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Frankfurter Polizeirevier © MiG

Staatsanwalt räumt Fehler ein

Frankfurt: Ermittlungen gegen zwei Polizisten eingeleitet

Nach einem Medienbericht über mutmaßliche Gewalt im Ersten Frankfurter Polizeirevier wird nun gegen zwei Polizisten ermittelt. Unterdessen wurden Vorwürfe gegen weitere Polizisten bekannt; die Staatsanwaltschaft räumt einen Fehler ein.

Mittwoch, 10.12.2025, 13:42 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 10.12.2025, 13:42 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Vernehmung einer Zeugin, die dem Hessischen Rundfunk (HR) mutmaßliche Gewalt auf dem Ersten Polizeirevier in Frankfurt geschildert hatte, hat zur Identifizierung zweier Beschuldigter geführt. Die Ermittlungen liefen unter Hochdruck, sagte Innenminister Roman Poseck (CDU) am Dienstagabend in Wiesbaden. In der Vernehmung, die am Montag stattgefunden hatte, habe die Zeugin ihre Vorwürfe in Teilen abgemildert.

So habe die Polizistin den Kopf des Festgenommenen, von dem im Bericht des HR die Rede war, anders als ursprünglich geschildert, nicht gegen die Scheibe des Autos geschlagen, sondern gedrückt. Auch habe sie ihrem Vorgesetzten nichts von den Vorfällen erzählt. Aktuell werden auch gegen ihn dienstrechtliche Maßnahmen wegen mutmaßlicher Strafvereitelung im Amt geprüft.

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Auch die Glaubwürdigkeit der Zeugin wird überprüft

Es bestehe ein Anfangsverdacht gegen zwei Polizeibeamte wegen Körperverletzung im Amt, disziplinarrechtliche Maßnahmen gegen sie würden überprüft. Jedoch müsse auch die Glaubwürdigkeit der Zeugin geprüft werden, insbesondere da sie die Vorwürfe zunächst anonym vorgebracht hatte und zwischen den Geschehnissen und der Zeugenaussage etwa eineinhalb Jahre liegen.

Der HR hatte vergangene Woche von den Erlebnissen einer Rechtsreferendarin berichtet, die eine Streife des Ersten Reviers bei deren Arbeit begleitete. Diese hatte auch berichtet, nach der Schicht den für ihre Betreuung zuständigen Staatsanwalt in ihrer Referendariatsstation auf das Geschehen angesprochen zu haben.

Bereits seit Oktober laufen Ermittlungen gegen 17 Beamte der Dienststelle wegen gewalttätiger Übergriffe bei Festnahmen. Bei den Opfern handelt es sich überwiegend um Menschen mit ausländischen Wurzeln. Nach Bekanntwerden des Sachverhalts wurden Rassismus-Vorwürfe laut. Eine der fünf Dienstgruppen des Reviers wurde in der Zwischenzeit aufgelöst, auch ließ Innenminister Poseck die Leitung des Reviers austauschen.

Weitere Vorwürfe gegen Polizisten eines anderen Reviers

Inzwischen wurden auch Vorwürfe gegen Polizeibeamte des Vierten Polizeireviers im Bahnhofsviertel bekannt. Sie sollen eine gefesselte Person bereits im Dezember 2024 gequält und erniedrigt haben, wie die „Frankfurter Rundschau“ berichtete. Polizisten einer anderen Einheit sollen dies bei der Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main angezeigt haben. Laut „Frankfurter Rundschau“ hat die Staatsanwaltschaft die Anzeige elf Monate lang nicht bearbeitet.

Ob in diesem Fall die Opfer ebenfalls ausländische Wurzeln haben, teilte die Polizei nicht mit. Medienexperten beklagen, dass ein möglicher ausländischer Hintergrund bei polizeilichen Mitteilungen oft nur dann eine Rolle spielt, wenn sie einer Straftat verdächtigt werden, nicht aber, wenn sie Opfer werden.

Staatsanwaltschaft lässt Ermittlungen elf Monate liegen

Die Tatvorwürfe der Nötigung und Beleidigung seien bei der Staatsanwaltschaft im Januar 2025 eingegangen, teilte diese dazu am Mittwoch auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes mit. Es seien auch „ermittlungsfördernde Maßnahmen“ ergriffen worden, „jedoch nicht in dem Maße, das der Sache angemessen gewesen wäre“. Dieser Befund sei Gegenstand einer internen Aufarbeitung, „da dies nicht den Ermittlungsstandards der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main entspricht“.

„Wir haben die Aufgabe, für die Gründlichkeit, Objektivität und Rechtmäßigkeit der Ermittlungen zu sorgen, was selbstverständlich die Ermittlungstätigkeiten der Polizei mit einschließt“, teilte der Sprecher der Staatsanwaltschaft mit. Er könne versichern, dass seit Bekanntwerden des Defizits ermittelt wird, „um den Vorfall mit der gebotenen Sorgfalt und in höchster Eile aufzuklären“.

Experten weisen seit vielen Jahren darauf hin, dass in Deutschland ein massives Defizit vorliegt, wenn gegen Polizeibeamte ermittelt werden. Anders als beispielsweise in England ermitteln in Deutschland Polizeibeamte gegen ihre eigenen Kollegen. Dabei würden oft alle Augen zugedrückt. Auch die Staatsanwaltschaften zeigten oft kein oder nur wenig Interesse an Ermittlungen gegen Polizeibeamte, mit denen sie eng zusammenarbeiten. (dpa/mig) Aktuell Panorama

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