Integrationsbericht

Anteil der Migranten im öffentlichen Dienst gesunken

Trotz freiwilliger Selbstverpflichtung gelingt es der Bundesregierung nicht, den Anteil von Migranten im öffentlichen Dienst zu steigern. Insgesamt macht die Integration aber Fortschritte. Das geht aus dem zweiten Integrationsindikatorenbericht hervor.

Freitag, 13.01.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Unterschiedliche Milieus, die zusammenleben, gleichen sich im Laufe der Zeit einander an. Das ist ein natürlicher Prozess und lässt sich nicht aufhalten, solange es keine Faktoren gibt, die diesen Verlauf negativ beeinflussen. Das zeigt auch der zweite Integrationsindikatorenbericht, den die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), am Donnerstag in Berlin vorstellte.

Der Bericht untersucht den Stand und den Verlauf der Integration in Deutschland von 2005 bis 2010. Er enthält Zahlen und Analysen zum Beispiel zu den Bereichen Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarktintegration. Und der Bericht bestätigt den natürlichen Prozess. „In zentralen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens hat sich die Teilhabe der 16 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund verbessert,“ so das Fazit von Böhmer.

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Interkulturelle Öffnung der Verwaltung gelingt nicht
Nur im Bereich des öffentlichen Dienstes ist der Anteil von Migranten allerdings gesunken. Dabei hatten sich Bund und Länder schon vor Jahren freiwillig verpflichtet, den Migrantenanteil in den Behörden zu erhöhen. Darauf angesprochen reagierte Böhmer schnippisch: „Im Bereich der Medien ist der Nachholbedarf übrigens am größten“, gab sie an die fragende Journalistin zurück. Trotz des Rückgangs betrage der Migrantenanteil im öffentlichen Dienst immerhin 9,9 Prozent und nicht nur ein Prozent wie in den Medienunternehmen.

Für den Integrationspolitiker Memet Kılıç (Die Grünen) ist das einfach nur „beschämend“. In der Schule würden Migranten ihr Bestes geben, im öffentlichen Dienst jedoch weniger berücksichtigt. Der Grünen-Politiker verweist auf den positiven Trend im Bildungsbereich. Dort ist der Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund ohne Schulabschluss um 15 Prozent zurückgegangen. Das selbst gesteckte Ziel der Bundesregierung, die Zahl der Schulabbrecher bis 2012 zu halbieren, ist dennoch nicht erreicht. Trotzdem geht es in die richtige Richtung. Auch der Anteil der ausländischen Jugendlichen, die eine allgemeinbildende Schule mit der (Fach-)Hochschulreife verlassen hat zugenommen (plus 28 Prozent gegenüber 2005).

Der soziale Hintergrund ist entscheidend
Weiterführende Analysen zeigen aber, dass nicht der Migrationshintergrund über die schulische Entwicklung entscheidet. Der wesentliche Faktor ist vielmehr die soziale Herkunft. Die Integrationsbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Aydan Özoğuz stellt daher in Frage, ob die Einteilung der Statistiken nach Migrationshintergründen überhaupt Sinn macht. „Wir müssen auf die konkrete Lage der Jugendlichen oder Arbeitslosen schauen, nicht auf deren Herkunft“, so die Sozialdemokratin.

Download: Der „Zweite Integrationsindikatorenbericht“ steht unter bundesregierung.de als kostenloser Download bereit.

Nicht so gut schaut es im Ausbildungsbereich aus. Mit einer Ausbildungsbeteiligungsquote von 13,1 Prozent bei den 15- bis unter 25-Jährigen nehmen junge Migranten im Vergleich zur Gesamtbevölkerung (16 Prozent) immer noch seltener an einer Berufsausbildung teil. „Zur Wahrheit bei der Arbeitsplatzsuche gehört ja auch, dass Jugendliche mit fremdklingenden Namen bei gleicher Qualifikation deutlich seltener zum Vorstellungstermin eingeladen werden“, ergänzt Özoğuz.

Arbeitslosenzahlen stark rückläufig
Der Arbeitsmarkt zeigt sich freundlicher: Die Erwerbslosenquote bei Migranten sank deutlich von 18,1 Prozent im Jahr 2005 auf 11,8 Prozent im Jahr 2010. Sie lag damit aber immer noch deutlich über jener der Gesamtbevölkerung. Über diese Zahlen freut sich der integrationspolitische Sprecher der FDP, Serkan Tören, ganz besonders: „Das ist ein toller Erfolg“. Laut Böhmer ist aber die häufig fehlende Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen und Abschlüssen ein Problem. Hier werde das kürzlich verabschiedete Anerkennungsgesetz „einen entscheidenden Fortschritt“ bringen.

Das überzeugt die migrationspolitische Sprecherin der Linkspartei, Sevim Dağdelen, nicht: „Migranten brauchen gute Arbeit, Bildung, politische Teilhabe und Schutz vor Ausgrenzung. Von dieser Bundesregierung können sie diesbezüglich nichts erwarten. Wollte sie daran etwas ändern, müsste sie beispielsweise Einbürgerungen erleichtern, ein flächen- und bedarfsgerechtes ganztägiges Schulsystem anbieten.“ (bk) Leitartikel Politik Studien

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