
Generalverdacht
Kabinett billigt schärfere Regeln für Vaterschaftsanerkennung ausländischer Kinder
Die Bundesregierung will verhindern, dass Vaterschaften anerkannt werden, die nur dazu dienen sollen, Elternteilen ein Bleiberecht zu sichern. Künftig soll die Ausländerbehörde in bestimmten Konstellationen genauer hinsehen. Die Paritätische kritisiert das Vorhaben scharf.
Mittwoch, 10.12.2025, 14:09 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 10.12.2025, 14:10 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Bundesregierung will die Regeln für Vaterschaftsanerkennungen für Fälle verschärfen, in denen Vater oder Mutter kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Deutschland haben. Das Bundeskabinett brachte am Mittwoch eine Regelung auf den Weg, nach der in solchen Fällen künftig die Zustimmung der Ausländerbehörde erforderlich ist, um die Vaterschaft offiziell zu machen. Damit soll verhindert werden, dass Vaterschaftsanerkennungen missbraucht werden, um einem der Beteiligten ein sicheres Bleiberecht zu verschaffen.
Ausnahmen soll es geben, wenn die leibliche Vaterschaft durch einen Gen-Test nachgewiesen wird, die Eltern nach der Geburt des Kindes geheiratet haben, es bereits ein Geschwisterkind gibt oder die Eltern seit mindestens anderthalb Jahren zusammenwohnen. In allen anderen Fällen soll die Ausländerbehörde anhand von im Gesetz formulierten Vermutungen entscheiden, ob die Vaterschaftsanerkennung missbräuchlich angestrebt wird.
Zusätzlicher Behördenaufwand für geschätzt 19.500 Fälle pro Jahr
Erst wenn sie zustimmt, kann das Standesamt dann die Vaterschaft anerkennen. Bislang gibt es beim Verdacht auf missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen nur das Mittel einer nachträglichen Anfechtung.
Ein Gesetz zur Verhinderung missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen hatte bereits die Ampel-Koalition geplant, aber nicht mehr umgesetzt. Der Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) und Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) macht keine Angaben zur Zahl vermutlich missbrauchter Vaterschaftsanerkennungen.
Die Zahl der jährlichen Fälle, in denen die Ausländerbehörde künftig eine intensivere Prüfung unternehmen muss, wird auf 19.500 geschätzt. Die Kosten durch zusätzliche Bürokratie und Mittel für etwa die Vaterschaftstests schätzt der Entwurf auf gut 1,9 Millionen Euro pro Jahr.
Paritätische kritisiert Verschärfungen
Der Paritätische Gesamtverband sieht in der geplanten Reform einen Paradigmenwechsel, der ausländische und binationale Familien unter Generalverdacht stellt. Zwischen 2018 und 2021 wurden den Angaben zufolge bundesweit nur 73 Fälle pro Jahr tatsächlich als missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung eingestuft. Angesichts dieser Zahlen erscheine es unverhältnismäßig, künftig tausende Prüfverfahren einzuleiten, heißt es in einer Stellungnahme des Verbands zum Gesetzesentwurf.
Das geplante Gesetz verfehle zudem Lebensrealitäten der Betroffenen. „So können gerade Asylsuchende oder geduldete Personen in der Regel ihren Wohnsitz innerhalb Deutschlands nicht frei wählen, so dass sie zum Zeitpunkt der Antragstellung in aller Regel gar nicht seit 6 Monaten in einem gemeinsamen Haushalt wohnen können“, heißt es in der Vorlage. Auch die Möglichkeit, DNA-Tests zu verlangen, bringe zusätzliche Verzögerungen mit sich und benachteilige Familien, für die solche Tests zeitlich wie finanziell kaum zumutbar sind.
Besonders kritisch sieht der Paritätische die möglichen Folgen für Kinder. Verzögerungen bei der Eintragung der Vaterschaft können bedeuten, dass eine Geburtsurkunde spät ausgestellt wird – eine Hürde, die den Zugang zu Leistungen, medizinischer Versorgung und sozialrechtlichen Ansprüchen erschwert. (epd/mig) Leitartikel Politik
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Umfrage Muslime befürchten Diskriminierung bei Wehrpflicht
- SEK stürmt Kindergeburtstag Studie deckt auf: Antiziganismus bei der Polizei Alltag
- „Asylverfahren zweiter Klasse“ Bundestag schafft Pflichtanwalt bei Abschiebungen wieder ab
- Rechtsstaat unter Druck Menschenrechtsinstitut: schlechte Noten für Merz und…
- Armuts- und Reichtumsbericht Migranten verdienen weniger, wohnen teurer und schlechter
- KAS-Studie Rechtsextremismus beunruhigt Deutsche stärker als Zuwanderer