Buchtipp zum Wochenende

Planet Germania

Hast du ETWAS, bist du ETWAS! Als Andrej aus Kasachstan nach Deutschland kommt, hat er nur ein Ziel. Er will nicht nur ein waschechter Wessi, er will etwas werden. Was zunächst so einfach klingt, gestaltet sich allerdings schwieriger, als er gedacht hatte.

Freitag, 10.02.2012, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 14.02.2012, 8:26 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

„Sie sind hier in Deutschland“, sagte er streng, „und in Deutschland wird Deutsch gesprochen!“

Alle Welt hatte Respekt vor Herrn Schlüpfmann; nicht nur wegen seiner ruppigen Art, sondern vor allem, weil er mit seiner antiken Pfeife und dem hochgezwirbelten Schnurrbart als direkter Nachkomme des Reichskanzlers Bismark hätte durchgehen können. Seine Stimme war kräftig, die Sprechart und der Gang militärisch. Alles, was er sagte, klang wie ein Befehl […].

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„Aus welcher Stadt kommen Sie?“ fragte er Murat eines Tages zum x-ten Male.

„Ganower!“ antwortete Murat und lächelte ihn unschuldig an.

„Nicht Ganower, das heißt Hhh… Hannover.“ Sie müssen den Laut mehr aushauchen, junger Mann. Versuchen Sie es noch einmal.“

„G… G… Ga-no-wer.“ Murats Zunge blieb hartnäckig.

„Und wie nennt man die Menschen, die in Hannover leben?“ ließ der Lehrer nicht locker.

„G… G… Ganoven!“ gab Murat zur Antwort, woraufhin alles in Lachen ausbrach.

Was ist es, das eine erfolgreiche Integration garantiert? Gibt es das überhaupt? In seiner Erzählung „Planet Germania“ nähert sich Artur Rosenstern diesen Fragen aus der Perspektive eines Menschen, dem die Integration gelungen ist. Sein Protagonist Andrej bricht kurz nach dem Mauerfall aus Kasachstan auf, um in Deutschland ein echter Wessi zu werden. Vielmehr noch, er will etwas werden. Was zunächst aus dem Mund seines Onkels so einfach klingt („Hascht du viele PS, bischt du was, hascht du wenig PS, bischt du nix!“), gestaltet sich allerdings zunehmend schwierig.

In der Sprachschule trifft er auf seinen ehemaligen Nachbarn Murat. Der will auch etwas werden, und zwar Millionär, um anschließend Präsident in Kasachstan werden zu können. Zusammen machen sich die Freunde daran, den Plan zu verwirklichen, um letztlich zu erkennen, dass es nicht unbedingt PS oder Millionen sind, die die erfolgreiche Integration garantieren.

In humorvollen, situationskomischen Episoden erzählt Artur Rosenstern mal ernst, mal melancholisch und philosophisch über die Chance, fremd zu sein. Dabei verkörpern seine Protagonisten auf wunderbare Weise die Verständnisse von materieller versus ideeller Integration und tragen wesentlich dazu bei, das Anderssein menschlicher Existenzen zu verstehen.

Zum Autor
Artur Rosenstern, 1968 in Kasachstan geboren, hat einen Abschluss als Diplom-Musiker. 1990 reiste er nach Deutschland ein, wo er zunächst als Privatmusiklehrer tätig war. Nach dem Studium der Musik-, Medienwissenschaft und der Mittelalterlichen Geschichte arbeitet er u.a. für bekannte Musikverlage im Bereich Musikedition sowie als Übersetzer für russische Sprache. Dies ist sein erstes belletristisches Werk. (pm/hs) Aktuell Rezension

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