
Mehr als 50 Fälle
Rechtsterror in Deutschland längst kein Einzelfall mehr
Acht Mitglieder einer rechtsextremen Gruppe sollen sich vor dem Oberlandesgericht Dresden verantworten. Sie wollten gewaltsam an die Macht – und eine ethnische Säuberung durchführen. Rechtsterror ist kein Einzelfall in Deutschland: Seit 2011 gab es mehr als 50 Verdachts- oder gesicherte Fälle.
Mittwoch, 17.12.2025, 10:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 17.12.2025, 9:33 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Das Oberlandesgericht Dresden hat das Hauptverfahren gegen die rechtsextremistische Gruppe „Sächsische Separatisten“ eröffnet. Acht deutsche Staatsangehörige sollen sich wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie der „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“ verantworten, wie das Oberlandesgericht in Dresden mitteilte. Die Angeklagten sollen einer im Februar 2020 gegründeten Vereinigung angehört haben, die sich selbst „Sächsische Separatisten“ nannte. (5 St 4/25)
Deren Mitglieder vertraten den Angaben zufolge rassistische, antisemitische und teilweise apokalyptische Überzeugungen. Sie waren laut Anklage überzeugt davon, dass ein unbestimmter „Tag X“ bevorstehe, an dem der staatliche und gesellschaftliche Zusammenbruch Deutschlands eintreten werde.
Gruppe plante „ethnische Säuberungen“
Sie seien entschlossen gewesen, „bei dieser Gelegenheit einen möglichst großen Teil Sachsens zu erobern und dort einen an der Ideologie des Nationalsozialismus ausgerichteten Staat zu errichten“, hieß es. Dazu seien „eine Liquidierung von Vertretern der staatlichen Ordnung und ethnische Säuberungen geplant gewesen“. Die Gruppe habe sich militärische Ausrüstungsgegenstände beschafft und paramilitärische Kampftrainings veranstaltet.
Sie war im November 2024 bei einer Polizeirazzia zerschlagen worden. Alle Angeklagten befinden sich in Untersuchungshaft.
Rechtsterror in Deutschland kein Einzelfall
Seit 2011, als die Existenz der Neonazi-Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) offenbar wurde, sind laut Daten des gemeinnützigen Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) 54 andere Verdachts- oder gesicherte Fälle von Rechtsterrorismus oder der Vorbereitung von Gewalttaten mit rechtsextremer Motivation bekannt geworden.
So nahmen 2015 die Behörden in Bayern, Sachsen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern sieben Mitglieder der „Oldschool Society“ fest. Sie hatten Brand- und Sprengstoffanschläge auf Asylbewerber-Einrichtungen geplant. 2017 verurteilte das Oberlandesgericht München vier Mitglieder zu Freiheitsstrafen, im Jahr darauf das Oberlandesgericht Dresden noch einmal drei.
Vier Fälle im Jahr 2019
2019 kamen vier Fälle ans Licht: drei Einzelpersonen sowie die nach dem Gründungsmitglied Werner S. benannte „Gruppe S.“. Die Gruppe wollte Moscheen überfallen und möglichst viele Muslime töten. 2023 verurteilte das Oberlandesgericht Stuttgart neun Mitglieder zu Haftstrafen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
2020 erschoss am 19. Februar ein Mann in Hanau neun Personen mit ausländischen Wurzeln. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst. Zuvor hatte er Schriften veröffentlicht, in denen er sich rassistisch äußerte. Laut einem Gutachten soll er an einer paranoiden Schizophrenie erkrankt gewesen sein.
Sieben Razzien mit Festnahmen 2022
Im Jahr 2022 gab es sieben Razzien mit Festnahmen von Einzelpersonen oder Mitgliedern von Gruppen. Im April hoben die Behörden die Rechtsterrorgruppe „Vereinte Patrioten“ aus. Sie habe den damaligen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) entführen und durch Anschläge auf kritische Infrastruktur sowie ausländische gelesene Menschen einen Bürgerkrieg auslösen wollen. Mehrere Urteile sind bereits gesprochen, die Verfahren aber noch nicht abgeschlossen.
Ohne Urteile sind auch noch die Verfahren um die „Patriotische Union“, die sogenannte Gruppe Reuß. Die mutmaßliche Terrorgruppe soll um Heinrich XIII. Prinz Reuß einen gewaltsamen Umsturz geplant haben. Angeklagt sind 27 Personen.
Im Mai dieses Jahres ließ die Generalbundesanwaltschaft Objekte in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Hessen, Sachsen und Thüringen durchsuchen. Die Ermittlungen richten sich gegen acht Personen, die einer Gruppe namens „Letzte Verteidigungswelle“ angehören sollen. Ihnen wird ein versuchter und ein vollendeter Brandanschlag vorgeworfen. Die Ermittlungen laufen noch, Anklagen sind bislang nicht erhoben worden. (epd/mig) Aktuell Panorama
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