Initiative Sicherheitspartnerschaft

Plakataktion „Vermisst“ löst Empörung aus

Die Plakataktion des Bundesinnenministeriums erntet deutliche Kritik. Die Aktion der „Initiative Sicherheitspartnerschaft“ schüre Vorurteile gegen Muslime, befürchten FDP und SPD. Die Türkische Gemeinde kritisiert Alleingang des Innenministeriums.

Dienstag, 28.08.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 04.09.2012, 6:30 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die unter der Federführung des Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU) initiierte „Initiative Sicherheitspartnerschaft“ gerät immer mehr in die Kritik. Anlass für die jüngste Aufregung ist eine Plakataktion. Darauf sind unter der Überschrift „Vermisst“ muslimisch aussehende Personen abgebildet, die sich laut Plakattext entfremdet haben und in die Hände „religiöser Fanatiker und Terrorgruppen“ abgerutscht sind. Die Bürger werden aufgefordert, sich zu melden, wenn sie in ihrem Umfeld Ähnliches beobachten. Diese Plakate sollen vom 21. September an in Hamburg, Berlin und Bonn ausgehängt werden. 300.000 Euro lässt sich das Bundesinnenministerium die Aktion kosten.

„Vergeudete Steuergelder“, sagt dazu Serkan Tören, integrationspolitischer Sprecher der FDP dem Hamburger Abendblatt. Außerdem würden Ressentiments geschürt, weil der Islam in die Nähe des Terrorismus gebracht werde. Die geplanten Großflächenplakate nährten Vorurteile in der Gesellschaft gegen den Islam.

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Plakat schürt Vorurteile
Ähnlich sieht es Aydan Özoğuz, Integrationsbeauftragte und stellvertretende Parteivorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. Sie glaubt ebenfalls daran, dass mit dieser Plakataktion Vorurteile gegenüber Muslimen geschürt werden. „Die Bilder von nett aussehenden Muslimen im Zusammenhang mit dieser Kampagne suggerieren, dass jeder ein Fanatiker oder sogar Terrorist sein kann“, sagt sie im Gespräch mit Süddeutsche.de. Özoğuz glaubt nicht daran, dass Migranten sich angesprochen fühlen. Außerdem sei nicht klar umrissen, was „radikal“ eigentlich konkret bedeutet. Sie fragt, ob die Innenbehörde bereits aktiv wird, wenn ein „Kind zum Islam konvertiert?“

Die Frage kommt nicht von ungefähr. Bei der Vorstellung der Kampagne am vergangenen Freitag hatte eine Ministeriumsreferentin mitgeteilt, dass sich vor allem deutsche Eltern an die Beratungsstelle gewandt hätten, deren Kinder heimlich zum Islam konvertiert seien. Es sei aber auch ein „großes Anliegen, auch bei muslimischen Eltern mehr Akzeptanz zu finden“.

Ablenkungsmanöver
Das Ministerium setzt hierbei vor allem auf ihre muslimischen Mitstreiter. Zahlreiche islamische Religionsgemeinschaften und andere Verbände sind Teil der „Initiative Sicherheitspartnerschaft“. Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) gehört nicht dazu.* Dessen Vorsitzender Kenan Kolat, zeigte sich alles andere als erfreut. Die Plakataktion sei „ohne Wenn und Aber eine Stigmatisierungskampagne gegen alle Menschen muslimischer Herkunft. Denn ohne jede Differenzierung stigmatisiert sie nicht nur die religiösen Muslime, sondern alle Menschen muslimischer Herkunft, als ob diese Bevölkerungsgruppe grundsätzlich gegen Radikalismus geschützt werden muss.“ Kolat Kritisiert, dass von Familienmitgliedern verlangt wird, dass sie sich vorauseilend als Inspektoren gegen Radikalismus in den ehrenamtlichen Sicherheitsdienst stellen sollen.

Diese Kampagne soll laut Kolat von den eigentlichen Problemen in Deutschland ablenken. Der Rassismus in der Gesellschaft sei das Hauptproblem. Es stelle sich die Frage, ob der Bundesinnenminister mit seiner Strategie die Integrationspolitik als Sicherheitsfrage zu vermarkten und eine Stigmatisierungskampagne gegen Muslime in Deutschland zu führen, die politische Tagesordnung verschieben und von den eigentlichen Problemen ablenken wolle.

Muslime hintergangen?
Kolat teilt zudem mit, dass die an der Sicherheitspartnerschaft beteiligten islamischen Verbände vom Bundesinnenministerium über diese Kampagne nicht informiert worden seien. Das sind unter anderem die DITIB, der Verband islamischer Kulturzentren (VIKZ) und der Zentralrat der Muslime (ZMD). Ob das stimmt und welche Reaktion sie zeigen werden, wird vor allem von Muslimen mit Spannung erwartet.

Das Bundesinnenministerium wollte sich zu diesen Vorwürfen nicht äußern. Ein Sprecher verwies auf eine Pressekonferenz, die im September stattfinden werde. Dort werde sich Innenminister Friedrich persönlich äußern.

Empörung unter Muslimen groß
Unterdessen ist die Empörung in den sozialen Netzwerken im Internet groß. Auf Unverständnis stößt, dass islamische Religionsgemeinschaften bei dieser Aktion überhaupt mitmachen. „Dass sich Islamverbände dazu hergeben, ist ein Skandal ohnegleichen. Wie tief muss man sinken, wenn man so etwas mitmacht, um an den Futtertrögen der Macht zu bleiben. […] Was ist bloß in sie gefahren? Ich bin so wütend!“, so M. auf Facebook. (bk)

* In einer ersten Version wurde hier behauptet, dass die TGD an der „Initiative Sicherheitspartnerschaft“ teilnimmt. Das stimmt nicht. Der Satz wurde entsprechend geändert. Leitartikel Politik

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  1. Linnea sagt:

    Ich bin entsetzt!!!!!
    Was kann man tun, um das Entsetzen möglichst wirksam zu machen?
    Freue mich über Ratschläge…

  2. MIGiquette sagt:

    Ich denke, dass wir Bürger mit Migrationshintergrund sehr aufpassen müssen. Wir dürfen uns nicht provozieren lassen, aber dürfen auch nicht still bleiben. Es ist wichtig das Wir weitsichtig reagieren und unser Bestreben sollte es sein die Köpfe der Menschen mit unseren taten zum Umdenken zu bringen.

  3. aloo masala sagt:

    @Linnea

    Den Zorn aus dem Kopf schreiben.

  4. Sibel Aslan sagt:

    Bundesinnenministerium hat wohl unbedingt darauf abgesehen, in diesem Land Unruhe zu stiften. Es gibt ja nicht umsonst das türkische Sprichwort: “die Burg wird von innen zerstört!“…eine gelungene Methode dafür ist diese Werbung…Scha(n)de!

  5. Sibel Aslan sagt:

    und noch ein passendes Sprichwort: „“Der Fisch fängt vom Kopf an zu stinken““ hoffen wir dass# der gesunde Menschenverstand wieder in das Innenministerium einkehrt und das sie das nächste mal bei solchen slogans zur Entscheidung, Menschen mit MIGRATIONSHINTERGRUND MITEINBEZIEHEN

  6. Cabelguy sagt:

    Ich denke hier passt der Kommentar auch hin.

    Der Staat gibt jedes Jahr Millionen Euro für Organisationen und Kampagnen gegen Rechtsextremismus aus. Und auch da setzt man vorallem in Regionen an, wo die meisten Rechtsextremisten vermutet werden. Dazu wird das Thema deutsche Rechtsextremisten und Rassismus fast täglich in Massenmedien wie „Die Zeit“ thematisiert. Das geschieht in so einer Häufigkeit, dass man den Eindruck gewinnen könnte, fast alle Deutsche sind irgendwie Nazis. Als nicht-rechtsextremer „normaler“ Deutscher könnte man sich hier auch beschweren wie durch solche Kampagnen und Artikel das Deutschen- und Deutschlandbild verzerrt dargestellt wird. Das passiert aber nicht, weil kritisches Hinterfragen der eigenen Gesellschaft und das Thematisieren von Problemen wichtig ist.

    Das gilt genau so auch für diese eine und sinnvolle Kampagne gegen islamischen Extremismus. Es ist sehr schade und auch vielsagend das diese Kampgagne in der Schärfe und Wehemens abgelehnt wird. Mit dieser Einstellung kann man keine Probleme lösen und gesellschaftlichen Fortschritt lässt sich so auch nicht erziehlen. Man muss sich den Problemen offen stellen, auch wenn es wehttut. Leider zeigt die Ablehnung dieser Initiative gegen Islamismus nur wie weit man von der Lösung dieser Problematik entfernt ist.

  7. Atif Hussein sagt:

    Gut ist aber, dass Herr Friedrich sich das Geld für gelbe Sterne, rosa Winkel oder eben vielleicht grüne Halbmonde sparen kann. Uns sieht er ja an, woher wir kommen, ob und zu welchem Gott wir beten, was wir denken, wen wir lieben etc. Also kommt es den deutschen Steuerzahler doch wesentlich billiger, diese Plakataktion zu finanzieren, als Millionen von Aufnähern. Daran sollte jede_r denken, wenn sie_er sich empört.

  8. Der Türke sagt:

    Wieso macht es das Innenministerium nicht, wie sie es bei der NSU/NPD vormachte? Einfach V-Leute einschleusen, ganze Netze aufbauen, finanzieren und wenn die Sache schief geht, auf Anordnung, die Akten dazu schreddern lassen. Dann könnten wir alle ruhig schlafen und die Gefahr wäre gebannt. Mal die Ironie beiseite……..
    Wenn ich mich recht entsinne, sind diese Stasi-Methoden aus der Mode.
    Also wenn ich 1 und 1 zusammen zähle, ergibt das, dass ich vielleicht anhand der niedersächsischen Checkliste, Auffälligkeiten und/oder Veränderungen eines Glaubensbruders-/schwester,an das Amt melden soll.
    Also spionieren………und das mitten in der Gesellschaft und auch noch Vergütungsfrei! Also dreister geht es wirklich nicht……….
    Vor einem Jahr hätte ich ungläubig den Kopf über die folgende Aussage geschüttelt; so langsam aber sicher wird dieses Land wieder rückfällig!
    Es gibt zwar immer noch genügend Deutsche die sich gegen diese Apparatur wehren, aber wie lange das noch gut gehen wird………..sei mal so dahingestellt.

  9. Rotormitsch sagt:

    Atif, Sie wissen, dass gelbe Sterne eine arabische Erfindung sind?

  10. Der Türke sagt:

    @Rotormisch
    und wenn es denn so wäre? Was tut das zur Sache? Was kommt als nächstes, eure Bösen sind böse unsere Bösen haben´s sich bei euren Bösen abgekuckt, daher sind sie nicht zu belangen?