Kultursensible Altenpflege

Baden-Württemberg bereitet sich auf ältere Migranten vor

Im Jahr 2020 wird die Zahl der über 65-jährigen Baden-Württemberger mit Migrationshintergrund auf über 300.000 ansteigen. Darauf möchte sich das Land mit einem Bündel an Maßnahmen vorbereiten.

Donnerstag, 08.11.2012, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 14.11.2012, 7:38 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Dass Deutschland altert, ist nicht neu. Dass auch Menschen mit Migrationshintergrund altern, darüber hat man sich bisher kaum Gedanken gemacht. Nicht ohne Grund. Sie sind im Durchschnitt deutlich jünger als die restliche Bevölkerung. Doch laut einer Studie des Sozialministeriums wird die Zahl der über 65-jährigen Baden-Württemberger mit Migrationshintergrund bis zum Jahr 2020 auf über 300.000 ansteigen. Zum Vergleich: Im Jahr 1995 waren es noch 47.000.

Darauf hat man sich bisher aber kaum vorbereitet. Das soll sich ändern. Unter dem Titel „Kultursensible Altenpflege“ fand am Mittwoch in Hohenheim eine Tagung der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart gemeinsam mit dem Integrationsministerium statt. Der Ministerialdirektor des Integrationsministeriums, Manfred Stehle, sagte in seinem Grußwort: „Der gesellschaftliche und demografische Wandel hat auch die Lebensplanungen und Strukturen der Migrantenfamilien verändert. Langfristig werden immer mehr ältere Menschen mit Zuwanderungsgeschichte professionelle und außerfamiliäre Pflegeangebote in Anspruch nehmen.“

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Andere Gewohnheiten
Vor allem im Hinblick auf Sprache, Religion, Ess- und Trinkgewohnheiten gibt es kulturelle Unterschiede und damit unterschiedliche Bedürfnisse. Prägend ist zudem die persönliche Migrationsbiografie der Menschen. „Gleichbehandlung heißt in diesem Fall weder Gleichheit noch Gleichberechtigung. Denn um in der Altenpflege Gleichberechtigung zu erreichen, brauchen wir eine Ausrichtung an den speziellen Bedürfnissen von Migranten“, so Stehle. Der Landesregierung gehe es deshalb um eine interkulturelle Öffnung der Pflege. Ein naheliegender Weg sei, mehr Migranten für Pflegeberufe zu gewinnen. Aber auch die interkulturelle Ausrichtung der Dienste sei wichtig.

Hierfür hat die Landesregierung ein Bündel von Maßnahmen ergriffen. Darunter eine Werbe- und Informationskampagne zur Steigerung der Attraktivität von Pflegeberufen. Damit sollen gezielt Menschen mit Zuwanderungsgeschichte angesprochen werden. Denn während ein Drittel der unter 18-Jährigen im Land einen Migrationshintergrund hat, liegt ihr Anteil an den Schulen für Altenpflege lediglich bei 15 Prozent.

Maßnahmenbündel
Ähnlich wie im Pflegebereich besteht laut Ministerium auch bei der islamischen Krankenhaus- und Notfallseelsorge ein großer Nachholbedarf. Erste Ausbildungskurse in der Pilotregion Rhein-Neckar seien im Sommer erfolgreich abgeschlossen. Das Ministerium für Integration prüfe derzeit, ob es in den kommenden Jahren landesweit Ausbildungsgänge unterstützen kann.

Eine weitere Baustelle sind Informationsdefizite bei vielen Migrantenfamilien bezüglich des deutschen Gesundheits- und Pflegesystems. Eine Studie des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge hat ergeben, dass Angebote der stationären und ambulanten Pflege bei älteren Migranten wenig bekannt sind. Auch präventive Angebote werden noch zu selten in Anspruch genommen. (fs) Aktuell Gesellschaft

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