Die Opernmäuse

Große Kultur für die Kleinsten

„Die Opernmäuse“ ist das neue Projekt der Deutschen Oper Berlin für Begegnung und Austausch zwischen dem Opernhaus und den jüngsten Zuschauern. Kultur für Kinder zum Staunen und Mitwirken, jenseits der sozialen und kulturellen Grenzen.

Von Vykinta Ajami Donnerstag, 13.12.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 18.12.2012, 22:52 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Fünfzig 5 bis 9-jährige Berliner treffen sich einmal im Monat im Kinder Opern-Club der Deutschen Oper Berlin und lernen die Bühnen- und Kulissenwelt kennen. Das Projekt hat Kinder aus verschiedenen Bezirken Berlins angesprochen. Multikulti ist nicht zu übersehen – vielfältig, wie Berlin auch ist.

Die „Opernmäuse“ war die Idee von Katharina Mohr, der neuen künstlerischen Leiterin der Kinder- und Jugendarbeit an der Deutschen Oper Berlin. „Dieses Programm schafft Begegnung. Unser Ziel ist, die Oper für alle Altersgruppen und alle Sozialschichten zugängig zu machen. Es freut mich sehr, dass es eine bunte Mischung aus allen geworden ist, die sich gegenseitig begegnen und bereichern wollen. Wir haben sowohl Kinder, deren Eltern Opernstammgäste sind, die sich hier engagieren und vielleicht schon seit Jahren im Förderkreis der Oper sind, als auch Kinder aus den Familien, die noch nie in einer Oper waren. Eine breite Palette eben mit ganz viel dazwischen“, sagt Katharina Mohr.

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„In meiner bisherigen Arbeit mit jungen Menschen habe ich beobachtet, dass die Nachfrage an Jugend- und Kinderarbeit in einem Opernhaus sehr groß ist“, ergänzt Mohr. Die Ideen der gebürtigen Hamburgerin fanden im Berliner Opernhaus Anklang und stießen auf Zustimmung. Und schon in den ersten Monaten ihrer Arbeit in Berlin zeigen sich erste Erfolge: komplett ausverkauftes Haus und neugierig funkelnde Augen der kleinen Opernmäuse. Mohr: „Das Schöne an solchen Projekten ist, dass die Kinder nicht nur zum Opern-Club kommen, sondern auch, dass sie sich mit dem Haus identifizieren und sich hier zugehörig fühlen. Es geht mir nicht um Kundenbindung, sondern um den Austausch zwischen uns als Opernhaus und den Zuschauern – auch den jüngsten. Es geht mir darum, dass wir uns für Leute öffnen, die nicht zu den Standard-Opernbesuchern gehören, die nicht 50 plus sind und seit 30 Jahren ein Abonnement haben. Wir müssen uns öffnen, den Dialog suchen und allen die Möglichkeit geben, mit uns ins Gespräch zu kommen und teilzuhaben an dem, was wir tun.“

Die erste Mäusesitzung findet auf der Probebühne statt – hoch über den Dächern Charlottenburgs. Die neugierigen Blicke erfassen neugierig jede Ecke des riesigen Raums: ein schwarzer Flügel, Spiegel und viele unbekannte Gegenstände. Die Sitzung beginnt mit einem Lied. Die Leiterin fasst die Kindervorstellungen von einem Opernhaus zusammen und gemeinsam entsteht das lustige Opernlied über die Bühnentänzer, das Orchester und die Sänger. Jetzt ist auch jedem Laien unter den kleinen Experten klar, was die Oper so ist. Schon nach wenigen Minuten singt jeder mit.

Mit den Bühnentänzern, den Sängern und dem Orchester ist alles soweit klar. Wäre da nicht ein Mann mit einem Anzug in den Raum hineinspaziert. Dietmar Schwarz, der Intendant der Oper. „Der Inten-was?“, werden die Kleinsten bei diesem komplizierten Wort stutzig. Damit der Begriff auch sitzt, wird das zum Opernalltag dazugehörende Wort gleich in das Begrüßungslied integriert: Der Intendant läuft im Haus herum. Spontan und kreativ – das passt zum Kunsthaus. So leicht sind die kleinen kritischen Berliner aber noch nicht zufriedenzustellen. Nicht nur das Wort interessiert sie, sondern auch der Inhalt. Die zukünftigen Opernexperten wollen wissen, was ein Intendant so macht.

Dietmar Schwarz erklärt ihnen, dass ein Intendant die künstlerische Leitung innehat. Er entscheidet mit seinem Team also über das, was im Haus an Kunst gemacht wird. „Und macht das Spaß“, wollen die Opernmäuse wissen. Ja, das mache Spaß, versichert der Intendant. Die Kleinen sind nun um mindestens ein Wort reicher und wer weiß, vielleicht auch um einen möglichen Beruf für die Zukunft.

Weiter geht’s zum Kulissenlager, das sich hinter der großen Bühne befindet. „Wow!“, Begeisterungsrufe der Opernmäuse. Bei so viel Aufregendem kann man kaum stillhalten: ein rostiger Käfer, alt und ohne Fenster, aber immerhin ein Auto im Haus! In dem riesigen Raum sieht alles so winzig klein aus. An der Wand, hinter der sich schon die Bühne befindet, steht in großen Buchstaben „Bitte größte Ruhe“. Bei den Proben und vor allem bei der Vorstellung müssen hier nicht nur die Mäuse, sondern auch die großen Mitarbeiter und Besucher mucksmäuschenstill sein.

Oha, da läuft ein echter Ritter über den Weg. Mit Ritterausrüstung und Schwert! Er plaudert noch kurz mit den Mäusen und geht weiter. Schon nach wenigen Worten ist den Kindern klar: Er ist kein Schauspieler, sondern ein Sänger. Das wollen sie aus seiner markanten tiefen Stimme erkannt haben. Die Kinder stoßen noch auf eine Ballerina im Spagat, die gerade trainiert, einen liegenden Darsteller, der ganz danach aussieht, als würde er sich vor seinem Auftritt sammeln und aus der Ruhe Kraft schöpfen.

Einige Geräusche werden in einem Opernhaus toleriert, außer das Pfeifen, lernen bald die Kleinen. Was man im Opernhaus auf keinen Fall darf, ist pfeifen – da können die Bühnendarsteller ganz nervös werden. Pfeifen ist ein schlechtes Omen, das den Erfolg weg pfeifen kann. Bei dieser harten Arbeit, die die Opernmäuse hinter den Kulissen miterleben, wird sich der Erfolg sicherlich nicht so leicht vertreiben lassen.

Das Opernmäuse-Projekt wird ein kontinuierliches Projekt sein, das mit dieser Spielzeit nicht endet. „Das Programm ist so angelegt, dass es nicht nur ein Jahr läuft. Es ist ein Club, der auch in der kommenden Spielzeit laufen wird. Allerdings wird die Mitgliedschaft nicht automatisch verlängert. Jedes Kind muss eine Chance haben, sich anmelden zu können. Es wird kontinuierliche Elemente geben, die sich wiederholen, wie zum Beispiel die Führungen. Deshalb ist es auch gut, dass sich die Zusammensetzung des Clubs immer wieder erneuert“, blickt Katharina Mohr in die Zukunft.

Ein Blick in das Eigenleben der Opernstücke hinter den Kulissen ist das, was die jungen Opernmäuse von ihrer ersten Sitzung mitnehmen konnten. Bei den nächsten Sitzungen werden sie die Gelegenheit haben, sich die Proben der Kinderproduktionen anzuschauen sowie Sänger und Orchestermusiker kennenlernen und werden so zu kleinen Experten des Musiktheaters. Kultur bildet, verbindet und schafft Grenzen ab. Feuilleton Leitartikel

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