20.3.2011 im Nordwesten Pakistans 45 Menschen. Der Protest der pakistanischen Regierung wurde von den USA vollständig ignoriert.
Der Drohneneinsatz bietet für die US-amerikanische Regierung unter Obama eine Reihe von Vorteilen. Der Einsatz von Soldaten kann reduziert werden. Damit läuft man nicht Gefahr, zu viele tote oder traumatisierte und verletzte Soldaten der eigenen Bevölkerung präsentieren zu müssen. Das kann Widerstand hervorrufen, wie die Erfahrungen aus Vietnam- und Irakeinsätzen zeigen.
Der internationalen Öffentlichkeit werden Truppenabzüge präsentiert, um ein Bild der gelungenen Befriedung zu vermitteln. Statt Soldaten werden Drohnen zur Tötungsmaschinerie.
Auch die Beteiligung anderer Staaten an Drohneneinsätzen gestaltet sich wesentlich einfacher, denn an „Forschungsarbeiten“ mitzuwirken, riecht nicht sofort nach Blut. Auch karriereorientierte IT-Spezialisten können sich, tausende Kilometer von den Opfern entfernt, wie in einem Computerspiel fühlen, wenn sie Ausbildung und Arbeit absolvieren.
Die deutsche Regierung strebt, wie viele andere Staaten auch, nach dem Erwerb von Drohnen. Ein massiges Geschäft bahnt sich an. Wer mitmischen will, hat nicht viele Fragen zu stellen. Dem beugt sich auch die parlamentarische Opposition von SPD und Grünen, die nicht wissen will, wofür der deutsche Verteidigungsminister beabsichtigt 16 bewaffnete Drohnen zu kaufen. Dass die drei vorhandenen Aufklärungsdrohnen in Deutschland aus der Produktion des israelischen Apartheidregimes stammen, macht deutsche WählerInnen mitverantwortlich für die Verbrechen gegenüber der palästinensischen Bevölkerung.
Wie so oft, leistet auch Österreichs dazu seinen zynischen Beitrag. Anfang April 2013 kündigte Verteidigungsminister Klug den Ankauf von 18 Aufklärungs- und Überwachungsdrohnen an, mit geplanter Aufstockung um 50 Stück bis 2013. Sechzehn Millionen Euro werden dafür ausgegeben. Angekauft werden sollen die Drohnen aus Israel, Deutschland, USA und Österreich selbst. Nicht umsonst lässt zum Beispiel die Fachhochschule Joanneum Graz seit 2005 StudentInnen an der zivilen Forschungsdrohne Airborne basteln. „Zivile“ Drohnen werden auch zur Grenzüberwachung eingesetzt, um jenen Menschen, die genau aus solchen Regionen flüchten, in denen die bombenbestückten Geräte der selben Gattung ihr Leben bedrohen, den Zugang zu Asyl zu verweigern.
Auch an der Version Killerwaffen wird mitgearbeitet. In Kärnten gibt es einen Cluster, der bereits mit großen Rüstungsfirmen wie EADS (BRD) und Thales (FR) gut vernetzt ist. Kein Wunder, geht es doch um die Entwicklung von intelligenten Kameras, die Bilder selbstständig analysieren und Personen finden und sie verfolgen können. Etliche österreichische Firmen bieten eigene Prototypen oder Dienstleistungssoftware für im Ausland gekaufte Drohnen an. Ein besonderes Beispiel ist die Firma Schiebel, Weltmarktführer bei Minensuchgeräten mittels eines US-Armee Großauftrags in den 1990iger Jahren. Zusammen mit der Technischen Universität Wien entwickelte die Firma eine Überwachungsdrohne, mit der sie dick ins Geschäft einstieg. 60 dieser Camcorder-Drohnen wurden an die Vereinigten Arabischen Emirate geliefert. Zwei Fabriken wurden dafür neu gebaut, eine in Abu Dhabi und eine in Wiener Neustadt. Eingesetzt wurde die Drohne von diversen Armeen Europas an der somalischen Küste. Exportiert wurde sie weiterhin nach Südkorea und Ghaddafis Libyen, zu dessen Förderung als Bollwerk gegen unerwünschte EinwanderInnen Richtung EU. Trotz EU-Waffenlieferungsverbotes wurden Drohnen an China geliefert, von denen eine sich auf einem chinesischen Kriegsschiff wiederfand. Der fragwürdige Tod eines Schiebel-Mitarbeiters in Peking wirft ein skurriles Licht auf diese Firma. Aktuell Ausland Meinung
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Europa verdient mit am „war on terror“.. schon immer.. irgendwann wird das auch beim letzten „hurra-lasst-die-Lampedusaner-ersaufen-Kameraden“ angekommen sein.. Zahlreiche Artikel zur Finanzierung der deutschen „innovationskraft“ kann man/frau in der Sued*deutschen derzeit nach lesen.. Nicht nur Österreich verdient an Tod und Elend..
@Cengiz K
Seltsam, immer wenn Sie über Europa schreiben, dann habe ich das Gefühl sie würden irgendwo im Ausland sitzen und Europa wäre gaaanz weit weg. Wer sollen diese “hurra-lasst-die-Lampedusaner-ersaufen-Kameraden” sein? Hab von denen hier in Europa noch nie was gehört, aber es klingt, als wollten Sie den Menschen etwas unterstellen. Sorry, aber ich kann ihre Reduzierung Europas auf die vorh. Schwächen nicht ganz ernst nehmen!
Sie betreiben antieuropäische (und antiwestliche) Hetze! Sorry, aber trotz Drohnenprogramm ist Europa in meinen Augen moralisch den meisten Ländern dieser Welt immer noch überlegen!